Es ist angerichtet für das höchst dotierte deutsche Trabrennen des Jahres, das am kommenden Sonntag zum 119. Mal ausgetragene Traber-Derby. In seltener Einmütigkeit qualifizierten sich all jene, denen man im Vorfeld eine tragende Rolle zugetraut hatte, in den vier Vorläufen für das große Finale der besten Zwölf und werden sich neben dem unsterblichen Ruhm, den der Gewinn des Blauen Bandes mit sich bringt, dann auch für die 235.530 Euro im Derby-Topf noch einmal richtig ins Zeug legen.

Der nächste Schritt zur Dreifachen Krone
Nach dem Motto: „Das Beste zum Schluss“ setzte der vorläufige Champion der 2011er Aufzucht als Letzter seine deutliche Duftmarke und ließ sich auf seinem Weg zum Gewinn der imaginären dreifachen Krone, die Siege im Adbell-Toddington- und Buddenbrock-Rennen sowie im Derby beinhaltet, von nichts und niemandem aufhalten. Auch wenn er nicht der schnellste, sondern mit einem Kilometerschnitt von 1:15,1 gar der langsamste der vier Vorlaufsieger war, dürfte kein Weg an Expo Express vorbei führen.
Der Schützling von Arnold Mollema, ein kleiner Halbbruder seines Derbysiegers Unforgettable, ließ die Fans nicht lange zappeln, setzte sich mit einem kernigen Zwischenangriff eine Runde vor Schluss an die Spitze des Achterfeldes, ließ es auf dem nächsten Abschnitt etwas ruhiger angehen und schaltete für die letzten 800 Meter den Express-Gang zu, womit dem Rest der Meute Hören und Sehen verging. Überlegen mit sieben Längen Vorsprung vor den ob dieses Sturmschritts überforderten Mitstreitern kreuzte der feurige Halb-Italiener die Linie, präsentierte sich bei der anschließenden Ehrung ganz ruhig und wird bis zum nächsten Sonntag noch einmal zurück in seine westfriesische Heimat reisen, „um auf der Privatkoppel, im eigenen Stall auszuspannen“, wie sein Trainer und Fahrer verriet.

 

