Der mit 20.000 Euro dotierte Drehbuchpreis der MFG Filmförderung Baden-Württemberg wird in diesem Jahr zum 18. Mal vergeben. Mit dem Thomas Strittmatter Preis werden jährlich im Rahmen der Berlinale Autorinnen und Autoren ausgezeichnet, die qualitativ hochwertige Fernseh- oder Kinostoffe entwickeln. Preisträgerin des Jahres 2016 ist die Autorin und Regisseurin Katinka Kulens Feistl mit ihrem Drehbuch „Irmas wildes Herz“. Von der Qualität des Werkes konnten sich die über 300 Gäste der feierlichen Preisübergabe in der Landesvertretung in Berlin überzeugen. Die Schauspielerin Katrin Sass trug hier Szenen aus dem prämierten Buch vor.

Jürgen Walter, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg: „Mit dem Thomas Strittmatter Preis bringen wir herausragende Stoffe mit Baden-Württemberg-Bezug auf den Weg. Der Preis und unser differenziertes Fördermodell für Drehbuchautoren ermöglichen auf optimale Weise die Entstehung und Weiterentwicklung der Grundlage für jeden Spielfilm.“

„Mit dem Thomas Strittmatter Preis wollen wir Drehbücher auszeichnen, die das Besondere wagen und kompromisslos auf Qualität setzen. Er ist eine wichtige Aus¬zeichnung, zu der ich der Preisträgerin Katinka Kulens Feistl herzlich gratuliere“, so MFG-Geschäftsführer Prof. Carl Bergengruen. „Der Preis hat schon vielen Autorinnen und Autoren die Tür zu Karriere und Erfolg geöffnet.“

Die scheue Irma hat selbst schon fast mit dem Leben abgeschlossen, als ihre beste Freundin Rosa stirbt. Doch dann findet sie einen Brief, den die Freundin ihr über 40 Jahre vorenthalten hat. Dieser Brief schleudert sie zurück ins Leben, auf eine abenteuerliche Reise, in die Begegnung mit ihrer Vergangenheit, der Liebe und dem Tod. Die ungewöhnliche Coming-of-Age-Geschichte einer 60-Jährigen möchte Katinka Kulens Feistl, die sich mit „Siehst Du mich?“ und „Bin ich sexy?“ (u. a. MFG-Star 2003) als Regisseurin einen Namen gemacht hat, in Heidelberg und Irland umsetzen.

 
Aus der Jurybegründung: „Die Jury erkennt den Thomas Strittmatter Preis 2016 mit großer Sympathie einem Drehbuch zu, das auf lebensbejahende, fast heitere Weise die Geschichte einer älteren Frau erzählt, die ein junges Mädchen geblieben ist, einer Frau, die keine Berührungen mag, obwohl sie sich danach sehnt. Katinka Kulens Feistl zeichnet ihre Irma mit einer Brüchigkeit, Verrücktheit und Wärme, die vor allem in der Beziehung zum machohaften LKW-Fahrer Dillon überrascht, bezaubert und große emotionale (Kino-) Momente hat.“

Aus 26 Einreichungen, die von den Juroren in anonymisierter Fassung gelesen wurden, waren neben „Irmas wildes Herz“ zwei weitere Drehbücher nominiert: Stefanie Fies und Oliver Kracht für „Albkind“ und York-Fabian Raabe für „Borga“ (AT). Bereits die Nominierungen sind mit einem Preisgeld von 2.500 Euro verbunden.

Unter dem Vorsitz von Sherry Hormann (Drehbuchautorin und Regisseurin, u. a. „3096 Tage“ und „Wüstenblume“) gehörten Heide Schwochow, (Drehbuchautorin und Grimme-Preisträger, u. a. „Bornholmer Straße“), Benedikt Röskau (Drehbuchautor u. a. „Nordwand“ und „Romy“) und David Wnendt (Autor und Regisseur, zuletzt „Er ist wieder da“ und „Feuchtgebiete“) der diesjährigen Jury an.

