Zum sechsten Mal wurde heute Abend der Roland Berger Preis für Menschenwürde vergeben. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hielt die Laudatio bei der Preisverleihung im Jüdischen Museum Berlin. Gemeinsam mit dem ehemaligen Präsidenten der Europäischen Kommission Prof. Dr. Romano Prodi, Mitglied im Preisvergabekomitee der Roland Berger Stiftung, und Stifter Prof. Dr. h.c. Roland Berger zeichnete er die Preisträger aus.
Aus aktuellem Anlass stand in diesem Jahr das Thema Flüchtlinge im Mittelpunkt der Preisverleihung. Der Preis geht an die maltesische Anwältin und Direktorin des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in Malta, Dr. Katrine Camilleri, an die eritreisch-italienische Menschenrechtlerin Dr. Alganesc Fessaha und an die kongolesische Schulorganisation Petite Flamme.
Dr. Katrine Camilleri leistet seit mehr als 20 Jahren rechtliche Einzelfallhilfe und persönliche Unterstützung für viele tausend Bootsflüchtlinge, die die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer überlebt haben und in maltesischen Aufnahmelagern untergebracht sind. Seit 2011 leitet Dr. Camilleri das Malta-Büro der internationalen Flüchtlingsorganisation „Jesuit Refugee Service“ (Jesuiten-Flüchtlingsdienst). Die Organisation war im Jahr 2002 die erste, die regelmäßig Flüchtlinge in den Auffanglagern Maltas juristisch betreute. Seitdem haben Dr. Camilleri und ihre 18 Mitarbeiter Tausenden Flüchtlingen rechtlich und persönlich- psychologisch beigestanden, Besuche organisiert und Zugang zur Gesundheitsfürsorge verschafft. „Diese Auszeichnung bedeutet uns allen hier beim JRS Malta sehr viel; sie bestätigt uns in unserer Arbeit und in dem Weg, den wir eingeschlagen haben“, so Dr. Katrine Camilleri. „Der tragische und unnötige Tod hunderter Männer, Frauen und Kinder vor unseren Küsten in den letzten beiden Wochen muss uns Ansporn sein, unsere Ängste und die engen Grenzen dessen zu überwinden, was wir als unsere nationalen und regionalen Interessen betrachten.

 

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission Prof. Dr. Romano Prodi und Stifter Prof. Dr. h.c. Roland Berger überreichen den Roland Berger Preis für Menschenwürde 2014/15 an die maltesische Anwältin und Direktorin des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in Malta, Dr. Katrine Camilleri, an die eritreisch-italienische Menschenrechtlerin Dr. Alganesc Fessaha und an die kongolesische Schulorganisation Petite Flamme.

Wir sollten uns vielmehr fragen, wie wir zusammenarbeiten können, um sicherzustellen, dass Menschen, die dringend Schutz benötigen, ihn auch bekommen können, ohne bei dem Versuch ihr Leben zu lassen. Wir brauchen eine Asylgesetzgebung und eine Asylpolitik, die den Bedürfnissen der Flüchtlinge wirklich gerecht wird, und dazu gehört auch, ihnen sicher und gesetzeskonform zu ermöglichen, Zugang zu Schutz in Europa zu erhalten.“

Dr. Alganesc Fessaha befreit Flüchtlinge aus der Gewalt von Menschenhändlern und macht weltweit auf das Schicksal von Flüchtlingen aufmerksam, die im ägyptischen Sinai und in Libyen Opfer schlimmster Misshandlungen durch Schlepperbanden werden. Dr. Fessaha fährt regelmäßig in den Sinai und nach Libyen, wo sie unter großem persönlichen Risiko und mit Hilfe lokaler Machthaber Verschleppte ausfindig macht, sie ohne Lösegeld zu zahlen aus Folterkellern befreit und an den UNHCR oder an andere Flüchtlingsorganisationen übergibt. 2003 gründete sie gemeinsam mit anderen Medizinern und Freunden die NGO „Gandhi“, die sich in 12 nordafrikanischen Ländern um Flüchtlinge und Waisenkinder kümmert und Ernährungs- und Gesundheitsprogramme in Flüchtlingscamps aufbaut. „Ich fühle mich sehr geehrt, den Roland Berger Preis für Menschenwürde zu erhalten“, sagte Dr. Fessaha anlässlich der Preisverleihung. „Diese Auszeichnung ist ein ganz besonderes Zeichen der Wertschätzung unserer wichtigen Arbeit und ich hoffe, dass sie andere Menschen ermutigt, sich ebenfalls für den Schutz von Flüchtlingen einzusetzen.“

