Große Emotionen beim großen Finale – Lucas Di Grassi (BRA, Audi) hat den extrem hart umkämpften, maximal unterhaltsamen und sportlich herausragenden ersten von zwei E-Prix in Berlin für sich entschieden. Der Brasilianer sorgte damit nicht nur für einen Audi-Heimsieg sondern auch für einen weiteren „Twist“ in der ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft. Vor dem abschließenden Rennen der Season Seven haben noch sieben Fahrer die Möglichkeit, aus eigener Kraft – mit der maximalen Punktzahl von 30 – die erste WM-Krone der Formel E zu gewinnen. Darunter: Rennsieger Lucas Di Grassi, der sich auf die sechste Gesamtposition verbesserte. Trotz eines enttäuschenden Rennverlaufs für Mercedes-EQ-Fahrer Nyck de Vries führt der Niederländer die Gesamtwertung weiter an. Drei Punkte dahinter: Edoardo Mortara (SUI, ROKiT Venturi Racing), der auch im Rennen die zweite Position eroberte. Jake Dennis (GBR, BMW i Andretti Motorsport) liegt nach Platz fünf im Samstagsrennen auf der dritten Position der WM. Mitch Evans (NZL, Jaguar Racing) eroberte als Dritter nicht nur einen Podiumsplatz, sondern auch Gesamtrang vier.
Die Rennaction entwickelte sich auch im 14. Saisonlauf der Formel-E-WM zu einem wahren Thriller. Zunächst übernahm DS Techeetah mit Jean-Éric Vergne (FRA) und António Félix da Costa (POR) die Doppelführung, dann lagen beide Audi geschlossen vorn, schließlich eroberte ROKiT Venturi Racing die Doppelführung. Allerdings hatte keine davon Bestand. Beispielhaft für die emotionale Achterbahn im Samstagsrennen darf René Rast (GER, Audi) genannt werden. Der Mindener startete als Zwölfter, fiel in der Anfangsphase des Rennens auf die 15. Stelle zurück, nutzte seinen Attack Mode clever und arbeite sich mit absolut atemberaubenden Manövern auf die zweite Position nach vorn – „wie ein heißes Messer durch Butter“, wie es sein Audi-Teamchef Allan McNish formulierte. Rast fiel jedoch aufgrund des so nötig gewordenen Energiemanagements zurück auf den neunten Platz, sicherte sich jedoch den Extra-Punkt für die schnellste Rennrunde der Top Ten.
Mercedes-EQ mit Enttäuschung, Porsche holt Punkt, BMW i mit guter Teamleistung
Die Rennanalyse für die weiteren deutschen Werksteams fällt unterschiedlich aus: Mercedes-EQ erwischte zunächst ein durchwachsenes Qualifying, Tabellenführer Nyck de Vries (NED) musste im Rennen gar frühzeitig aufgeben, Stoffel Vandoorne (BEL) schaffte es als Zwölfter ebenfalls nicht in die Punktränge. Das Positive für die Stuttgarter: De Vries bleibt weiter Erster der Gesamtwertung und hat am Sonntag eine reelle Chance, erster Formel-E-Weltmeister zu werden. Porsche sicherte sich mit André Lotterer (GER) noch einen WM-Zähler, musste mit Pascal Wehrlein (GER) allerdings auch einen Rückschlag hinnehmen. BMW i kann dagegen auf eine gute Teamleistung zurückblicken: Neben Dennis als Fünfter beendete Max Günther (GER) das Rennen als Achter und damit in den Punkterängen.