Bisher wurden bereits 13 der preisgekrönten Drehbücher sowie 22 nominierte Bücher verfilmt. Hierzu zählen unter anderem „Es kommt der Tag“ von Susanne Schneider“, „Festung“ von Nicole Armbruster, „Schwester Weiss“ von Dennis Todorovic, „Die Reste meines Lebens“ von Julia C. Kaiser und Jens Wischnewski sowie „Jonathan“ von Piotr. J. Lewandowski, der auf der Berlinale 2016 in der Reihe „Panorama“ seine Weltpremiere gefeiert hat. Der Preisträgerstoff aus dem Jahr 2013 „Die Blumen von gestern“ wurde von Chris Kraus selbst inszeniert und u. a. in Stuttgart von Four Minutes Filmproduktion, Dor Film, dem SWR als federführendem Sender mit Unterstützung der MFG Filmförderung realisiert. Erstes Bildmaterial aus dem Film, der voraussichtlich im Winter 2016 in die Kinos kommt, wurde bei der Preisverleihung gezeigt.

Die Nominierten waren:
Stefanie Fies und Oliver Kracht für „Albkind“
10. Jahrhundert. In einem abgelegenen Dorf kämpfen die Bewohner Nacht für Nacht gegen grauenhafte Albträume. Einzige Hilfe ist das Albkind, ein ausgestoßenes Mädchen, das der Legende nach von einem Nachtdämon gezeugt und mit der Gabe ausgestattet wurde, Albträume zu lindern. Als ein Mönch ins Dorf kommt, um den Aberglauben auszumerzen, wendet die Gemeinschaft sich gegen das Mädchen. Zu spät erkennt er, dass das Albkind seine Tochter ist. Eine Dörflerin stirbt an Fieberträumen. Jemand soll büßen und der Mönch soll den Schuldigen finden.
Das Drama der beiden Studenten der Filmakademie Baden-Württemberg soll im Schwarzwald realisiert werden und wird sowohl das Langfilm-Debüt der in Freiburg geborenen Drehbuchautorin Stefanie Fies als auch des Regisseurs und Co-Autors Oliver Kracht.

York-Fabian Raabe für „Borga“
„Borga“ sind im Ausland lebende Ghanaer, die einen reichen, exzessiven Lebensstil führen. Kojo möchte „Borga“ werden. Dafür nimmt er eine Odyssee über den afrikanischen Kontinent mit vielen Rückschlägen in Kauf, bevor er es nach Deutschland schafft. Hier realisiert er, dass er einem Mythos hinterher gejagt ist. Aber zurück kann er nicht! Nicht ohne das Bild des reichen „Borga“ zu erfüllen.
In dem Kinospielfilm, der als Koproduktion der Chromosom Film in Berlin mit dem SWR als Debüt im Dritten entstehen soll, kontrastiert der dffb-Absolvent York-Fabian Raabe die afrikanische Gemeinde mit der deutschen in Mannheim.

Katinka Kulens-Feistl für „Irmas wildes Herz“
Sie hat sich nach nichts so sehr gesehnt, wie danach, berührt zu werden.
Dabei hat sie ihr Leben lang alles getan, um genau das zu verhindern – Berührungen. Mit 62 Jahren tritt die scheue Irma mit dem raubeinigen, sexbesessenen LKW-Fahrer Dillon eine Fahrt nach Irland an, die mitten ins Herz ihrer eigenen traumatischen Vergangenheit führt. Was als unpersönliche Mitfahrgelegenheit beginnt, wird zu einer Reise voller Verzweiflung, Lachen, Grenzüberschreitungen und einem Vertrauen so tief, wie es beide noch nie zu einem anderen Menschen empfunden haben. Das Coming-Of-Age-Roadmovie, das in Heidelberg und Irland spielt, stammt von der Regisseurin Katinka Kulens-Feistl, die sich u.a. mit „Siehst Du mich?“ und „Bin ich sexy?“ (u.a. MFG-Star 2003) einen Namen gemacht hat.

Im Rahmen der Preisverleihung am 17. Februar 2016 in der baden-württembergischen Landesvertretung wird erstmals Bildmaterial aus „Die Blumen von Gestern“ zu sehen sein, wofür Chris Kraus 2013 den Thomas Strittmatter Preis erhielt. Mit „Jonathan“ von Piotr J. Lewandowski und „Die Reste meines Lebens“ von Jens Wischnewski sind im letzten Jahr zwei weitere Nominierungs-Stoffe abgedreht worden, die 2016 ihre Premieren feiern werden.

