Wenn Unerwartetes verblüfft und die Neugier immer wieder geweckt wird, wird eine Reise zum nachhaltigen Erlebnis. Wer sagen kann, „hier kann ich mir vorstellen, nicht nur Urlaub zu machen, sondern auch zu leben”, hat gute Erfahrungen gesammelt und positive Erinnerungen mit nach Hause genommen. Südtirol lebt seine Werte mit Leidenschaft und Überzeugung; auch im Alltag – das macht den Lebensraum so authentisch.
Dass Südtirol sich immer wieder neu erfindet, neu formt, was sich bewährt hat, Vergangenes aus dem Blickwinkel der Zukunft sieht, zeigt ein Blick in die Ateliers, Werkstätten und Küchen dieser Region. Sie sind geprägt von alpinen Traditionen und einem alpin-mediterranen Lebensgefühl. Kunsthandwerk bekommt hier nicht selten ein modernes Kleid und die Klassiker der bäuerlichen Küche werden mediterran verfeinert und neu interpretiert. Die Möbeldesignerin Ingrid Canins beispielsweise verleiht dem typischen Stubenstuhl einen zeitgemäßen Lounge-Stil. Und in der Pur Manufaktur wird hölzernen Schneidebrettern, Apfelholzkisten und Spaghetti-Portionierern eine internationale Formensprache verliehen.
Was uns bewegt
Verlässlichkeit und Brauchtum werden in Südtirol seit jeher mit Innovation und Fortschritt vereint. Ein frischer Blick auf Althergebrachtes und die kritische Auseinandersetzung mit überlieferten Werten sind heute Teil der Alltagskultur in Südtirol. Aber nicht nur die Alltagskultur trägt dazu bei, dass Südtirol zu einem begehrten Lebensraum wird. Auf der neuen Landingpage www.wasunsbewegt.com erzählen Menschen aus Südtirol ihre ganz persönlichen Geschichten, berichten über ihre Lebensentwürfe, den Alltag und ihre kleinen und großen Ziele im Leben. Die 16-jährige Musikerin Sofia Carlone ist eine von drei Südtirolern, die das Thema „Tradition reloaded“ widerspiegeln. Sie zeigt, dass sich das Spielen in einer modernen Jazzband und das Musizieren in der traditionellen Blaskapelle keineswegs ausschließen. Gerade die Mischung aus Tradition und zeitgenössischem Lebens
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Die Designerin Ingrid Canins gestaltet Möbel, Tapeten, Stoffdekore, Wand- und Fassadenmalereien in der Art der klassischen alpinen „Lüftlmalerei“, der Freskotechnik. Geboren in Bruneck, zog es sie zum Grafik- und Design-Studium nach Rom. In Mailand erlernte sie das Textildesignhandwerk und ging daraufhin eine Zeit nach Florenz. Seither inspiriert sie die Renaissance. Seit Ende der 90er-Jahre lebt Canins wieder in Südtirol, auf einem Bauernhof oberhalb von St. Lorenzen. In der Nähe von Meran richtete die freischaffende Designerin und Künstlerin in einem alten Anwesen ein Wohnatelier ein. Ihre Möbelkollektion „See Through“ ist ganz aus Plexiglas konzipiert, es lässt den traditionellen Stil transparent und leicht erscheinen. Sie liebt das Spiel mit der Tradition und bricht bei ihrer Arbeit mit Althergebrachtem: „Die Farbe, das Material, etwas ist immer anders. Meine Stücke dürfen alles sein, nur nicht uniform. Ich hasse schwarz-weiß“, sagt Canins. Ihr Unternehmen nannte sie selbstironisch „Scomoda“, unbequem.
