Diese gemeinsame Studie untersucht das Kooperationspotenzial für sauberen Wasserstoff zwischen Saudi-Arabien und Deutschland. Sauberer Wasserstoff bezieht sich auf erneuerbaren und kohlenstoffarmen Wasserstoff, der aus einem Produktionsprozess stammt, bei dem Kohlenstoffemissionen in die Atmosphäre vermieden und gemindert oder eingefangen und genutzt werden. Die Studie befasst sich auch mit den Chancen und Herausforderungen für Deutschland und Saudi-Arabien, entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette, d. h. Produktion, Lieferung, Verteilung und Anwendungen, zusammenzuarbeiten.

Deutschland und Saudi-Arabien eignen sich hervorragend für eine Zusammenarbeit im Bereich Wasserstoff. Deutschland ist weltweit führend bei der Patentierung und Herstellung von Wasserstofftechnologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Saudi-Arabien ist weltweit führend in der kohlenstoffarmen Produktion fossiler Brennstoffe, verfügt über eine enorme CO2-Speicherkapazität und ein hervorragendes Solar- und Windpotenzial. Sowohl Deutschland als auch Saudi-Arabien beherbergen viele Unternehmen, die die fachkundige Beratung, das Kapital und die Infrastruktur bereitstellen, die für den Ausbau des Wasserstoffmarktes erforderlich sind. Gemeinsam verfügen Deutschland und Saudi-Arabien über die Ressourcen, die Infrastruktur und die Fähigkeiten, um durch die Zusammenarbeit über verschiedene Teile der Wertschöpfungskette hinweg kostengünstigen Wasserstoff herzustellen.

Die Energiepolitik Deutschlands und Saudi-Arabiens verbindet Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Umweltverträglichkeit und Klimaschutz. Im Mai 2021 hat Deutschland seine Klimaambitionen erhöht und strebt nun an, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und bis 2045 klimaneutral zu werden. Wasserstoff ist unerlässlich, um diese Ziele zu erreichen. Wasserstoff wird überwiegend zur Raffination fossiler Brennstoffe und zur Herstellung von Grundchemikalien (z. B. Ammoniak) verwendet, aber neue Anwendungen entstehen schnell, z. grünen Stahl zu machen. Vor diesem Hintergrund sieht die deutsche Wasserstoffstrategie vor, den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien bis 2030 zu beschleunigen, z. B. durch die Bereitstellung von 9 Mrd. € an Fördermitteln (davon 2 Mrd. € für internationale Kooperationen). Die Strategie sieht eine wachsende Wasserstoffnachfrage von heute 55 TWh–60 TWh auf 90 TWh–110 TWh bis 2030 vor. Es wird erwartet, dass etwa 20 TWh–25 TWh des Bedarfs durch die inländische Wasserstoffproduktion gedeckt werden. Deutschland wird daher stark auf Importe angewiesen sein. Das Solarenergiepotenzial in Saudi-Arabien wird auf fast 1.000 TWh geschätzt, fast 17-mal größer als das Solarpotenzial in Deutschland. Das Windenergiepotenzial Saudi-Arabiens wird auf 145 TWh geschätzt.

„Das Potenzial von Wasserstoff war schon immer da, aber jetzt dringt es in den Mainstream des strategischen Energiedenkens ein.“

HRH Prince Abdul Aziz bin Salman, Energieminister, Saudi-Arabien

Im Oktober 2021 gab Saudi-Arabien bekannt, dass das Ziel des Königreichs darin besteht, bis 2060 Netto-Null-CO2-Emissionen zu erreichen. Im Rahmen seines Ziels „Netto-Null bis 2060“ will Saudi-Arabien bis 2030 jährlich 4 Millionen Tonnen blauen und grünen Wasserstoff produzieren

Saudi-Arabien entwickelt derzeit eine nationale Wasserstoffstrategie, die sich auf Produktion, Export und Nutzung von Wasserstoff im Inland konzentriert. Die Strategie zielt darauf ab, Folgendes festzulegen: I) wesentliche Aspekte des Herstellungsprozesses von grünem und blauem Wasserstoff; II) Anwendungsfälle für den inländischen Wasserstoffbedarf im Transportwesen (schwere und leichte Nutzfahrzeuge); III) Nutzung von Wasserstoff in Produkten mit Exportpotential (synthetische Kraftstoffe, Stahl etc.); und IV) Wasserstoffexport zu potenziellen Märkten in Europa, Asien und dem Rest der Welt. Die saudische Regierung betrachtet Wasserstoffanwendungen als eine entscheidende Komponente der Circular Carbon Economy (CCE), insbesondere als Schlüsselfaktor für die Dekarbonisierung schwer zu reduzierender Sektoren.

Um den Einsatz von Wasserstoff in Deutschlands und Saudi-Arabiens Wertschöpfungskette der heimischen Produktion und Nachfrage sowie des internationalen Exports zu unterstützen, sind mehrere grundlegende Mechanismen erforderlich, darunter:

Unterstützungs- und Durchsetzungsmechanismen.

