Zum Glück war es auch am vierten Tag der Derbywoche schnuckelig warm. So brauchte die kleine Gruppe, die in ihren „ZZ“-T-Shirts während des vierten und zehnten Rennens rund um den Winner Circle herum lungerte, wenigstens nicht zu frösteln. Eine Gänsehaut werden sie jedoch allemal bekommen haben. ZZ – das stand nicht für Zorro, jenen 1919 erdachten Romanhelden, der als Rächer der Armen die Stirn seiner Opfer mit einem „Z“ brandmarkt.
ZZ stand für Zelda Zonk, jene siebenjährige Schwedin, mit der Ralf Oppoli aus dem Westen angereist war, das traditionell den Damen vorbehaltene Bruno-Cassirer-Rennen zu gewinnen. Den Fan-Kreis der Lady um Besitzerehepaar Peltier hatte er gleich mitgebracht. Schon vor dem Vorlauf zeigte sich der Trainer optimistisch. „Ich habe in der gesamten Derby-Woche nur zwei Fahrten – jene mit der Stute im Vor- und Endlauf. Ihr Pech, dass sie in der deutschen Amateurmeisterschaft zu Pfingsten in Hamburg ‚nur’ Zweite war. Bei einem Sieg hätte sie nach der Ausschreibung gar nicht mehr in dieses Rennen gepasst. Nun muss sie eben heute zweimal ran und zweimal gewinnen“, griente er in die Kamera.

 

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Selten wurden die Vorgaben des „Masters“ so punktgenau erfüllt wie von der vor rund 2½ Jahren nach Deutschland importierten Braunen (fast) ohne Abzeichen. Nach fünf Siegen zum Einstieg in die Saison scheiterte sie bei den folgenden vier Versuchen stets an Besseren, ohne dabei zu enttäuschen. „Ein braves Mädel, das immer ihre Form ausgelaufen ist. Den letzten vierten Platz über den langen Weg lege ich nicht auf die Goldwaage. Das ist beileibe nicht ihre Lieblingsstrecke, aber sie brauchte einfach noch ein Rennen vor der großen Aufgabe in Berlin.“ Wie gut ihr jener Durchpuster bekommen ist, bewies Zelda Zonk bereits im Vorlauf, als sie aus der Deckung rund 800 Meter vorm Ziel kräftig aufdrehte, 200 Meter weiter Weltrekordler Heinz Wewering mit seiner Tempomacherin La Joliette überrannte, als würden die auf der Stelle treten, und den Schwung zu einem überlegenen 1:14,5-Sieg mit drei Längen Vorsprung mitnahm.
Damit schien sie eine ganze Klasse besser als Honeybee, die im vorangegangenen Vorlauf die durch einen Reifenschaden gehandicapte Freccia rossa sicher in 1:15,5 niedergekämpft hatte. Ralf Oppoli jedenfalls hatte keine Scheu, die Rolle des Favoriten fürs Finale anzunehmen – dagegen machen können hätte er ja ohnehin nichts: „Die Stute ist prächtig drauf, wie man gesehen hat, mit dem Bänderstart hat sie absolut kein Problem, und sie ist genau zur rechten Zeit in Top-Form.“

Obwohl das Finale taktisch dann doch etwas anders lief, als es sich der 47jährige vorgestellt hatte, stach Zelda ein zweites Mal zu. „Sie legte nicht so schwungvoll wie gewöhnlich los, darum lagen wir ziemlich weit hinten.“ Doch als sie im Schlussbogen in vierter Spur richtig mobil wurde, stand der Rest der Camarilla rasch auf ziemlich verlorenem Posten. Die 2012 mit vier Siegen aus acht Versuchen formidabel eingeschlagene Fast-Photo-Tochter, die die komplette Saison 2013 hatte sausen lassen müssen, stach die permanent durch die dritte Spur stiefelnde und damit eine geradezu heroische Leistung vollbringende Honeybee leicht und locker um zwei Längen aus und war in 1:15,3/2040m am Ziel der prognostizierten Wünsche. An dem Modell einer Stute hätte sicherlich auch Bruno Cassirer, der ja nicht nur Trabrennstall-Besitzer, Multi-Funktionär und Retter Mariendorfs, sondern auch engagierter Züchter war, seine helle Freude gehabt. Bombensicher, explosiv, schnell, unkompliziert – und über ihre Mutter, die 1999 von Alwin Schockemöhle gezüchtete True Lass As, die selbst nie Rennen gelaufen ist, in zweiter bzw. dritter Generation auf Super Bowl (bzw. in dritter und vierter auf Star’s Pride) zurückgehend. Nach Siegen und Gewinnen ist sie nun die Beste ihrer Schar, denn ihre vier Geschwister im rennfähigen Alter haben zusammen erst vier Ehrenrunden auf dem Konto.

