»Wild celebration« – Marc Almond live in Hamburg im Grünspan

 

Im März dieses Jahres veröffentlichte er ein neues Album mit dem Titel »The Velvet Trail«; eine Club-Tour führte ihn an vier Abenden nach Deutschland. Am 16.09.2015 präsentierte Marc Almond eine Auswahl alter und neuer Songs in Hamburg. Als Location war das »Grünspan« gewählt worden; Ende des 19. Jahrhunderts als ‚Tanzsalon‘ erbaut ist der rund 1000 Zuschauer fassende Raum mit seinen Ziegelstein-Wänden, den verzierten Säulen und der Empore wirklich stimmungsvoll und ein großartiger Ort für ein Konzert. In St. Pauli in der Großen Freiheit gelegen spiegelt die Umgebung in perfekter Weise die von Marc Almond oft besungene ‚dirt behind the neon‘-Atmosphäre. Der Saal war gut gefüllt, als Marc Almond pünktlich um 20 Uhr unter großem Jubel die Bühne betrat. Überraschenderweise begleiteten ihn nicht nur Schlagzeuger, Gitarrist und Keyboarder, sondern auch zwei blonde Backgroundsängerinnen, die Marc Almond bereits auf dem neuen Album begleiteten und seiner Musik auch an diesem Abend eine besondere Note verliehen. An die Fläche unmittelbar hinter der Bühne wurden während des gesamten Konzertes wechselnde Visualisierungen projiziert.

Marc eröffnete das Konzert mit dem schönen Song »Minotaur«, gefolgt von »Bad To Me«, beide vom neuen Album. Mit »The Stars We Are« und Gene Pitneys Hymne »Something’s Gotten Hold of My Heart«, seinem kommerziell erfolgreichsten Song aus seiner Zeit als Solo-Künstler, erreichte die Begeisterung einen ersten Höhepunkt. Mit »Darker Times« spielte er auch ein spätes Soft Cell Stück aus der Zeit der Reunion 2001. Besonders bejubelt wurde das düstere »Black Heart«, welches im Rahmen seines Solo-Projektes MARC & THE MAMBAS im Jahr 1983 entstanden war.

Marc Almond spielt bei Auftritten seine Songs nicht einfach wortlos herunter, sondern kommuniziert mit dem Publikum. Zu dem nächsten Stück »The Velvet Trail« erklärte er, dass es ein melancholischer Rückblick des inzwischen 58jährigen Sängers auf seine Jugend in der nordwest-englischen Kleinstadt Southport sei; auf den Bühnenhintergrund wurde parallel dazu das offizielle Musik-Video projiziert.
Es folgten die beiden herausragendsten Stücke des neuen Albums: Zuerst »Scar«, ein sehr ruhiges und gefühlvolles Stück, das von einer unglücklichen Liebe handelt, dann das mitreissende »Zipped Black Leather Jacket« mit seinem provokativ-ironischem Inhalt, dessen Darbietung durch die engelhaften Backing-Vocals der beiden Sängerinnen wirklich phantastisch war. Auf die Single »Tears Run Rings« folgte das melancholische »Meet Me In My Dream«, dessen Refrain von den Anwesenden enthusiastisch mitgesungen wurde. Ein weiterer Höhepunkt war das bittersüsse »Brilliant Creatures«, das mit seinem treibenden Dance-Beat das Publikum mitriss. War der Jubel bereits riesengroß, so steigert er sich nochmals, als die Zuschauer bereits an den ersten Klängen die 1981er Soft Cell Single »Bedsitter« erkannten.

Als letztes Stück singt Marc Almond überraschenderweise »Soul Inside«, Soft Cells phänomenale 1983er Single. Und was für eine unglaubliche Version er dem Publikum präsentiert! Marc singt voller Enthusiasmus, der Schlagzeuger hämmert dazu einen druckvollen Dance-Beat – ein beinahe punkig anmutendes Gesamtkunstwerk! Als er in der zweiten Hälfte des Stückes mehrfach eine ‚wild celebration‘ besingt, steht er auf der Bühne in unmittelbarer Nähe zu seinen beiden Backgroundsängerinnen: einander zugewandt rufen sich die drei abwechselnd wieder und wieder das Wort ‚wild‘ entgegen – allein diese unfassbare »Soul Inside«-Performance macht das Konzert zu einem echten Erlebnis. Begleitet von ohrenbetäubendem Jubel verabschiedet sich Marc Almond von der Bühne – um nach einigen Minuten für drei Zugaben zurückzukehren.

Überraschenderweise wird dem ‚Electro-Popper‘ nun eine E-Gitarre umgehängt: Marc spielt zuerst den Song »Gutterhearts« von seinem ersten Solo-Album, und zwar in einer extra-krachigen Version, bei der er zusammen mit seinem Gitarristen Neal X rabiat die Gitarrensaiten bearbeitet. Die zweite Zugabe ist der zeitlose Soft Cell Hit »Tainted Love«, zu dem auch die Anwesenden im Hamburger Grünspan begeistert tanzen und mitsingen. Das wirklich letzte Stück des Abends ist die Soft Cell Hymne »Say Hello, Wave Goodbye«. Das Publikum singt nun dermaßen enthusiastisch mit, dass Marc Almond immer wieder sein Mikrophon erfreut lächelnd einfach der Menge entgegen hält. Nach diesem umjubelten Schlusspunkt des Konzertes treten alle Mitglieder der ihn begleitenden Band zu ihm an den vorderen Rand der Bühne, verbeugen sich unter Standing Ovations vor dem euphorischen Publikum und verschwinden schließlich endgültig im Backstage-Bereich.

Trotz bereits begonnener ‚Rausschmeissmusik‘ bleiben die begeisterten Zuschauer allerdings einfach vor der Bühne stehen und jubeln minutenlang weiter. Erst als einige Zeit später drei Roadies die Mikrofone aus den Halterungen nehmen, ebbt der Jubel ab und die Besucher verlassen den Ort des Geschehens. Dies war ohne Übertreibung ein unvergesslicher Abend!

Setlist des Marc Almond Konzertes vom 16.09.2015 in Hamburg:

01. Minotaur
02. Bad To Me
03. The Stars We Are
04. Burn Bright
05. Something’s Gotten Hold of My Heart (Gene Pitney cover)
06. Variety
07. The Dancing Marquis
08. Darker Times (late Soft Cell song)
09. Champagne
10. Black Heart (Marc & the Mambas song)
11. The Velvet Trail
12. Scar
13. Zipped Black Leather Jacket
14. Demon Lover
15. Tears Run Rings
16. Meet Me In My Dream
17. Brilliant Creatures
18. Bedsitter (Soft Cell song)
19. Soul Inside (Soft Cell song)
Zugabe:
21. Gutter Hearts
22. Tainted Love (Soft Cell song, Gloria Jones cover)
20. Say Hello, Wave Goodbye (Soft Cell song)

Sven