•Demonstration, Piloten und F&E.

•Normen und technische Regelwerke, einschließlich standardisierter Zertifizierungen oder Herkunftsnachweise für erneuerbaren und kohlenstoffarmen Wasserstoff.

•Bewusstseins- und Partnerschaftsaufbau in der gesamten Wertschöpfungskette weltweit.

In diesem Zusammenhang wurde im März 2021 ein Memorandum of Understanding (MoU) zur saudisch-deutschen Wasserstoffkooperation unterzeichnet. Um die Umsetzung des MoU zu erleichtern, arbeiten Interessenvertreter beider Seiten in drei speziellen Arbeitsgruppen zusammen:

•Unternehmen: Die Rolle des Privatsektors ist entscheidend bei der groß angelegten Einführung von Wasserstoffprojekten durch Business-to-Business-Kooperationen wie Joint Ventures (JVs), Experten-Workshops und Runde Tische, Delegationsbesuche und Studienreisen sowie gemeinsame Pilotprogramme.

•Technologie: Technologiereife ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Wasserstoffindustrie. Diese Ziele können durch gemeinsame Studien, Expertenworkshops und Diskussionsrunden, Delegationsbesuche und Studienreisen sowie Bildungsprogramme erreicht werden.

•Regulatory: Die Regulatory Working Group hat zum Ziel, eine regulatorische Architektur zu fördern, die geeignet ist, die Wasserstoffindustrie zu fördern. Instrumente für einen Austausch zu diesen Themen sind gemeinsame Studien, Expertenworkshops, Roundtables sowie Delegationsbesuche und Studienreisen.

 

Am 11. März 2021 unterzeichneten der Energieminister von Saudi-Arabien, HRH Abdulaziz bin Salman Al Saud, und Peter Altmaier, der damalige Bundesminister für Wirtschaft und Energie, ein Memorandum of Understanding (MoU) zur Förderung der bilateralen Zusammenarbeit bei der Produktion und Verarbeitung , Anwendung und Transport von erneuerbarem und kohlenstoffarmem Wasserstoff. Kohlenstoffarmer Wasserstoff basiert auf Erdgas, bei dem Kohlenstoffemissionen eingefangen, gespeichert und genutzt werden (CCS/CCU, d. h. entweder „blau“ oder „türkis“), während erneuerbarer Wasserstoff aus Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird (d. h. „ Grün‘). Das MoU wurde im Rahmen des Deutsch-Saudischen Energiedialogs unterzeichnet und unterstreicht das Engagement beider Länder, die Ziele des Pariser Klimaabkommens durch die Förderung von sauberem Wasserstoff im Rahmen der Energiewende zu erreichen. Die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern bezieht relevante Akteure aus Forschungseinrichtungen, der Privatwirtschaft und öffentlichen Stellen ein. Ziel ist es, gemeinsame Projekte wie die grüne Ammoniakanlage von NEOM zu unterstützen und den gegenseitigen Wissensaustausch und den Transfer von technologischem Know-how an saudische Interessengruppen für den Einsatz und die Lokalisierung neuer Technologien in Saudi-Arabien mit Schwerpunkt auf dem Wasserstoffsektor zu fördern. Diese Bemühungen sollen zur Entwicklung eines wasserstoffbasierten Energiesektors in Saudi-Arabien beitragen, den Einsatz deutscher Technologien fördern und die Entwicklung eines Wasserstoffmarktes in Deutschland und darüber hinaus erleichtern. Der Dialog umfasst auch die regulatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen, die zur Förderung eines Wasserstoffsektors notwendig sind. Im Rahmen des MoU hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sein Interesse bekundet, die Möglichkeit des Imports von Wasserstoff und seinen Derivaten wie Ammoniak oder synthetischem Kerosin aus Saudi-Arabien zu prüfen. Das Energieministerium von Saudi-Arabien (MoEnergy) begrüßte das Engagement deutscher Unternehmen und den Einsatz deutscher Technologien bei der Produktion und Weiterverarbeitung von Wasserstoff in Saudi-Arabien. Beide Seiten prüfen die Möglichkeit, Innovationscluster mit führenden Forschungsinstituten und Unternehmen aus beiden Ländern und einem Innovationsfonds zur Förderung von Wasserstoff zu entwerfen.2 Die Unterzeichnung fand als virtuelle Veranstaltung statt und wurde von Wirtschaftsvertretern aus beiden Ländern besucht. Die Umsetzung der saudisch-deutschen Wasserstoffkooperation wird einem vereinbarten Fahrplan folgen und drei Arbeitsgruppen zu Geschäfts-, Technologie- und Regulierungsangelegenheiten umfassen. Das in Riad ansässige Deutsch-Saudi-Arabische Verbindungsbüro für wirtschaftliche Angelegenheiten (GESALO) und Guidehouse unterstützen diese Zusammenarbeit.

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