WM-Entscheidung mit Herz und Rechenschieber in der Hand
15 Fahrer mit mathematischer WM-Chance im abschließenden Rennen der Saison – keine andere FIA-Weltmeisterschaft hat jemals eine packendere Ausgangslage geboten. Sieben Fahrer haben es sogar in der eigenen Hand. Alles was es für die Top Sieben in der Zwischenwertung baucht, wäre das Rennen zu gewinnen, sowie die Extra-Zähler für die Pole-Position, die beste Rennrunde und die Bestzeit im Gruppenqualifying zu sammeln. In der Formel E eine wahre Mammutaufgabe. Auch in der Teamwertung bleibt es spannend: Als erster Formel-E-Teamweltmeister kommen nach dem ersten von zwei Rennen in Berlin neben Jaguar Racing (171 Punkte) auch DS Techeetah (166), Envision Racing (165) und Audi Sport ABT Schaeffler (162 Punkte) in Frage – aber auch die Mercedes-EQ (158) und BMW i Andretti Motorsport (157), die die Top Sechs abschließen.
Erstmals seit Pandemie-Beginn waren in Berlin wieder frei verkäufliche Formel-E-Tickets für Fans erhätlich. Bis zu 5.200 Zuschauer je Renntag können das großen Finale der Formel E von einer der Tribünen aus verfolgen.

Paar Fakten

– Tabellenführer Nyck de Vries (BEL, Mercedes-EQ) bleibt im Samstagsrennen der ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft in Berlin ohne Punkte, bleibt allerdings auch Spitzenreiter
– Zweiter Saisonsieg für Lucas Di Grassi (BRA, Audi) nach dem Erfolg in Puebla (Mexiko). Der Brasilianer bringt sich damit in Position in Sachen WM-Wertung
– Abschließendes Saisonrennen der Formel-E-WM entscheidet in beiden Kategorie, Team- und Fahrerwertung, über die Titel. Sieben Fahrer können aus eigenen Kraft noch Weltmeister werden, 15 rechnerisch
– Edoardo Mortara (SUI, ROKiT Venturi Racing) wird Zweiter und erobert Tabellenrang zwei. Venturi setzt den Antriebsstrang von Mercedes-EQ ein
– René Rast (GER, Audi) erlebt ereignisreiches Rennen: Von Startplatz zwölf zurück auf P15, Aufholjagd bis auf Platz zwei, aber Schlussrang neun, schnellste Rennrunde inklusive
– BMW i Andretti Motorsport doppelt in den Punkten, Jake Dennis (GBR) wird Fünfter und damit heißer Titelkandidat, Maximilian Günther (GER) wird Neunter
– Tag Heuer Porsche Formel-E-Team mit André Lotterer (GER) in den Punkten: Rang zehn
– DS Techeetah aus Startreihe eins auf den Plätzemn sechs und sieben
AUDI SPORT ABT SCHAEFFLER
LUCAS DI GRASSI (BRA)
„Wir haben in Rom ein wichtiges Rennen in den letzten beiden Runden verloren, dann durch eine Kleinigkeit auch in London. Das Rennen hier zu gewinnen, bedeutet mir und Audi sehr viel und ich bin überglücklich. Edo Mortara ist ein fantastisches Rennen gefahren, ich wusste, dass er sehr stark sein würde. Ich habe versucht, das Manöver zu setzen, einen Vorsprung mit dem Angriffsmodus so weit wie möglich herauszufahren, und das bis zum Ende zu verteidigen. Für das morgige Rennen ist noch alles offen. Wir werden alles dafür geben, beide Rennen zu gewinnen, und ich bin sicher, dass wir die Meisterschaft gewinnen können, wenn wir das schaffen.“
ROKIT VENTURI RACING
EDOARDO MORTARA (SUI)
„Das war heute ein großartiges Ergebnis für das Team, aber auch für mich. Es hat uns zurück in den Titelkampf gebracht. Wir müssen aber auf dem Teppich bleiben und dürfen uns nicht zu sehr freuen. Denn wir müssen uns noch viel für morgen erarbeiten und können dann hoffentlich noch mehr feiern. Wir hatten dieses Jahr wirklich gute Rennen, wir haben im Vergleich zum letzten Jahr viel Rennpace gefunden. Das Problem ist, dass Lucas Di Grassi immer sehr stark ist, er kommt sehr gut zurecht, und leider wusste ich, dass es in den letzten Runden schwierig werden würde, ihn zu überholen. Aber ich habe versucht, ihn unter Druck zu setzen und ihn zu einem Fehler zu zwingen, der ihm aber nicht unterlaufen ist. Trotzdem sind wir mit Platz zwei sehr zufrieden, und da wir können morgen gern weitermachen.“
JAGUAR RACING
MITCH EVANS (NZL)
„Es war ein gutes Rennen, wir hatten während des gesamten Rennens eine gute Pace. Es ging nur darum, den richtigen Zeitpunkt für den einen, langen Attack Mode zu finden. Ich denke, wir haben es gut getimt. Ich musste leider ziemlich viel Energie aufwenden, um einige dieser Überholmanöver durchzuführen. Ich denke, das hat mir am Ende ein wenig geschadet, da Norman Nato stark war. Er hat einen großartigen Job gemacht. Aber es ist ein gutes Gefühl, dass wir wieder im Kampf um die Meisterschaft dabei sind. Morgen bin ich in Quali-Gruppe eins, das wird schwierig. Aber wie einige der Fahrer heute bewiesen haben, kann man es bis in die Superpole schaffen.“
… EIN DÉ-JÀ-VU.