Erfolgreiche Verfilmungen des Drehbuchpreises
Seit der Stiftung des Thomas Strittmatter Preises wurden sowohl junge Talente als auch etablierte Autoren zu Preisträgern gekürt. Die Auszeichnung ermöglicht den Autoren ein freies Arbeiten auf dem Weg zum fertigen Film und führte damit erfolgreich zur Verwirklichung vieler Drehbücher. Die Quote der Verfilmungen liegt bei rund 90 Prozent. Eine Liste aller verfilmten Drehbücher, die mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnet wurden, steht unten zum Download bereit.

In den letzten Jahren wurden ES KOMMT DER TAG (2008) von Susanne Schneider, BIS AUFS BLUT – BRÜDER AUF BEWÄHRUNG (2009) von Oliver Kienle, FESTUNG (2010) von Nicole Armbruster, FÜNF JAHRE LEBEN (2011) von Stefan Schaller, WILLKOMMEN BEI HABIB (2012) von Michael Baumann und Sabine Westermaier sowie zuletzt DIE BLUMEN VON GESTERN (2013) von Chris Kraus verfilmt.

Hintergrundinformationen
Der am 18. Dezember 1961 in St. Georgen geborene Thomas Strittmatter verfasste zahlreiche Hörspiele, Romane und Drehbücher und studierte darüber hinaus Malerei an der Staatlichen Akademie für Bildende Künste in Karlsruhe. Als Drehbuchautor schrieb er nach "Polenweiher" die Filmvorlagen für "Drachenfutter", "Das Königsstechen", "Winckelmanns Reisen", "Auf Wiedersehen Amerika", "Bohai Bohau" und "Viehjud Levi". 1994 wurde er mit dem Bayerischen Filmpreis-Drehbuchpreis ausgezeichnet. Strittmatter verstarb bereits im Alter von 33 Jahren an einem Herzinfarkt.
"Thomas Strittmatter war einer der herausragendsten jungen Theater-, vor allen Dingen aber auch Drehbuchautoren, die in der Bundesrepublik gewirkt haben und die beiden Regisseure Jan Schütte und Didi Danquart, die vor allem mit ihm gearbeitet haben, sind ebenfalls dem Land eng verbunden", begründete die damalige MFG-Geschäftsführerin Gabriele Röthemeyer die Umbenennung des von der MFG Filmförderung Baden-Württemberg gestifteten Preises von "Baden-Württembergischer Drehbuchpreis" in "Thomas Strittmatter Preis" im Jahr 2008.
In seiner Laudatio während der Preisverleihung am 13. Februar 2008 beschreibt Jan Schütte Thomas Strittmatter als einen "Geschichtenerzähler, der auch unterhalten wollte, der Sinn für Witz und Ironie hatte, und Lust an der Komik des Alltäglichen".
Bisherige Preisträger/innen
2015 Inna Dietz für UND NICHTS UM UNS ALS STERNE
sowie Simon X. Rost für DIE ABKRATZER
2014 Peter Evers für G’STÄTTEN
2013 Chris Kraus für DIE BLUMEN VON GESTERN
2012 Michael Baumann und Sabine Westermaier für WILLKOMMEN BEI HABIB
2011 Stefan Schaller für FÜNF JAHRE LEBEN
2010 Nicole Armbruster für FESTUNG
2009 Oliver Kienle für BIS AUFS BLUT – BRÜDER AUF BEWÄHRUNG
2008 Susanne Schneider für ES KOMMT DER TAG
sowie Beate Rygiert für BRONJAS ERBE
2007 Johanna Stuttmann für NACHT VOR AUGEN
2006 Silke Steiner für WAS MAN LIEBT
2005 Holger Karsten Schmidt für DER KLEINE FRIEDEN IM GROSSEN KRIEG
2004 Chris Kraus für VIER MINUTEN
sowie Matthias Pacht und Alexander Buresch für DAS WAHRE LEBEN
2003 Dirk Kummer für STILLE POST
2002 Iain Dilthey und Silke Parzich für DAS VERLANGEN
2001 Sabine Brodersen für BIN ICH SEXY?
2000 Maggie Peren für KISS AND RUN
1999
Anne Wild und Stefan Dähnert für WAS TUN, WENN’S BRENNT

Volltext nach Login

Von admin

Schreibe einen Kommentar