Vom 29. Juni bis 2. Juli demonstrieren die Ukrainischen Filmtage Solidarität mit dem in Russland inhaftierten Regisseur Oleg Sentsov und zeigen die ukrainische Filmlandschaft als Teil des Europäischen Films. Zu den Highlights der Vorführungen zählen das Jugenddrama „The Tribe“, der 20er-Jahre-Klassiker „Im Frühling“ und „Gámer“ von Oleg Sentsov.

 
 
Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung im Mai 2014 war Oleg Sentsov gerade mitten in den Dreharbeiten zu seinem neuen Film RHINO. Wie tausende seiner Landsmänner beteiligte er sich an den Maiden-Protesten zur Amtsenthebung des damaligen Präsidenten Wiktor Janukowytsch und zur Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union. Bis heute wartet Sentsov in Russland auf seinen Prozess, wo dem ukrainischen Regisseur die Planung terroristischer Handlungen vorgeworfen wird. Was Sentsov und seine Anwälte vehement bestreiten, wird vor russischen Gerichten aller Voraussicht nach zu einer 20-jährigen Freiheitsstrafe führen. Der in Rostow am Don Inhaftierte erwartet seinen Prozess, der nun für Ende Juli angesetzt ist dennoch mit Gelassenheit. „Oleg hat seinen Lebensmut und seinen Humor nicht verloren“ berichtet seine Mutter, „denn ihm ist bewusst, dass 20 Jahre eine lange Zeit ist, aber er ist auch davon überzeugt, dass das System gar nicht mehr so lange überstehen wird.“

Seit der Verhaftung liegt die Filmproduktion zu Sentsov‘s aktuellen Projekt „Rhino“, das auch vom Medienboard Berlin-Brandenburg gefordert wird, auf Eis. Die Ukrainischen Filmtage wollen auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam machen und fordern die Freilassung des Inhaftierten. „Die Freiheit der Kunst ist eine essentielle Grundlage einer demokratischen Gesellschaft. Dass das die Politik nicht respektiert und die Kunst und den künstlerischen Ausdruck derart beschneidet ist schmerzhaft und unerträglich,“ kritisiert Kirsten Niehuus, Geschäftsführerin der Filmförderung des Medienboards Berlin-Brandenburg.

Passend zu der verstörenden Situation in dem osteuropäischen Land wurden die Ukrainischen Filmtage mit dem gewaltigen Drama „The Tribe“ von Myroslav Slaboshpytskiy eröffnet. Der Film zeigt den gnadenlosen Überlebenskampf auf einem Internat für taubstumme Schüler, wo die Regeln des Stärkeren gelten und, wo Prostitution und Raubüberfälle die Tagesordnung bestimmen. Ganz ohne gesprochenen Dialog, verdeutlicht „The Tribe“ mit seiner brutalen Intensität die Härte einer Gesellschaft und lässt den Zuschauer fassungslos und doch zuversichtlich zurück.

Die breite Unterstützung namhafter Organisatoren aus Politik und Filmbranche betont die Bedeutung für die Solidarität mit Oleg Sentsov, weil sie für die Verbundenheit mit den Europäischen Werte, wie die Meinungsfreiheit steht. Zu den Organisatoren gehören deshalb die Europäische Film Academy, die Deutsche Film Akademie, die staatliche Filmagentur der Ukraine, die Internationalen Filmfestspiele, das Odessa Filmfestival und das Medienboard Brandenburg. Dazu gesellen sich noch politische Multiplikatoren wie das Auswärtige Amt der Bundesrepublik, Ukrainischen Botschaft in Deutschland und Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament und Michael Brandt, Vorsitzender im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.

Neben der Solidaritätsbekundung für Oleg Sentsov geht es dem Minifilmfestival aber auch darum, die Filmlandschaft der Ukraine vorzustellen. Neben Klassikern, wie dem Stummfilm „Im Frühling“, aus dem Jahr 1929 von Michael Kaufman und der restaurierten Fassung des sytemkritischen Werkes „Schatten vergessener Ahnen – Feuerpferde“ des armenischen Regisseurs Sergej Paradschanow von 1964, geben die Ukrainischen Filmtage auch einen Eindruck von der Spannbreite des zeitgenössischen ukrainischen Films. Dazu gehören unte anderem Oleg Sentsovs letztes vollendetes Werk „Gámer“ und der Dokumentarfilm „Babylon 13“. Der Streifen des Projektes aus 30 jungen Filmemachern, die unter dem Projektnamen „Cinema of civil protest“ über die Unruhen in der Ukraine berichten, zeigt die hitzige Stimmung vor Ort hautnah und eingehend. Absolut lohnswert.

Mit der Solidaritätsbekundung für die ukrainischen Freiheitsproteste, zeigen die Ukrainischen Filmtage einmal mehr den starken Wunsch zur europäischen Ausrichtung eines umkämpften Landes, das zwischen den totalitären Werten Russlands und den freiheitlichen Werten der EU steht.

Das vollständige Programm und Tickets der Ukrainischen Filmtage gibt es auf www.babylonberlin.de

Ein Beitrag von Claudia Denecke.

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Von admin

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