Im ehemaligen Magazin der Staatsoper Berlin entsteht eine staatlich anerkannte Musikhochschule, die Barenboim-Said Akademie. Die Bauarbeiten haben im Mai 2014 begonnen und werden Ende dieses Jahres abgeschlossen. „Ich sehe die Akademie als eine Initiative, die Entwicklung denkender junger Musiker durch intensive musikalische und besonders auch philosophische Weiterbildung zu fördern, denn Musik gibt uns die Möglichkeit, uns gleichsam von der Welt zu entfernen und sie besser zu verstehen. Unser gemeinsames Ziel dabei ist vor allem, neben fachlicher Exzellenz, einen Geist geprägt von gegenseitigem Verständnis zu schaffen“, sagte Daniel Barenboim, der Gründer und Präsident der Akademie, anlässlich einer Begehung der Barenboim-Said Akademie am 8. Juli.

Zum Wintersemester 2016/2017 werden 30 junge Studierende aus dem Nahen Osten im Geist des West-Eastern Divan Orchestra ihre Ausbildung beginnen können. Mit 80 bis 90 Studierenden wird die Akademie 2018/19 voll ausgelastet sein. Die Betriebskosten werden im Haushalt der Staatsministerin für Kultur Monika Grütters etatisiert. Hierzu die Staatsministerin: „Ein friedliches, von gegenseitigem Respekt geprägtes Zusammenleben der Kulturen im Nahen Osten scheint heute utopischer denn je. Doch in der Barenboim-Said Akademie werden junge Menschen aus der arabischen Welt und aus Israel zusammen musizieren, lernen und arbeiten. Umso kühner empfinden wir auch heute noch die Vision dieses wegweisenden kulturellen Versöhnungsprojekts, das nun hier in Berlin, an einem geschützten Ort fern des Kriegs- und Krisenalltags, junge Menschen zu Botschafterinnen und Botschaftern der Idee werden lässt: Frieden ist möglich! Die Unterstützung dieses Vorhabens durch mein Haus ist deshalb nicht einfach nur ein Stück Kulturförderung, das der kulturellen Vielfalt Deutschlands dient. Sie darf durchaus auch als Beitrag der Bundesrepublik zum Friedensprozess im Nahen Osten verstanden werden.“

 
Die Idee der Akademie reflektiert die Geschichte des West-Eastern Divan Orchestra. Der Pianist und Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Daniel Barenboim und der amerikanisch-palästinensische Literaturwissenschaftler Edward W. Said haben das Ensemble 1999 in Weimar gegründet. Es setzt sich in gleichen Teilen zusammen aus jungen israelischen und arabischen Musikern und hat sich inzwischen dank zahlreicher Konzerte in aller Welt einen hervorragenden Ruf erspielt. Die Gründung der Barenboim-Said Akademie im Jahr 2012 hat das erfolgreiche Projekt auf eine neue Ebene gehoben.

Gründungsdirektor der Akademie ist der ehemalige Staatsminister für Kultur und Medien, Michael Naumann. Der Dekan der Akademie, Mena Mark Hanna, ist ein in Oxford promovierter Musikwissenschaftler und Komponist; die geisteswissenschaftliche Ausbildung leitet die an der Harvard University promovierte Rechtsphilosophin Roni Mann. Weitere Berufungen sind geplant.

In das denkmalgeschützte Gebäude – das ehemalige Kulissenlager der Staatsoper – wurden rund 2.200 Kubikmeter Beton und 700 Tonnen Stahl verbaut. Es entste hen Probe-, und Seminarräume, ein Auditorium, eine Bibliothek, Büros, Garderoben sowie ein Konzertsaal. Das Architekturbüro hg merz hat den Akademie-Flügel und das Foyer gezeichnet. Die Ausführung haben die Architekten von rw+ übernommen. Die Projektsteuerung liegt in den Händen von tp management.

Der vom amerikanischen Architekten Frank Gehry entworfene Konzertsaal ist ein Glanzpunkt der Akademie. Die Architektur des Saals eröffnet eine außergewöhnliche Perspektive. Sie wird von zwei Ellipsen geprägt, deren Achsen so gegeneinander verschoben sind, dass der Anblick des Rangs einen Eindruck von Schwerelosigkeit vermittelt – er schwebt gleichsam im Raum. Namensgeber des Saals ist Pierre Boulez, der am 26. März dieses Jahres 91 Jahre alt geworden wäre. Es ist der erste Konzertsaal, der vom Bund finanziert wird. Die Intendanz liegt in den Händen von Ole Bækhøj. Er war zuvor Chief Executive des Mahler Chamber Orchestra sowie Intendant des Danish National Symphony Orchestra.

Der Bau der Barenboim-Said Akademie bewegt sich im anvisierten Zeitplan – er kann auch innerhalb des Budgets von 33,7 Millionen Euro realisiert werden. 20 Millionen Euro fließen aus dem Etat der Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters in das Bauprojekt. Die Restkosten bringen private Spender auf. Die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung finanziert einen Lehrstuhl, der nach dem Mitbegründer des West-Eastern Divan Orchestra, Edward Said, benannt wird. Die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin hat mit einer halben Million Euro einige Finanzierungslücken geschlossen. Das Auswärtige Amt unterstützt das Projekt in der laufenden Legislaturperiode mit insgesamt 4 Mio. Euro. Neben Stipendien für die ersten Studierenden wurde damit die Aufbau- und Pilotphase des Studienbetriebs ermöglicht.

Der Pierre Boulez Saal ist ein neuer Kammermusiksaal für die Musikstadt Berlin und Teil der Barenboim-Said Akademie. Die Vision für den Pierre Boulez Saal reflektiert den humanistischen Grundgedanken von Bildung durch Musik; in seinen Konzertprogrammen sollen sich Tradition und Erneuerung, Vertrautes und Fremdes gegenüberstehen. Neben den großen Kammermusikwerken der Tradition des 18. und 19. Jahrhunderts werden auch zentrale Werke des 20. Jahrhunderts sowie zeitgenössische Musik zu hören sein. Die Intendanz des Pierre Boulez Saal vergibt darüber hinaus Kompositionsaufträge und realisiert ihre Uraufführungen. Führende internationale Solisten und Ensembles werden regelmäßig im Pierre Boulez Saal gastieren. Darüber hinaus ist der Saal auch das musikalische Zuhause des neugegründeten Boulez Ensemble. Es besteht mehrheitlich aus Mitgliedern der Staatskapelle Berlin und des West-Eastern Divan Orchestra. Die erste Saison des Pierre Boulez Saals beginnt am 4. März 2017 mit einem Konzert und einem Festakt. Das Programm des Pierre Boulez Saals wird in einer Presskonferenz am 12. September 2016 vorgestellt werden. Tickets für die Eröffnungssaison sind vom 12. September an erhältlich.

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Von admin

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