Der Roland Berger Preis für Menschenwürde 2012/13 geht an die indische Organisation "Jagori", an die pakistanische Menschenrechtsanwältin Dr. Asma Jahangir und an das "Afghan Women’s Network". Das Jüdische Museum Berlin wird mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet.

Mit einer Rede zum Thema Menschenwürde und Menschenrechte eröffnete Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert am 16. April 2013 die fünfte Verleihung des Roland Berger Preises für Menschenwürde, die erstmals im Jüdischen Museum Berlin stattfand. Auf dem Podium diskutierten unter anderem die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, sowie der Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag, Tom Koenigs, über Frauenrechte in der globalisierten Welt.

In diesem Jahr hat die Roland Berger Stiftung drei Personen und Organisationen ausgezeichnet, die sich mutig und unermüdlich für die Würde und Rechte von Frauen in Indien, Pakistan und Afghanistan einsetzen: Die indische Nichtregierungsorganisation "Jagori", die pakistanische Rechtsanwältin Dr. Asma Jahangir und das "Afghan Women’s Network".

 

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Jagori

„Wacht auf, Frauen!“ bedeutet der Name der indischen Organisation Jagori, die seit nahezu 30 Jahren die frauenrechtliche Bewegung in Indien prägt. Mit öffentlichkeitswirksamen Mitteln engagieren sich die 19 Mitarbeiterinnen der Organisation mit Sitz in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi dafür, den Frauen in Indien eine Stimme zu verschaffen und eine nachhaltige Verbesserung der Stellung der Frau in der indischen Gesellschaft zu bewirken. Die Maßnahmen reichen von Kampagnen und Publikationen zum Schutz der Frauenrechte und zur Gleichberechtigung der Geschlechter über Trainings und Workshops bis hin zu Schutz und Beratung für Frauen und Mädchen, die Opfer von sexueller Belästigung und Gewalt geworden sind. Jagori will Frauen im ganzen Land erreichen und mobilisieren, damit sie für ihre Rechte einstehen.

Eine der aktuellen Initiativen von Jagori ist die „Safe Delhi Campaign“ – eine Kampagne zur Verbesserung der Sicherheit von Frauen in der indischen Hauptstadt. Viele Frauen in Delhi haben Angst, allein auf die Straße zu gehen, insbesondere bei Dunkelheit und abseits stark frequentierter Straßen. Zusammen mit den Regierungsbehörden der Stadt und in Kooperation mit UNIFEM und UN Habitat hat Jagori deshalb Frauen und Mädchen befragt, wo sie sich belästigt fühlen und diskutiert, wie man dagegen vorgehen kann. Die Probleme liegen demnach überwiegend an schlechter Infrastruktur, am Mangel an Straßenbeleuchtung und öffentlichen Toiletten, sowie am Drogen- und Alkoholmissbrauch in öffentlichen Parks. Jagori arbeitet hier an Lösungen für eine bessere Stadtplanung und die Gestaltung öffentlicher Plätze. Frauen in Delhi sollen sich in Zukunft überall in der Stadt bewegen und sicher fühlen können.

Nach den jüngsten Fällen brutaler Vergewaltigungen in Delhi, die eine breite öffentliche Debatte über die Frauenrechte in Indien und darüber hinaus losgetreten haben, sind Jagoris Programme und die Erfahrung ihrer Mitarbeiterinnen mehr denn je gefragt. Gerade hat Jagori 3.800 Busfahrer in der Hauptstadt geschult und sie für das Thema Gewalt gegen Frauen sensibilisiert, damit sie im Notfall eingreifen. Zudem wurden telefonische „Helplines“ eingerichtet.

Suneeta Dhar und Kalpana Viswanath leiten die Organisation. Die beiden Frauen engagieren sich seit Jahren unermüdlich für Frauenrechte und ihnen gelingt es, mit sehr anschaulichen Publikationen und didaktisch gut gemachten Kursen breite Bevölkerungsschichten anzusprechen.

Dr. Asma Jahangir

Dr. Asma Jahangir ist eine bekannte pakistanische Anwältin und Menschenrechtlerin, die sich seit mehr als 30 Jahren als unermüdliche Kritikerin des Militärs und des religiösen Extremismus für den Schutz der Menschenwürde in Pakistan engagiert. Sie gilt als eine der bedeutendsten Stimmen für die Rechte der Frauen in ihrer Gesellschaft.

