Die Speisekarte wird uns in Form eines mit einem Bonmot einer berühmten Persönlichkeit versehen Briefes überreicht; eine schöne Idee. Die Weinkarte hingegen erscheint 4.0-mäßig auf einem Tablet und ist für Berliner Verhältnisse ungewöhnlich reichhaltig, auch gerade was Schaumweine und Raritäten betrifft. Das ist das Verdienst von Sommelliere …Durch das Coravin-System kann man sich ganz entspannt durch die Weinkarte probieren und auch jenseits der stets treffsicheren Empfehlungen der Chefin den einen oder anderen Tropfen kennenlernen.
Als Gruß aus der Küche erwartet uns eine beeindruckend locker-fluffige Falafel-Praline und Jouba-Sticks (dehydrierte Sojamilch). Überzeugend der Riesling Brut von Frank Jahn aus der Pfalz, 32 Monate auf der Hefe gelegen, cremig und mit nicht so starker Restsäure.
Wir starten mit einem ausgewogen süß-frischen Wassermelonen-Tatar mit weißen Bohnen. Es folgt eine liebevoll „Sommerauster“ getaufte Vorspeise mit Zabaione, Salzzitrone, feinen Äpfeln und Seegras gestockt. Ein Gaumfeuerwerk.
Begleitet werden die Vorspeisen von einem „Cote du Rhone Condrieu 2015“, schlank, elegant und cremig und einem weißen Rioja Ebro Vino Gravonia 2007, kräftig, elegant und würzig.
Es folgt ein leichtes Saschimi vom Hamatschi mit Artischocken, Zitronen und Tulum mit korrespondierendem autochtonen Wein von Santorini, ein Vulkan-mineralischer Thalassis.
Der libanesische Chateau Musart 1998 Gaston Hochtar aus der Bekaa Ebene ist fröhlich säuregetrieben, etwas brettig, wachsig und dirty und umschmeichelt das zarte und leichte Weidelamm Tatar aus zwei Mini Carrés mit Radieschen, Mango und Sesam. Ein Gedicht!
Die Bresse Poulard mit Granatapfel und Roter Beete auf 6 Monate reifen Sushi-Reis wird durch einen kräftigen, leicht fruchtigen Margon 2014 Beaujolais aus dem Süd-Burgund begleitet.
Sämtliche äußerst kunstvoll komponierten Speisen werden auf jeweils individuellem Service ausgereicht und kommen teilweise faszinierend dekonstruiert an den Tisch.
Überragend, wenn man überhaupt bei dieser hochkarätigen Küche noch Abstufungen wagen mag, ist der Wolfsbarsch an Ackerbohnen, Calamaretti und Tahina-Sesampaste. Optimale Konsistenz gepaart mit einer feinen Zitrusnote. Passend dazu der Sauvignon Blanc 2016 von Neumeister aus der Süd-Steiermark.
Korrespondierend zum Lamm an karamellisierter Aprikose und feinen Zwiebeln wird uns ein Lewinschu Garage de Papa Rouge 2010 gereicht, der in gewisser Weise einen neuen, fast revolutionären Weg mediterraner Rotweine einschlägt und vollumfänglich Gefallen findet.
Zum Verschnaufen erwartet uns ein edles und zartes Basilikumsorbet mit Baisserblättchen, Roter Beete und Rharbarbar. Erfrischend.
Abschließend werden wir mit zwei Desserts verwöhnt. Milch und Honig, auch wieder dekonstruiert und mit neuen Geschmäckern für Europa.
Das Mandschari mit Aubergine, Kaffee, Maracuja und Tabak kommt sehr laut und meinungsvoll rüber. Richtiger Sparringspartner ist hier die Muskat Auslese Kracher 2015 aus dem Burgenland. Ein Festival der Sinne und Genüsse.
Die berühmte Berliner Mischung hat es Gal sofort angetan. Berlin sei neu, divers, offen (open minded) für Fremde, aber auch rauh und ehrlich. Nichts sei in Stein gemeißelt, viel Dynamik spürbar. Und so kann man sicherlich auch das Bild der Karawane benutzen, die weiterzieht. Anfangs allerdings hatte Gal doch ein wenig bedenken, ob der verfügbaren Zutaten und ist ausgestattet mit 10kg Gewürzen vor fünf Jahren nach Deutschland gekommen, um mit seiner modern interpretierten arabisch-levantinischen Küche, neue, für uns exotisch anmutende Geschmacksnoten aus dem Morgenland zu vermitteln und uns kleinere oder größere kostbare Kunstwerke auf den Teller zu zaubern.
Volltext nach Login