Den Spieß umgedreht
Seinem Ruf als bislang größter Absahner dieses Meetings machte Josef Franzl mal wieder alle Ehre – diesmal nicht mit einem von ihm selbst vorbereiteten Ross, sondern als Catchdriver für Trainer und Besitzer Egon Ortner. Hatte er im ersten Vorlauf zum Shootingstar-Cup, der sich an Pferde bis 7.500 Euro Gewinnsumme richtete, mit Indio Corner schon wie der sichere Sieger ausgesehen und wurde dann doch noch von der auf der Zielgeraden sich im Slalom um alle Hindernisse herum windenden, furios spurtenden Andrea Starlake knapp abgefangen, so ließ sich der Sauerlacher im Finale nicht noch einmal in die Suppe spucken. „Ich kannte Indio noch gar nicht und wusste zwar vieles, aber eben nicht alles über ihn. Im Endlauf hatte ich mich den entscheidenden Tick besser auf ihn eingestellt“, resümierte „Seppi“, der dank seiner vielen Gastspiele auf der Derbybahn fast schon von sich sagen kann, er sei ein Berliner. Die Stelle, wo’s in Mariendorf Pokale, Kusshändchen, Glückwünsche und die großen Schecks gibt, kennt er fast besser als manch Einheimischer – und steuerte den Gigant-Neo-Sohn schnurstracks über die Todesspur im 14.000 Euro wertvollen Finale hinein. Erneut lag ihm Andrea Starlake im Nacken, doch diesmal vermochte die fliegende Holländerin das Blatt gegen Indio Corner eben nicht mehr zu wenden. Nach 1:15,3 zu 1:15,4/1900m wurde es eine glatte Zwei-Längen-Revanche ohne „hätte, wenn und aber“. Velten My Way, der den zweiten Vorlauf mit donnerndem Speed gewonnen hatte, kam im Rematch anfangs überhaupt nicht in Gang, versäumte sich um rund 40 Meter und war so nur chancenloser Mitläufer. Noch ärger traf es seine Stallgefährtin Velten New York, die bis zu diesem Tag bei sechs Starts eine blitzblanke Siegweste ihr Eigen nannte. Im Vorlauf kam sie, innen eingesperrt, mit dem galoppierenden King of Love etwas ins Gehege, so dass es nur zu Platz drei reichte. Im Endlauf versuchte die in Kanada geborene Rappstute ihr Heil von vorn und galoppierte unter Indio Corners Druck zu Beginn der Zielgeraden.
Ihr Steuermann Michael Nimczyk hielt sich im Derby-Pokal der Vierjährigen schadlos, in dem der ehemalige Berliner Love You Corner wie erwartet überlegene Ware darstellte, als Tipp des Tages aber auch nicht mehr als 12 für 10 auf Sieg zahlte. War dies die untere Marge, die der Toto auf einen Sieger auswarf, so explodierte der Kurs im letzten Rennen vor dem eigentlichen Feuerwerk gewaltig. Aflame Dragon oder Bendt Ricardo – diese beiden Trabreit-Spezialisten kamen eigentlich nur für den Sieg im abschließenden Monté-Cup in Frage, und bis weit in die Zielgerade sah es allein nach diesem Zweikampf aus. Der wurde dann völlig überraschend nur einer um Platz zwei, denn heimlich, still und leise hatte sich Ymond B innen herangeschlichen. Mit Ronja Walter stellte der Wallach seine indiskutablen Formen aus dem „Reit- wie Fahrbetrieb“ völlig auf den Kopf und gab den beiden Kampfhähnen sogar noch ganz leicht das Nachsehen. 451:10 – der Donnerschlag vor dem Barock-Feuerwerk war nicht von schlechten Eltern.
Keinen Donner-, wohl aber einen kleinen Befreiungsschlag konnte der Chefbuchhalter des BTV vermelden: Mit fast 384.000 Euro wurden rund 14.000 mehr als im Vorjahr umgerubelt.
Umsatz bei 13 Rennen: 383.801,91 Euro (incl. 193.555,11 Euro Außenumsatz)

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4. TAG DER DERBYWOCHE Mariendorf Berlin

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