In der Diskussionsrunde Creative Cities Talk I Berlin :: Reykjavík trafen sich am 3. März 2015 der Kulturstaatssekretär und ehemaliger Präsident der Universal Music Deutschland Tim Renner, der Stadtrat für Stadtplanung in Reykjavík, Hjálmar Sveinsson und die Gastprofessorin an der UdK Berlin und Mitbegründerin von Meta Design, Uli Mayer-Johanssen in der Nordischen Botschaft und gingen den Fragen nach, was genau die beiden unterschiedlichen Städte gemeinsam haben, wie der urbane Raum die Kunst beeinflusst und was die unterschiedlichen Kulturen in diesem Zusammenhang voneinander lernen können.

 
Reykjavík und Berlin sind zwei kulturell unterschiedlich geprägte Städte, die dennoch beide als Anziehungspunkte für Kreative und Kunstschaffende aus ganz Europa und der Welt gelten. Während Hjálmar Sveinsson, Reykjavíks Stadtrat für Stadtplanung, die Isländische Kultur in erster Linie über ihre Sprache definiert, deren Einzigartigkeit sich nicht zuletzt in den viel rezitierten und traditionellen Isländer-Sagas widerspiegelt, sieht Kulturstaatssekretär Tim Renner, in Berlin vor allem einen Ort, der mit dem Gefühl der innovativen Frische und Freiheit verbunden wird. „Vor allem nach dem Fall der Mauer, konnte Berlin nicht mehr nur als Stadt, frei von spießigen Konventionen erlebt werden,“ erklärt Renner, „Die freien Flächen auf dem ehemaligen Grenzgebiet schufen darüber hinaus extremen Freiraum für innovative Immobilien und Kreativität genau im Zentrum der Stadt.

Dieser Aspekt hat sich sehr positiv auf die Berliner Lebensart ausgewirkt, die sich schnell zum Bindeglied für die Ost-, West- und Neu-Berliner entwickelt hat,“ so Renner. Wo die kulturellen Unterschiede die beiden Städte so grundlegend voneinander unterscheiden, kommen die drei Redner beim Thema Wirtschaftlichkeit und Politik auf einen Nenner. „Während die Berliner Kunst fernab von allem wirtschaftlichen Interessen florierte, hatte sich in der Wirtschaftskrise schon bald das Label „Arm aber sexy“ in den Köpfen der Menschen festsetzt“, erklärt Uli Mayer-Johanssen „Wobei es immer mehr kreative, innovative und junge Leute in die Deutsche Hauptstadt zog.“ Und auch in Island sei die Wirtschaftskrise ein Auslöser gewesen, der die Kultur in Reykjavík beflügelt habe, schlussfolgert Hjálmar Sveinsson. „Bis zu dem Zusammenbruch der nationalen und internationalen Ökonomie hat das Zusammenspiel der Wirtschaft und der Kultur immer sehr gut in Island funktioniert, doch mit der Krise hat sich eins gezeigt: Dass das Geld ging, aber die Kunst blieb. Mit diesem Ruck hat sich die isländische Kultur mehr in Richtung Realität entwickelt, weg von der traditionellen Heldensaga und hin zum aktuellen Geschehen“ Seit der Krise scheint die Kultur also sowohl in Berlin als auch in Reykjavík zum gemeinsamen Motto für Entwicklung und Wirtschaftskraft geworden zu sein, fassen Sveinsson und Renner zusammen. Nun sei es die Aufgabe der Politik die Wirtschaftskraft der Kultur zu erkennen und die nötigen Freiräume für die Kunst zu schaffen, um zum einen die Verdrängungen aus der Stadt zu verhindern und zum anderen die Off-Kultur zu stützen. „Ein ganz besonderer Fokus sollte dabei auf der Bereitstellung von Stipendien und der Förderung und Bildung von Schulkindern liegen,“ appelliert Renner. Uli Mayer-Johanssen fügt hinzu, dass es außerdem wichtig sei Erlebnisse zu schaffen, wodurch die Kunst erst einmal zu erkennen sei. „Erst wenn etwas passiert, wird Kunst sichtbar. Krisen sind dabei ein ganz wichtiger Katalysator, weil dadurch außergewöhnliche Erlebnisse geschaffen werden, die mit der Kunst entsprechend verarbeitet werden können,“ erklärt die Fachfrau für Labels und Brands abschließend.

Nach der Diskussion präsentierten die jungen Künstler Paolo Gianfrancesco und Siggi Eggertsson aus Reykjavik ihre Projekte Urban Shape und Skvís, in der Design-Ausstellung SPARK. Die Ausstellung beschäftigt sich zum einen mit dem Einfluss der Stadtplanung und deren Auswirkung auf das urbane Leben und zum anderen mit der Bedeutung von Schrift und Buchstaben auf die spezielle Entwicklung einer Kultur. Sie wird noch bis zum 13. April in der Nordischen Botschaft zu sehen sein.

(Claudia Denecke)

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Von admin

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