Im_Duett,_zu dritt oder in vielteiligen Serien formieren sich Fotografien zu Kunstwerken und Bildereignisse ganz eigener. Im Museum für Fotografie wird dieses spannende Phänomen erstmals zum Thema einer Ausstellung: „Ein Foto kommt selten allein“. Aus den Neuerwerbungen von der Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek in Berlin komponieren verschiedene Fotos der letzten 25 Jahre ein Ausstellungsparcours, der die ganze Vielfalt der historischen Bestände thematisch auf Menschen, Gebäude und experimentelle Szenerien fokussiert. Vom 11. Februar bis 5. Juni 2016.

 

Ein technisches Bildmedium wie die Fotografie ist geradezu prädestiniert für die Vervielfältigung und Wiederholung. Die Möglichkeit, mit mehreren Aufnahmen über ein Bild hinaus mit weiteren Bildern metaphorisch in Raum und Zeit hinauszugreifen, faszinierte die Fotografen bereits im 19. Jahrhundert. Durch die Beobachtung Begebenheit aus verschiedenen Blickwinkeln, bleibt es selten bei nur einem Foto. 

In der neuen Ausstellung „Ein Foto kommt selten allein“ wird die Vielfalt des fotografischen Archivs des Kunstbibliothek in Berlin deshalb als Paare oder in Gruppen, Abfolgen, Sequenzen, Zyklen und Serien gezeigt.

Die Serialität des Mediums Fotografie zur Grundlage konzeptueller Arbeit zu machen und durch Koppelung mehrerer Fotografien einen Mehrwert zu generieren, ist vor allem ein Kennzeichen der Moderne. Deshalb wurde die Auswahl, der in der Ausstellung gezeigten Werke auf das 20. und 21. Jahrhundert konzentriert. Unter den über 180 Arbeiten von 45 Fotografinnen, Fotografen finden sich sowohl ungeahnte Neuentdeckungen, von Fotokünstlern, die in der Geschichte der Fotografie bisher kaum berücksichtigt wurden als auch erheiternde Wiederbegegnungen mit bedeutenden Werken des 20. und 21. Jahrhunderts. Dazu gehören zum Beispiel Otto Steinert, Boris Mikhailov, Francesca Woodman, Barbara Klemm, Man Ray, Anna und Bernhard Blume.

Die Präsentation ist in die drei große Themenblöcke „Menschen“, „Architekturen“ und „Experimente“ gegliedert. Der Abschnitt „Menschen“ zeigt Starporträts aus den 1920er- und 1930er-Jahren von Martin Badekow (Marlene Dietrich) und Brigitte von Klitzing (Pola Negri), Selbstporträts von Josef Faustin, Aufnahmen einer Body-Builderin von Willy Fleischer, gewagte Experimente mit der Perspektive von Willi Ruge, Bildessays aus Ost-Berliner Kneipen von Helga Paris, aus spanischen Cafés von Dirk Alvermann oder aus einem italienischen Frisiersalon von Francesca Bertolini, Boris Mikhailovs Serie über den Alltag der Stadt Charkow, Louis Stettners Liebesbilder und -gedichte für seine Frau Janet, ein Triptychon des Ballettstars Vladimir Malakhov von Dieter Blum, Duane Michals‘ Porträtfolge von Andy Warhol, Körperexperi-mente von Dieter Appelt, Gerd Bonfert und Francesca Woodman sowie Studien zum Menschenbild mit Substituten von Claudia Fährenkemper, Robert Hehlke und Allan McCollum/Laurie Simmons.

Im Abschnitt „Architekturen“ sind ebenso klassische Dokumentationen wie ungewöhnliche Annäherungen an die Gattung Architekturfotografie zu finden: Einsame Tore von Cesare di Liborio, atmosphärisch dichte Annäherungen an die Antike von Vasco Ascolini, streng aufgefasste armenische Bushaltestellen von Ursula Schulz-Dornburg, Berliner Mauern von Janos Frecot, monumentale Architekturabstraktionen von Dokyun Kim, eine Serie über Kunst am Bau von Robert Häusser, Werbung für den Stahlbau von Karl Hugo Schmölz und für die petrochemische Industrie von Ludwig Windstosser, eine Dokumentation aus der Friedrichswerderschen Kirche von Hillert Ibbeken, Takashi Hommas Bildpaar „Tokyo and my Daughter“, Fensterbilder von Karl-Ludwig Lange und Andres Kilger, Barbara Klemms Ruinenfotos des ehemaligen Museums für Kunstgewerbe, Aufnahmen vom Kaisersaal des Landwehrkasinos – bevor es zum Museum für Fotografie wurde – von Sabine Felber und André Kirchner sowie Eisenbahnschienenfotos von Aenne Biermann, Otto Steinert und Ivo Přeček.

Im Bereich „Experimenten“ sind Fotogramme von Man Ray, Gerda Schütte und Floris Michael Neusüss, Farb-luminogramme von Heinz Hajek-Halke, Mikrofotografien von Alfred Ehrhardt, eine fotografische Tunneldurchfahrt von Richard Boulestreau, Fotocollagen von Hetum Gruber, Mauerfotos von Hans Christian Adam sowie der surreale Tellertraum von Anna und Bernhard Johannes Blume zu sehen.

Die Exponate der Ausstellung stammen aus der reichen Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek, die seit 2004 das Museum für Fotografie in Kooperation mit der Helmut Newton Foundation betreibt. Seit 150 Jahren sammelt die Kunstbibliothek Werke der Fotokunst und Belege der Fotografie-Geschichte. Wurden im 19. Jahrhundert zunächst nur dokumentarische Fotografien von Gebäuden und Gegenständen des Kunstgewerbes erworben, entwickelte sich das Haus um 1910 zu einem Zentrum der aufstrebenden Kunstfotografie. Hier wurde eine der ersten musealen Sammlungen des Piktorialismus angelegt. Gleichermaßen wurden in den 1920er-Jahren die Strömungen der Avantgarde – das Neue Sehen – ausgestellt und gesammelt. Nach 1933 kam die Sammeltätigkeit im Bereich Fotografie weitgehend zum Erliegen. Umso spannender sind die Erwerbungen der zurückliegenden 25 Jahre, vor allem die großzügigen Gaben von Fotografinnen und Fotografen, von Mäzenen und dem Verein der Freunde des Museums für Fotografie.

„In Zeiten knapper Erwerbungsmittel ist es für öffentliche Sammlungen besonders wichtig, Gönner und Freunde zu haben, die sich für den kontinuierlichen Ausbau einer so hochkarätigen Sammlung einsetzen. Jedes Geschenk hat ein multiplikatorisches Potenzial – weil es eine Sammlung glücklich macht und weil eine glückliche Sammlung immer eine attraktive Adresse für weitere Schenkungen ist,“ kommentiert Moritz Wullen, Direktor der Kunstbibliothek, die Ausstellung.

 
 
Jebenstraße 2
10623 Berlin
 

Öffnungszeiten

Di, Mi, Fr 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr, Sa+So 11 – 18 Uhr

 

Von admin

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