Dr. Asma Jahangir entstammt einer politisch aktiven Familie. Ihr Vater Malik Jilani war Politiker und Gegner der Militärdiktatur. Er verbrachte Jahre im Gefängnis und unter Hausarrest. Dies führte dazu, dass sie bereits in jungen Jahren beschloss, sich für die Unterdrückten einzusetzen: Frauen, Kinder und religiöse Minderheiten. Seit ihrem 18. Lebensjahr kämpft sie für eine weltliche Zivilgesellschaft und insbesondere für die Rechte der Frauen in Pakistan. Nach ihrem Studium der Rechtswissenschaften gründete sie im Jahr 1980 zusammen mit ihrer Schwester Hina Jilani die erste Anwaltskanzlei in Pakistan, die von Frauen geführt wird. Die „AGHS Legal Aid Cell“ ist die erste kostenlose rechtliche Anlaufstelle, die auch einen Zufluchtsort für Frauen betreibt. Als Anwältin verteidigte Asma Jahangir Angehörige von religiösen Minderheiten, die wegen Blasphemie angeklagt wurden. Im Lauf der Jahre vertrat sie zudem zahlreiche Opfer von Vergewaltigung, Missbrauch in der Ehe und Zwangsarbeit. Ihre Erfolge vor Gericht führen dazu, dass immer mehr Frauen auf ihre Rechte bestehen und sich die Stellung der Frau in Pakistan verändert.

1980 gründete Dr. Asma Jahangir gemeinsam mit anderen Menschenrechtsaktivisten das „Women´s Action Forum“ (WAF) und im Jahr 1986 die „Human Rights Commission of Pakistan“ (HRCP), deren Vorsitz sie 2005 übernahm. In den vergangenen 15 Jahren bekleidete Asma Jahangir internationale Positionen wie die des „UN Special Rapporteur on Extrajudicial, Arbitrary and Summary Executions“ und „UN Special Rapporteur on Freedom of Religion or Belief“. 2006 setzte sie sich bei der Regierung für den „Protection of Women Act“ ein, 2010 wurde sie zur Präsidentin der „Supreme Court Bar Association“ gewählt.

Für ihren mutigen, stetigen und langjährigen Kampf gegen die Unterdrückung von Frauen, Kindern und anderen Opfern des religiösen Extremismus wurde Dr. Asma Jahangir mit einer Vielzahl von internationalen Preisen und Auszeichnungen gewürdigt.

Afghan Women´s Network

Das „Afghan Women´s Network“ (AWN) ist das größte Frauennetzwerk in Afghanistan. Über 103 Mitgliedsorganisationen und 5.000 Frauen machen sich gemeinsam für die Rechte der Frauen und Kinder in Afghanistan stark. Gegründet wurde das Netzwerk 1995, im Anschluss an die vierte UN-Weltfrauenkonferenz in Peking, von der Menschenrechtlerin Afifa Azim und einigen Mitstreiterinnen aus dem Exil in Pakistan. Die Vision des Netzwerks ist ein Afghanistan, in dem Frauen, Kinder und Männer die gleichen Rechte haben und in dem der gesellschaftliche Beitrag und die Leistung der Frauen respektiert und honoriert werden.

Das „Afghan Women´s Network“ ermöglichte der afghanischen Frauenbewegung, die in den 1990er Jahren aus verschiedenen Frauenrechtsorganisationen und einzelnen Frauenrechtlerinnen bestand, sich zu einer starken Stimme zusammenzuschließen und gemeinsam für die Rechte von Frauen und Kindern zu kämpfen. Heute ist das „Afghan Women´s Network“ ein etabliertes und bedeutendes Netzwerk mit engen Kontakten zu internationalen Organisationen und einer eigenen Rechtsabteilung. Aufgrund seiner starken Position ist es in der Lage, aktives Lobbying zu betreiben, auf den Gesetzgeber Druck auszuüben und die Gesellschaft für Frauenrechtsthemen zu sensibilisieren. Ziel ist es, dass Frauen an der Entwicklung des Landes teilhaben und in staatlichen Institutionen mitwirken.

Mit dem Ende des Taliban-Regimes verbesserte sich die Situation der Frauen in Afghanistan. Vor allem im Hinblick auf Bildung und den Zugang zu bzw. das Recht auf Arbeit sind in den vergangenen zehn Jahren durchaus positive Entwicklungen zu beobachten. Frauen können sich außerhalb ihres Hauses oft etwas freier bewegen, sogar ein Ministerium für Frauenrechte wurde eingerichtet. Dennoch herrschen in Afghanistan immer noch Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen.

Zum 11. Jahrestag der UN-Resolution 1325, die Frauen ein Recht auf gleichberechtigte Mitwirkung in Friedensprozessen garantiert, wurde im Dezember 2011 eine große Afghanistan-Konferenz in Bonn einberufen. Das „Afghan Women´s Network“ entsandte zehn Vertreterinnen nach Bonn und startete im Vorfeld dieser Konferenz seine wohl medienwirksamste Kampagne: „Green Scarves for Solidarity“. Der grüne Schal ist ein Symbol des „Afghan Women´s Networks“, er steht für Kraft und Einheit.

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Roland Berger Preis für Menschenwürde 2012/13

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