„Für die individuelle Mobilität der Menschen in unserem Land ist das Auto unverzichtbar.“ Mit diesen Worten hat ZDK-Präsident Arne Joswig die rund 1.000 Gäste des Neujahrsgipfels aus Politik, Verbänden und der Automobilwirtschaft in Berlin begrüßt, darunter als Gastredner den Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing.
Nach dem Megastreik der Lokführer mit massiven Auswirkungen für Wirtschaft und Gesellschaft stehe der nächste Ausstand jetzt im ÖPNV kurz bevor. „Als Mobilmacher im Herzen Europas arbeiten unsere 40.000 Autohäuser und Kfz-Werkstätten mit ihren 480.000 Beschäftigten täglich daran, dass unser Land mit und ohne Bahnstreik mobil bleibt. Damit übernehmen wir auch eine große gesellschaftliche Verantwortung, die wir als Mittelständler und Handwerksbetriebe gern erfüllen.“
Darüber hinaus sei das mittelständisch geprägte Kraftfahrzeuggewerbe ein entscheidender Wegbereiter der E-Mobilität und neuer alternativer Antriebe. „Für den Hochlauf der Elektromobilität brauchen unsere Betriebe, aber auch die Menschen in unserem Land planbare und verlässliche Rahmenbedingungen.“ Das Ziel der Bundesregierung, 15 Millionen Elektrofahrzeuge bis zum Jahr 2030 auf Deutschlands Straßen bringen zu wollen, wird nur mit dem vollen Engagement und dem Herzblut der Betriebe des Kfz-Gewerbes zu erreichen sein. Der plötzliche Förderstopp des Umweltbonus kurz vor Weihnachten habe jedoch nicht dazu beigetragen, der Zielerreichung einen weiteren Schub zu geben. Die Auftragslage bei E-Fahrzeugen sei bereits im Vorjahr deutlich zurückgegangen und verharre auf niedrigem Niveau. „Gerade weil wir uns in den Autohäusern und Werkstätten sehr frühzeitig auf die Transformation eingestellt und viel investiert haben, brauchen wir Verlässlichkeit bei politischen Entscheidungen“, betonte Joswig.
Den Bundesverkehrsminister lobte Joswig für dessen Einsatz in Brüssel, auch nach dem für 2035 avisierten Verbrenner-Verbot neue Kraftfahrzeuge zuzulassen, die ausschließlich mit klimaneutral hergestellten synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) betrieben werden. „Wir stehen da an Ihrer Seite und unterstützen den Weg, das Erreichen der Klimaziele auch über eine klimaneutral betriebene Bestandsflotte der Verbrenner zu beschleunigen“, so Joswig.
Gleichzeitig betonte er: „Die mittelständische Automobilwirtschaft mit rund 480.000 Arbeitsplätzen und 190 Mrd. Euro Umsatz ist für den Standort Deutschland mindestens genauso wichtig wie die Automobilhersteller“, mahnte Joswig an. „Wir sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und wichtiger Multiplikator für moderne Mobilität und eine Branche mit Zukunft. Lassen Sie uns deshalb den gemeinsamen Dialog für einen bezahlbaren und umweltfreundlichen Straßenverkehr vertiefen.“
Beim Neujahrsgipfel des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) am 30. Januar in Berlin bekannte sich Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing ausdrücklich zur individuellen Mobilität und erneuerte sein Angebot zum Austausch mit ZDK-Präsident Arne Joswig. „Gut, dass es das Auto gibt. Die Erfolgsgeschichte des Automobils ist noch nicht zu Ende geschrieben“, so Wissing.
„Der ZDK ist nun auch in Berlin nicht mehr zu übersehen. Das zeigt die große Resonanz auf unseren Neujahrsgipfel. Wir sorgen dafür, dass die Menschen und die Gesellschaft mobil bleiben“, so Joswig.
Wissing forderte, dass die Transformation der Branche nicht zum Stresstest für die Gesellschaft werden dürfe. Die Kritik an dem abrupten Aus des Umweltbonus nahm der Bundesverkehrsminister auf und versprach, das Kfz-Gewerbe mit seinen 480.000 Mitarbeitern künftig stärker in die Arbeit der relevanten politischen Beratungsgremien einzubeziehen.