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Natürlich ist mit diesem Pflichtsieg für die Kür in sieben Tagen noch gar nichts gewonnen, aber eine sehr deutliche Ansage war dies schon – auch an seine Dauerrivalin Stacelita, die in den beiden Triple-Crown-Rennen jeweils Zweite zu ihm war. Die einzige Stute, die sich ins Derby gegen die dreijährigen Jünglinge wagt, hatte in ihrem, dem chronologisch ersten Vorlauf wie erwartet die härteste Nuss zu knacken. Bis auf ein kurzes Intermezzo belegte die Tochter eines italienischen Derbysiegers die äußere Position neben ihrem vermeintlich härtesten Kontrahenten Ewald F Boko, mit dem Conrad Lugauer aus Schweden angereist war und sein Versprechen hielt: „Wir werden uns vor Stacelita nicht verstecken und kräftig gegenhalten – dann wissen wir wenigstens, wo Ewald, der noch nie in Deutschland gelaufen ist, steht.“ Weit vorn jedenfalls, soviel steht fest, denn er lieferte der Stute ein faszinierendes Duell auf Augenhöhe bis zur Linie und unterlag nur um einen „Pferdehals“. „Mit dem anspruchvollsten Rennen außen herum hat sich Stacelita prächtig verkauft – Angst müssen wir vor niemandem haben“, war das Credo ihres Steuermannes Josef Franzl, der das Flair um den Derbysieg schon vor zwei Jahren genießen durfte.
Danach hieß es „Berlin, nun freue dich!“ Wie Stacelita bei 12:10 und damit als glasklarer Favorit notiert, erledigte der im Süden von Berlin von Maik Esper für die Berliner Sven Block und Dirk Schüller vorbereitete Ganystar sein Pflichtprogramm mit einem Blitzstart. Souverän spulte der kernige Fuchs sein Pensum herunter, ließ niemanden wirklich in seine Nähe und zeigte sich für den großen Showdown bestens gewappnet. „Ganystar hatte noch reichlich Reserven“, war des 41jährigen Esper Kampfansage an die Konkurrenz. Und um die Freude für die Einheimischen noch größer werden zu lassen, raufte sich mit Nico Way ein weiterer „Roter“ mit Heinz Wewering auf den Ehrenplatz.
Noch ein weiteres Pferd brachte „Heinz the Champ“ in den Endlauf: Der wie Ewald F Boko im Süden Schwedens trainierte Elton Attack verkniff sich jegliche seiner sattsam bekannten Eskapaden, machte über die Außenspur unermüdlich Druck, „killte“ damit den Leader Ginger Heldia und bog mit Vorsprung auf die Zielgerade. Dieser Transport war dann doch ein bisschen viel für den Dunkelbraunen. Immerhin kann er für sich in Anspruch nehmen, zum größten Teil verantwortlich zu sein, dass dieser dritte der schnellste Vorlauf war. Aus der Deckung flitzte der in diesem Jahr noch sieglose Indover locker in starken 1:13,9 vorbei, womit Roland Hülskath seiner Besitzerin Marion Jauß neue Hoffnung gab, den lang ersehnten ersten Derby-Sieg ihrer Laufbahn vielleicht 2014 endlich unter Dach und Fach bringen zu können.
Ein „alter“ Derbysieger, nämlich jener des Jahres 2012, setzte den Glanzpunkt des Nachmittags. Im Charlie-Mills-Memorial, das an den lange Jahre in Berlin aktiven, 1972 verstorbenen „Großmeister“ des Trabrennsports erinnert, der als Trainer, Züchter, Besitzer und Fahrer zu den Größten seines Fachs weltweit zählte, kam es allerdings nicht ganz zum mit Spannung erwarteten Duell zwischen Dream Magic BE und King of the World um die Krone der beiden besten hierzulande trainierten Pferde des Geburtsjahrgangs 2009. Vor den Tribünen leistete sich der in diesem Jahr kometengleich aufgestiegene „King“ einige kurze, doch entscheidende Stolperschritte. Perdu war die schöne Ausgangslage, er verlor eine Position, während sein großer Widerpart in Front zog. Aller Einsatz des kompakten Fuchses selbst durch die dritte Spur nützte nichts. Dream Magic BE war nicht zu erschüttern – weder durch ihn noch durch Zorba Oldeson, der zwar als Zweiter die Linie passierte, aber sich unmittelbar zuvor einige Wackelschritte geleistet hatte, was in Deutschland hart mit dem Ausschluss bestraft wird. „Er hat sicherer gewonnen, als es den Anschein hatte. Er ist zum Schluss immer ein bisschen faul und will stets gebeten werden“, strahlte der Bayer Franzl, der den Berliner Winner Circle fast schon zu seinem Wohnzimmer gemacht hat.
Das Rennen der Oldies für Fahrer, die das 60. Lebensjahr vollendet und entsprechend viele Siege auf dem Buckel haben, holte sich trotz einer kurzen Galoppade in der ersten Kurve Arnold Mollema mit Rock About vor Vorjahrssieger Jorma Oikarinen, der Becky Dragon vor der Nase hatte. Überhaupt lief’s für den Friesen, der mit seinen Pferden europaweit überall dort auftaucht, wo es gutes Geld zu verdienen gibt, wie am Schnürchen, denn auch mit Bronsvlinder ließ er sich von den Annoncen Wewerings nicht ins Bockshorn jagen, knackte dessen Shoemaker in einem harten Ritt über 2500 Meter und avancierte damit zum Mann des trockenen Nachmittags: Eine Unwetterwarnung gegen Ende der Rennveranstaltung löste sich zum Glück in Wohlgefallen auf.

Umsatz bei 14 Rennen: 330.332,31 Euro (incl. 184.564,11 Euro Außenumsatz)
Text: Dr. Manfred Wegener

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119. Deutsches Traber-Derby am 27.7

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