Der norwegische Autor Karl Ove Knausgård hat am Abend im Rahmen eines Festaktes im Berliner Axel-Springer-Haus den mit 10.000 Euro dotierten WELT-Literaturpreis 2015 für sein literarisches Gesamtwerk erhalten. Vor mehreren hundert geladenen Gästen aus Kultur, Medien, Politik und Wirtschaft nahm der in Südschweden lebende Autor den Preis von Richard Kämmerlings, Leiter der „Literarischen WELT“, entgegen. Die Laudatio hielt die deutsch-schweizerische Schriftstellerin Sybille Berg.

Sibylle Berg: „Karl Ove Knausgård hat mich durch seine innere Freiheit begeistert. Es ist für die Freude an seiner Kunst vollkommen unerheblich, in wie weit Literatur und Realität übereinstimmen. Ob ein Buch autobiografisch ist oder nicht, war mir nie ein Qualitätsmerkmal. Literatur sollte im besten Sinne etwas wagen. Sollte weh tun und glücklich machen. Das Ziel ist erreicht.“

In seiner Dankesrede beschrieb Knausgård die Kraft des Romans, Nähe und Intimität zwischen Autor und Leser über geografische und zeitliche Grenzen hinweg zu erzeugen: „Sobald ein Roman aufgeschlagen wird und die Lektüre beginnt, wird der Abstand zwischen dem Schreibenden und dem Lesenden aufgehoben. Der andere, der hervortritt, tut dies in der Imagination des Lesers, und ist plötzlich ein Teil von dessen Innenleben. Diese Nähe zu einem anderen Selbst ist eine Eigenart des Romans.“

 
Die Jury des WELT-Literaturpreises würdigte in ihrer Begründung Karl Ove Knausgård als ein literarisches Phänomen. Mit seinem sechsbändigen, mehrere tausend Seiten starken Romanzyklus „Min Kamp“ („Mein Kampf“) habe er das autobiografische Schreiben für die Gegenwart in radikaler Weise neu definiert. Knausgård erzeuge mit seiner ins Extrem getriebenen Selbstentblößung eine Sogwirkung, der sich kaum ein Leser entziehen könne. Zur Jury gehören der britische Verleger Lord George Weidenfeld, Cornelius Tittel, Creative Director der WELT-Gruppe und Chefredakteur des Kunstmagazins BLAU, sowie Richard Kämmerlings.

Richard Kämmerlings: „Knausgård erzählt tatsächlich von seinem ganz persönlichen, unentwegten Ringen mit dem Gewöhnlichen und Alltäglichen. Und gerade dies hat ihn weltweit zu einer literarischen Sensation gemacht."

Karl Ove Knausgård ist der siebzehnte WELT-Literaturpreisträger nach Haruki Murakami (2014), Jonathan Franzen (2013), Zeruya Shalev (2012), Albert Ostermaier (2011), Claude Lanzmann (2010), Philip Roth (2009), Hans Keilson (2008), Daniel Kehlmann (2007), Rüdiger Safranski (2006), Yasmina Réza (2005), Amos Oz (2004), Jeffrey Eugenides (2003), Leon de Winter (2002), Pat Barker (2001), Imre Kertész (2000) und Bernhard Schlink (1999).

Volltext nach Login

Von admin

Schreibe einen Kommentar