Der Wandel zur klimaneutralen Mobilität sei eine große Herausforderung. Hier seien einerseits attraktive und bezahlbare Angebote für E-Fahrzeuge gefordert. Andererseits seien Automobile, die nur mit E-Fuels betankt werden können, ebenfalls CO2-neutral. Das eine solle das andere ergänzen.
„Ohne synthetische Kraftstoffe werden wir im Verkehrssektor keine Klimaneutralität erreichen können. Synthetische Kraftstoffe müssen eine internationale Handelsware werden. Man muss überlegen, wo man sie überall einsetzen kann und nicht wo man sie überall nicht einsetzen darf“, so Wissing.
Zur individuellen Mobilität sagte Wissing, dass ein Führerschein keine Laufzeitbegrenzung habe. Gerade ältere Menschen im ländlichen Raum seien auf das Auto angewiesen. Hier gehe es um die Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmer. Eine dauerhafte Verschlechterung der individuellen Mobilität sei gerade für diese Menschen kaum akzeptabel.
Im Anschluss moderierte Astrid Frohloff die Paneldiskussion „Perspektiven der Automobilwirtschaft – kommt der Mittelstand unter die Räder?“ mit Dr. Sandra Detzer (MdB), der wirtschaftspolitischen Sprecherin Fraktion B90/Die Grünen, Tilman Kuban (MdB) CDU, Mitglied des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Tanja Woltmann-Knigge, Unternehmerin und Geschäftsführerin der Woltmann-Gruppe sowie Dr. Kurt-Christian Scheel, Hauptgeschäftsführer des ZDK.
Tanja Woltmann-Knigge wies darauf hin, dass Autos deutlich teurer geworden seien. Individuelle Mobilität müsse aber auch für Menschen auf dem Land bezahlbar bleiben, die sich die teuren Mieten in der Stadt nicht leisten könnten. Kunden würden kaufen, was in ihr Budget passe, mehrheitlich werde dann finanziert oder geleast.
Dr. Sandra Detzer sagte, jegliche Form von Mobilität müsse ihren Platz haben. Es käme darauf an, wo jemand lebe. In Ballungsgebieten seien die Leute anders unterwegs als etwa in Niederbayern.
Tilman Kuban wies auf die große Unsicherheit beim Thema Ausbau der Elektromobilität hin: „Wenn laut dem DAT-Report 80 Prozent der Menschen zunächst die Entwicklung der Elektromobilität abwarten wollen, ehe sie sich konkret für einen Kauf interessieren, haben wir etwas falsch gemacht.“ Es sei auch nicht gutzuheißen, wenn diese Unsicherheit durch die gekappte Förderung weiter geschürt werde.
ZDK-Hauptgeschäftsführer Dr. Kurt-Christian Scheel ging es noch einmal um die Sorgen der Betriebe, und er forderte Planungssicherheit für die Kfz-Branche. „Wir müssen wissen, wie sich die Rahmenbedingungen für bestimmte Technologien entwickeln. Und wir müssen aus Sicht der Kunden auf die Bezahlbarkeit der Fahrzeuge achten. Wir dürfen hier den Frust nicht weiter fördern.“
Rund 1.000 Teilnehmer aus der Kfz-Branche, Politik und Verbänden erlebten einen fulminanten Start ins Autojahr 2024 in der Telekom-Hauptstadtrepräsentanz in Berlin.
Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK)
Der ZDK in Bonn und Berlin vertritt die berufsständischen Interessen von 36.420 Autohäusern und Kfz-Meisterbetrieben mit 434.000 Beschäftigten. Hinzu kommen weitere 3.200 Karosserie-, Fahrzeugbau- und Lackier-Fachbetriebe mit rund 40.000 Mitarbeitern, die im Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugbautechnik e.V. (ZKF) organisiert sind. Der ZKF ist ordentliches Mitglied im ZDK.
Im Jahr 2022 erzielten die 36.420 im ZDK organisierten Kfz-Betriebe einen Umsatz von rund 185,2 Milliarden Euro mit dem Verkauf neuer und gebrauchter Fahrzeuge sowie mit Wartung, Reparatur und Service. Hinzu kommen 4,1 Milliarden Euro Umsatz der im ZKF organisierten Betriebe. Bei der Ausbildung sind ZDK und ZKF mit zusammen über 93.800 Azubi im Handwerk führend.