Eva Maria Moser
Eva Maria Moser studierte Kunst und Design an der Universität Bozen. Seit 2011 fertigt die freischaffende Künstlerin in Bozen individuelle Schmuckstücke an. Für sie muss Schmuck nicht nur aus Gold, Silber oder anderen wertvollen Materialien bestehen: Ihre Halsketten, Ringe und Broschen sind aus Zeitungspapier, Nussholz oder Baumwolle und mit nur sehr wenig Metall individuell angefertigt – und werden so auf ihre ganz eigene Art und Weise wertvoll und einzigartig. Zeitungsausschnitte landen nicht in einer Schublade, sondern schmücken in Form eines Ringes die Finger des Besitzers. Die Philosophie der Designerin: „Lasst uns dieser Kurzlebigkeit ein wenig die Zügel straffen und ihr ein bisschen mehr Beständigkeit zurückgeben. Mit dem Tragen des Unikat-Papierschmuckes hält man den Geist der Zeit in den eigenen Händen und verdaut die Meldungen dieser Welt ganz nach seinem eigenen Tempo.“
Embawo
Der Tischler Norbert Öttl und seine Partnerin Caterina Praticò kreieren Taschen aus Holz. Das Resultat aus dem Mix von Handwerk und Design sind einzigartige Modeaccessoires made in Italy. Die Rundungen der Taschen von Embawo entstehen durch spezielle Verleimung des Schichtholzes. Die Maserungen europäischer Holzarten wie Nuss- oder Olivenbaum machen jede Tasche zu einem Unikat. Auf Anfrage werden auch afrikanische Hölzer wie Wengé oder Palisander verwendet. Der Name der Marke stammt aus Uganda, er bedeutet Holz. Norbert Öttl über seine Arbeit: „Ich wollte etwas Neues ausprobieren, abseits der klassischen Vorstellung die Vielfalt von Möglichkeiten für dieses Rohmaterial aufzeigen. Holz ist ein wunderbares Naturprodukt und für weit mehr geeignet als für die reine Weiterverarbeitung zum Möbelstück.“
Ludwig Thalheimer
Ludwig Thalheimer ist einer der vier Köpfe von mikamale. Der gebürtige Bozener studierte Architektur in Innsbruck und ließ sich auf seinen Reisen durch Europa, Südamerika, Afrika und Asien inspirieren. Seit 1991 legt er mit seinem eigenen Büro „Lupe – Werkstatt für Gestaltung“ einen Schwerpunkt auf Fotografie, Grafik, Raumgestaltung und Design.
Zusammen mit Isabella Fabris gründete er vor vier Jahren das Label mikamale in Bozen: Sie verwandeln typische Südtiroler Produkte in moderne Alltagsobjekte mit originellem Design. Im Vinschgau nutzt das Label beispielsweise die traditionellen blauen Schürzen der Südtiroler Bauern und näht aus diesen Taschen oder Brotbeutel. Die Taschen sind nicht nur schön, sondern auch praktisch: bis zu sechs Weinflaschen haben darin Platz. Dabei legen die Designer auch großen Wert auf die Verwendung regionaler Materialen, die ausschließlich aus heimischen Regionen stammen. Der Name des Labels stammt übrigens von dem italienischen Lob „Mica mala!“ ab und bedeutet auf Deutsch so viel wie „Nicht schlecht!“. Die Produkte gibt es bei ausgewählten Händlern sowie im Onlineshop zu kaufen.
Pur Manufactur
Altbewährtes neu entdecken – das ist das Konzept der Pur Manufactur. Unter Verwendung natürlicher Materialien werden hier in handwerklichem Geschick Design-Produkte angefertigt. Geführt wird das Unternehmen vom Produktdesigner Harry Thaler, der auch den neuen Verkostungsraum des Meraner Weinhauses und die Einrichtung für PUR Südtirol designte. Thaler steht für Design an der Grenze zur Kunst. Er erfindet Gegenstände mit einer überraschenden Eleganz auf eine neue Art. Dabei greift er auf seine Erfahrungen als Handwerker und Goldschmied zurück: So entstand beispielsweise ein Regal aus Apfelkisten, die variabel kombiniert werden können, oder Ölfässer, die als Sessel oder Lampen fungieren. Seinen Abschluss im Fach Produktdesign absolvierte er 2010 am Royal College of Art in London. Seit 2008 betreibt er sein eigenes Designstudio in London. Harry Thaler über seine Arbeit: „Viele meiner Arbeiten werden inspiriert von heimischen Bauweisen, Produkten und Materialien. Ich habe zum Beispiel eine Bank für ein modernes Wohnhaus entworfen, dessen Design von einer einfachen Almbank und einem traditionellen Bett abgeleitet wurde. ‚Habit Südtirol‘ ist für mich eine gesunde und starke Inspiration, die jedoch ständig neuen Erfahrungen und Eindrücken ausgesetzt werden sollte.“
Guntmar Öttl
Der aufstrebende Jungkoch Guntmar Öttl vom Gasthof Jäger in Sirmian bei Nals zeigt, dass sich auch in der Küche Südtirols Trend und Tradition nicht ausschließen: Im Gasthaus der Eltern bereitet der 26-Jährige seit 2011 mittags Knödel für Wanderer und abends feine Küche für Gourmets zu – und wurde hierfür 2014 als Neueinsteiger vom renommierten Gastronomieführer Gault Millau mit 14 Punkten ausgezeichnet. Eine gewundene Straße führt zu dem auf 600 Metern gelegenen Gasthof Jäger. Der Weg hinauf lohnt sich nicht nur wegen des Ausblicks auf das Etschtal: Öttl überrascht mit feinster, saisonaler Gourmetküche, wie beispielsweise seine vielfältigen Variationen des traditionellen Schlutzkrapfens. Erfahrungen sammelte Guntmar nicht nur bei den Südtiroler Sterneköchen Karl Baumgartner vom Restaurant Schöneck oder Norbert Niederkofler vom Restaurant Zur Kaiserkron in Bozen. Auch verschiedene Küchen in der Schweiz und Deutschland gehörten zu seinen Stationen: Im Restaurant Lerbach in Bergisch Gladbach kochte der gebürtige Meraner an der Seite von Chefkoch Nils Henkel, der mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist.