Das kongolesische Schulprojekt Petite Flamme betreibt Schulen für 2.200 Kinder, die in den Slums der Hauptstadt Kinshasa aufwachsen. Petite Flamme ist die einzige Schulorganisation in der Demokratischen Republik Kongo, in der die Kinder Unterrichtsmaterialien, Schuluniformen, Essen und eine vollständige Gesundheitsversorgung erhalten. Das Schulprojekt wird geleitet von den beiden kongolesischen Lehrern Dada Diambu und Odon Makela. Entstanden ist Petite Flamme vor 20 Jahren auf Initiative der deutschen Theologin Dr. Monika-Maria Wolff und der christlichen Fokolar-Bewegung, einer in der ersten Hälfe des 20. Jahrhunderts in Italien entstandenen katholischen Gemeinschaft. Flottillenadmiral a.D. Henning Bess und seine Frau Jule Müller stellen seit 2006 die nachhaltige Unterstützung des Projektes von Deutschland aus sicher. Als deutscher Kontingentsführer der EUFOR-Mission zur Sicherung der ersten demokratischen Wahlen im Kongo hatte Henning Bess damals mit seinen 780 deutschen Soldaten die Schulen von Petite Flamme besucht. Viele Soldaten übernahmen spontan Patenschaften für 20 Euro jeden Monat für Kinder. Die Patenschaften bestehen bis heute fort. „Die Aufmerksamkeit und Anerkennung, die allen Mitwirkenden mit dieser Auszeichnung zuteil werden, geben die Hoffnung und die Kraft, die sie für ihre tägliche große Aufgabe brauchen“, sagten Henning Bess und Jule Müller anlässlich der Preisverleihung an Petite Flamme. „Für uns sowie für alle Paten und Sponsoren ist es eine wunderbare Bestätigung, dass die geleistete Hilfe der richtige Weg ist. Die Auszeichnung ist gleichzeitig Ansporn für die Zukunft, nicht nachzulassen.“ Die Schulleiterin Dada Diambu ergänzte: „Der Roland Berger Preis für Menschenwürde ist für uns ein bedeutendes Zeichen der Anerkennung für unsere Bemühungen, Kinder in schwierigsten Situationen zu betreuen. Er ist ein Zeichen der Sichtbarkeit unserer Arbeit in der Welt.“

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier würdigte in seiner Laudatio das unermüdliche Engagement der drei Preisträger: „Mehr als 50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, so viele, wie seit dem Ende des zweiten Weltkriegs nicht mehr. Jeder Einzelne hat eine eigene schmerzvolle Geschichte zu erzählen. Die Preisträger des Roland Berger Preises für Menschenwürde hören diese Geschichten mit eigenen Ohren. Denn sie helfen vor Ort. Ihr Engagement mahnt uns alle, dass uns das Schicksal von Flüchtlingen nicht kalt lassen darf. In diesen Zeiten von Flucht und Vertreibung brauchen wir den Mut, den diese Helfer täglich unter Beweis stellen.“

Über die Auswahl der diesjährigen Preisträger sagte Stifter Prof. Dr. h.c. Roland Berger:

„Die Flüchtlingsthematik ist zweifellos eines der drängendsten Probleme unserer Zeit. Allein in den vergangenen zwei Wochen mussten wir miterleben, wie tragische Bootsunglücke das Leben von über 1000 Flüchtlingen forderten, die auf dem Weg nach Europa waren. Unsere Preisträgerinnen und Preisträger sind drei beeindruckende Vorbilder, wie man sich nachhaltig und erfolgreich für den Schutz dieser Flüchtlinge einsetzen oder sogar einer Flucht vorbeugen kann.“

Die Roland Berger Stiftung ist eine rechtsfähige öffentliche Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in München. Sie wurde von Prof. Dr. h.c. Roland Berger am 27. März 2008 gegründet. Die Roland Berger Stiftung ist mit einem Stiftungskapital von zunächst 50 Millionen Euro aus dem persönlichen Vermögen des Stifters dotiert und verfolgt zwei Zwecke. Beide dienen dem Ziel einer gerechten Chancenverteilung: Mit dem Roland Berger Preis für Menschenwürde ehrt die Stiftung Personen und Organisationen weltweit, die sich vorbildlich und erfolgreich für den Schutz der Menschenwürde einsetzen. Darüber hinaus fördert die Stiftung mit dem Deutschen Schülerstipendium begabte Kinder und Jugendliche mit schwierigen Startbedingungen auf ihrem Bildungsweg zum Abitur.

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Von admin

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