Wer dieser Tage im Grunewald Richtung Hundekehle unterwegs ist und am wohl schönst gelegenen Tennisclub der Hauptstadt vorbei fährt, nimmt automatisch Tempo weg, um mehr von dem mit zu bekommen, was sich dort gerade wieder abspielt. Denn da, wo vor kurzem noch die Legenden des weißen Sports aufgeschlagen haben, geht es derzeit schon wieder richtig rund. Im Rahmen der 14. European Maccabi Games 2015 kämpfen derzeit 200 Athleten aus 22 Ländern im blitzblanken Steffi Graf Stadion und auf den 16 penibel gepflegten Sandplätzen des LTTC Rot Weiß Berlin um Medaillen.
Ob es in der Geschichte des Clubs schon einmal ein solch polyglottes Stelldichein von Turniersportlern aus gefühlten sechs Generationen gegeben hat, darf aufgrund der momentan geradezu babylonisch anmutenden Sprachenvielfalt auf rot-weißem Grund getrost bezweifelt werden. Während ein Team aus England den Satzball ihres grandios aufspielenden Doppels bejubelt, fordern argentinische Unterstützer lautstark mehr Leidenschaft und Kampfgeist bei ihren Protagonisten ein. Stars & Stripes dekorierte US Athleten nehmen einen Drink an der Bar des Grand Slam und ein ganz offensichtlich internationaler Mix spielfreier Twens genießt den sommerlichen Badespaß am See, der sich eben nur hier so „closed 2 court“ erleben lässt. Neben der sehr entspannten Atmosphäre fällt auf, dass sich vor allem die älteren Sportlerinnen und Sportler wie auch Gäste und Besucher oftmals spontan zunicken und einander mit einer vorauseilenden Freundlichkeit begegnen, die ahnen lässt, wie sehr sich alle hier darüber freuen, dass es so weit gekommen ist.
Ein Gewinner steht übrigens jetzt schon fest. Nämlich der Sport und seine therapierende Wirkung in Sachen Völkerverständigung und Aussöhnung. Der erste deutsche Maccabi-Präsident, Harry Schartenberg, erklärte 1965 anlässlich der Gründung der deutschen Sektion “Wir versuchen heute, die jüdische Jugend in Deutschland auch im deutschen Sport zu integrieren und den Gedanken an Israel zu pflegen“. 50 Jahre später scheint das und Einiges mehr ausgerechnet in Berlin außerordentlich gut zu gelingen.
Foto: Claudio Gaertnerer
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