Thomas Kohl
Auf dem Familienbetrieb Obsthof Troidner produziert Thomas Kohl naturreine Gourmetapfelsäfte nach höchsten Qualitätskriterien – sechs davon reinsortig, also aus einer einzigen Sorte, und sechs Cuvées aus Bergapfelsaft mit passenden Partnern: Beere, Frucht, Gemüse. Die Äpfel wachsen oberhalb von Bozen auf dem Hochplateau Ritten. Schon als Kind half Kohl auf dem Hof der Eltern mit: „Wir haben uns mit dem Berg arrangiert. Seit Generationen leben wir hier oben, man probiert allerhand aus. Vor zwanzig Jahren hatte ich dann das Gefühl, dass ich etwas Neues probieren wollte. Die komplette Umstellung auf Obstbau war mein Ziel, und ich habe mich gefragt: Wie gedeihen Äpfel am Berg, auf über 900 Metern?“ Das Ergebnis: Das Klima und eine lange Reifezeit geben den Äpfeln den unverwechselbaren Geschmack. Für die Idee, seinen Bergapfelsaft als typisches Südtiroler Premiumprodukt zu positionieren, gewann Kohl 2011 den Marketing Award „Südtirol Awards der Wirtschaft“. Analog zur traditionellen Weinbegleitung stellt Kohl beispielsweise zu jedem Gang eines Menüs den passenden Apfelsaft. Inspiration findet er auf kleinen und großen Reisen und tüftelt so lange an Ideen, bis er von diesen überzeugt ist.
Puni Destillerie
Albrecht und Daniela Ebensperger aus Glurns betreiben gemeinsam mit ihren Söhnen Jonas und Lukas die erste und einzigen Whiskydestillerie Italiens. Während seiner Sommelier-Ausbildung kam Albrecht Ebensperger zum ersten Mal mit Whisky in Kontakt – der Beginn einer Leidenschaft. Die Besonderheit des Puni Whiskys liegt in der Verwendung von drei lokalen Getreidesorten: Gerste bildet die malzig-würzige Basis, Weizen fügt dem Destillat Süße hinzu und Roggen gibt dem Whisky Tiefe. Ein Großteil des Weizens wird in Südtirol angebaut und der speziell auf den Feldern des Klosters Marienberg angebaute Roggen, eine sehr alte Landsorte, bringt die unvergleichliche und einzigartige Geschmacksnoten in das Destillat ein. Das genaue Mischungsverhältnis ist mittlerweile Betriebsgeheimnis und wird für alle „Italian Triple Malts“ verwendet. Zum Heizen benutzen die Ebenspergers überhitztes Wasser anstatt wie anderswo üblich Dampf. Dies ermöglicht eine genauere Temperaturkontrolle und somit eine besonders schonende Destillation. Zudem verwendet die Destillerie nur original schottische Destillationsgeräte und Marsalafässer aus Sizilien für die Lagerung. Die erste Abfüllung des ersten Italian Malt Whisky erfolgt im Herbst 2015.
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Foto-Galerie
„Tradition reloaded“ aus Südtirol
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