Gratulation von inhaftierter Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi | Laudator Can Dündar: „Scharfsinnige Reporterin und entschlossene Kämpferin für Pressefreiheit und Meinungsvielfalt“ | Düzen Tekkal: „Auszeichnung ist gleichermaßen Ehrung und Motivation“ | MVFP verleiht den mit 10.000 Euro dotierten Preis im Rahmen der Mediennacht der freien Presse |
Berlin, 6. Juni 2024 – Die Journalistin, Kriegsberichterstatterin und Menschenrechtlerin Düzen Tekkal wurde heute Abend im Rahmen der Mediennacht der freien Presse in Berlin mit dem Pressefreiheitspreis 2024 des Medienverbands der freien Presse (MVFP) ausgezeichnet. Sie sei „nicht nur eine scharfsinnige Reporterin, sondern auch eine entschlossene Kämpferin für Pressefreiheit und Meinungsvielfalt“, betonte der türkische Exiljournalist und Autor Can Dündar vor über 450 Gästen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft – darunter Margot Friedländer, die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir – in seiner Laudatio.
„Es gibt immer wieder Menschen, die auffallen, durch besonderes Engagement, durch besonderen Mut, durch besondere Leidenschaft. Menschen, die inspirieren und Vorbilder für uns alle sind. Mit Düzen Tekkal ehren wir heute einen solchen Menschen mit dem Pressefreiheitspreis des Medienverbands der freien Presse“, so MVFP-Vorstandsvorsitzender Philipp Welte.
„Um wirklich zu verstehen, was Pressefreiheit bedeutet, musste ich erst in Länder reisen, in denen sie in Gefahr ist und nicht gewährt wird. Dort habe ich mutige Menschen getroffen, die bereit waren, für diese Freiheit jahrelang ins Gefängnis zu gehen oder sogar zu sterben. Deshalb weiß ich jeden Tag, wenn ich aufwache, dass Freiheit und Pressefreiheit keine Selbstverständlichkeit sind, sondern ein hohes Gut, ein Geschenk – auch nicht hier in Deutschland. Aus diesem Grund ist mein Engagement für mich alternativlos, unabhängig davon, was das im Umkehrschluss bedeutet. Auch Morddrohungen können mich nicht davon abhalten, für unsere Freiheit einzutreten“, unterstrich Düzen Tekkal. „Diese Auszeichnung ist für mich eine große Ehre und zugleich Motivation, weiter für Pressefreiheit und Meinungsvielfalt in einer pluralistischen Gesellschaft zu kämpfen.“
Gratulationsbrief von inhaftierter Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi
Die im iranischen Evin-Gefängnis inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi gratulierte Düzen Tekkal in einem Brief zur Verleihung des Pressefreiheitspreises. Als besonderen Programmpunkt und Überraschung für Düzen Tekkal und alle Gäste verlas Mariam Claren, Tochter der ebenfalls im Evin-Gefängnis inhaftierten Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi, die zusammen mit Narges Mohammadi dort in Haft ist, diesen Brief: „Von ganzem Herzen gratuliere ich dir zu dieser wichtigen Auszeichnung. Dein Name fällt oft hier im Evin-Gefängnis. Als kurdische Jesidin weißt du am besten, wie wichtig der Kampf um Menschenrechte ist, wie wichtig der Kampf um Meinungs- und Pressefreiheit ist. (…) Ich danke dir, dass du der Frau-Leben-Freiheit-Bewegung, den politischen Gefangenen und den unterdrückten Frauen Irans zur Seite stehst. Ich hoffe, dass wir an dem Tag der Befreiung Irans zusammen sein werden und gemeinsam das Lied von Freiheit singen“, schrieb Narges Mohammadi.
„Düzen Tekkal ist in ihrem Einsatz für Presse- und Meinungsfreiheit so couragiert, klug und geradlinig, wie es sich eine Gesellschaft nur wünschen kann. Die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi würdigt das Engagement von Düzen Tekkal mit bewegenden Worten direkt aus dem Gefängnis im Iran“, so Stephan Scherzer, Bundesgeschäftsführer des MVFP.
Als Preisträger der „Victoria für Pressefreiheit“ sei es ihm, so Can Dündar, eine ganz besondere Ehre, die Laudatio auf diese außergewöhnliche Kollegin zu halten, die „ein leuchtendes Beispiel sei, für Menschen, die auf der Seite der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Freiheit stehen.“ Sie agiere mit einer starken Persönlichkeit, mit Überzeugungskraft und vor allem mit einem unermüdlichen Einsatz für demokratische Prinzipien. „Unsere Welt braucht mutige Menschen wie Düzen Tekkal, die nicht wegschauen oder zurückweichen, sondern bereit sind, Risiken einzugehen und für Menschenrechte, Freiheit und Demokratie einzustehen.“ Und für solche Menschen brauche es auch jene öffentliche und gesellschaftliche Unterstützung wie heute Abend: „Wer einen von uns angreift, greift auch das Recht der Öffentlichkeit auf Information und freie Berichterstattung an“, hob Dündar hervor.
Philipp Welte betonte: „Gerade in diesen schwierigen und beunruhigenden Zeiten, mit einer historischen Dichte an Krisen und Konflikten, braucht es Menschen, die etwas sagen, wenn andere sich davor scheuen. So wie es Düzen Tekkal seit Jahren tut. Zuletzt, als die schreckliche Tat in Mannheim geschah, und sie trotz des Hasses, der ihr von allen extremen Seiten – nicht nur im Netz – erwartbar entgegenschlägt, öffentlich in den sozialen Medien sagte: ‚Unsere Demokratie lebt davon, dass wir uns mit Worten auseinandersetzen und auf Gewalt verzichten. Das gilt für alle, unabhängig von der politischen Orientierung.‘“ Welte appellierte: „Lassen Sie uns heute Düzen Tekkal ehren – und die freie Presse würdigen. Und gemeinsam weiter für sie kämpfen.“
Als Tochter kurdisch-jesidischer Flüchtlinge hat Düzen Tekkal aus erster Hand erfahren, dass Freiheit verdient und verteidigt werden muss. Ihre Eltern flohen vor der Unterdrückung, um ihren Kindern die Chance zu geben, Freiheit zu erfahren und zu erleben. Sie hat diese Werte verinnerlicht und arbeitet als Journalistin und Menschenrechtlerin unermüdlich daran, die Wahrheit aufzudecken und zu benennen. Ihre Arbeit unter anderem für „RTL“, die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“, „Die Welt“ und „Die Zeit“ sowie ihre Bücher zeigen ihre Haltung gegenüber jeder Form von Extremismus.
Die Presseverlage im MVFP zeichnen in jedem Jahr besondere Persönlichkeiten für ihr Engagement mit dem Pressefreiheitspreis des MVFP aus. In den vergangenen Jahren waren dies Peter Bandermann, Farida Nekzad, Ana Lilia Perez, Can Dündar, Ensaf Haidar, Daphne Caruana Galizia und Ján Kuciak sowie Reporter ohne Grenzen und das Investigative Center of Ján Kuciak (ICJK).
Seit dem islamistischen Terroranschlag auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo am 7. Januar 2015, bei dem zwölf Redaktionsmitglieder kaltblütig und gezielt ermordet wurden, initiiert der MVFP gemeinsam mit Partnern jährlich die Pressefreiheitskampagne unter dem Motto #PressefreiheitIstDeineFreiheit. |