Die komplette erste Startreihe für DS Techeetah? Weckt Erinnerungen an das Finale der Formel E in Berlin im vergangenen Jahr. Damals hatten Jean-Éric Vergne (FRA) und António Félix da Costa (POR) ebenfalls das Kunststück geschafft und damit den Grundstein für die WM-Entscheidung zugunsten ihres Arbeitgebers und natürlich für da Costa selbst. Und in der aktuell laufenden Season Seven der ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft? Da setzte sich Vergne sowohl im Gruppenqualifying als auch im Shoot-out der Superpole durch, sammelte 4 Punkte. Da Costa komplettierte die erste Startreihe als Zweiter. Anders als damals münzten die beiden Fahrer das Ergebnis allerdings nicht in einen Doppelsieg um.
ZAHL DES TAGES
1,2 MILLIMETER.
Beim packenden Saisonfinale der ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft wird so mancher Fingernagel in den Boxen oder auch auf den Tribünen und vor dem Fernseher malträtiert. Die gute Nachricht: Etwaig zwecks Anspannungsmanagement abgekaute Nägel wachsen wieder nach: um 1,2 Millimeter pro Woche.
HEINEKE LONDON E-PRIX
ERGEBNIS
01 Lucas Di Grassi (BRA) 38 Runden in 46.22,528 Min. (25)
02 Edoardo Mortara (SUI) + 0,141 Sek. (18)
03 Mitch Evans (NZL) + 5,499 Sek. (15)
04 Norman Nato (FRA) + 5,589 Sek. (12)
05 Jake Dennis (GBR) + 5,830 Sek. (10)
06 Jean-Éric Vergne (FRA) + 6,411 Sek. (12)
07 António Félix da Costa (POR) + 6,777 Sek. (6)
08 Maximilian Günther (GER) + 7,562 Sek. (4)
09 René Rast (GER) + 7,798 Sek. (3)
10 André Lotterer (GER) + 14,124 Sek. (1)
Zusatzpunkte
Bestzeit in Qualifying-Gruppen (1 Punkt): Jean-Èric Vergne (FRA)
Julius Bär Pole-Position (3 Punkte): Jean-Èric Vergne (FRA)
Tag Heuer Fastest Lap (1 Punkt): René Rast (GER)
2020/21 ABB FIA FORMEL-E-WELTMEISTERSCHAFT
PUNKTESTÄNDE
Fahrer-WM
01 Nyck de Vries (NED) (95)
02 Edoardo Mortara (SUI) (92)
03 Jake Dennis (GBR) (91)
04 Mitch Evans (NZL) (90)
05 Robin Frijns (NED) (89)
Team-WM
01 Jaguar Racing (171)
02 DS Techeetah (166)
03 Envision Virgin Racing (165)
04 Audi Sport ABT Schaeffler (162)
05 Mercedes-EQ (158)

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