Vor allem die Abarbeitung hoher Auftragsbestände und die Wirkung verein-fachter Zulassungsverfahren für Bahntechnik lassen den Umsatz kräftig wachsen. So konnten zahl-reiche bestellte Schienenfahrzeuge, die bislang noch im Zulassungsstau steckten, dank des neuen Zulassungsregimes endlich in Rechnung gestellt werden“, erklärte der Präsident des VDB, Martin Lange, bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Berlin. „Diese Entwicklung ist ein Musterfall, der zeigt, in welch hohem Maße der gesetzgeberische und regulatorische Rahmen in Deutschland das Ge-schäft der Bahntechnikhersteller in Deutschland beeinflusst“, sagte Lange. Allein in Deutschland legte der Umsatz mit Schienenfahrzeugen und deren Komponenten im vergangenen Jahr um über 44 Pro-zent auf 4,9 Milliarden Euro zu. Auch die Einnahmen aus dem Auslandsgeschäft in diesem Segment stiegen um über ein Viertel auf 4,6 Milliarden Euro.
Überschattet wird das kräftige Umsatzwachstum von einer rückläufigen Nachfrage. Die Bestellungen der Bahnindustrie gingen 2014 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um über 36 Prozent auf 9,5 Milli-arden Euro deutlich zurück. „Das ist enttäuschend“, räumte Lange ein. „2014 war ein an Großaus-schreibungen für Bahntechnik eher armes Jahr. Hinzu kommt, dass sich die Geschäftsbedingungen in wichtigen Eisenbahnmärkten wie Russland und China verändert haben: Die Sanktionen der EU gegenüber Russland wegen der Ukraine-Krise treiben Moskau wirtschaftlich zusehends in die Hände Chinas. Die Volksrepublik tritt verstärkt nicht nur als technologischer Selbstversorger auf, sondern geht mit Bahntechnik auch immer stärker in den Export. Die Zughersteller in Deutschland stellen sich auf einen verschärften internationalen Wettbewerb ein, während für die mittelständische Zulieferin-dustrie diese Entwicklung durchaus Chancen bietet.“

 

Jahrespressekonferenz des Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V.

Bahnindustrie erzielt 2014 Umsatzrekord / Bestellungen bleiben hinter Erwartungen / „Koalition muss mit Regionalisierungsmitteln verlässlich umgehen“
Der Umsatz der Bahnindustrie erreicht 2014 mit 12,5 Milliarden Euro einen neuen Spitzen-wert. Die Branche kann ihre Einnahmen damit zum Vorjahreszeitraum um fast ein Viertel steigern, erklärt der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) heute auf seiner Jahrespressekonferenz in Berlin. Enttäuscht zeigt sich der Verband jedoch von der Auf-tragsentwicklung: Die Bestellungen gehen vom Rekordwert des Vorjahres um über 36 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro zurück. Die Zahl der Beschäftigten steigt um gut vier Pro-zent auf 52.300 Mitarbeiter.

Rede Dr. Martin Lange Präsident des Verbandes
der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
herzlich willkommen zur Jahrespressekonferenz 2015 des Verbandes der Bahnin-dustrie in Deutschland. Ich freue mich, dass Sie heute Vormittag bei uns sind. Zu-nächst möchten wir Ihnen vorstellen, wie sich die Bahnindustrie im Gesamtjahr 2014 wirtschaftlich entwickelt hat. Anschließend werde ich auf den weiteren Wirtschafts-ausblick für unsere Branche eingehen. Was die Forschungsanstrengungen der Bahnindustrie angeht, würden wir uns bundespolitisch eine größere Aufmerksamkeit und Unterstützung wünschen. Die EU mit ihrer umfangreichen Bahnforschungsinitia-tive Shift-2-Rail setzt hier Maßstäbe, die auch auf nationaler Ebene zweifellos als Vorbild dienen können. Herr Schuppe, der Geschäftsführer unseres Verbandes, in-formiert Sie im zweiten Teil der Pressekonferenz über folgende Themen:
 Der Umgang mit den Regionalisierungsmitteln zur Finanzierung des Schie-nenpersonennahverkehrs in den Städten und Kommunen bleibt politisch wei-ter unklar.
 Was die wachsende Konkurrenz für den Schienenverkehr durch die Fernlini-enbusse mit fairen Wettbewerbsbedingungen zu tun hat.
 Und warum ein „Schengen auf der Schiene“ weiter ein Zukunftsszenario bleibt, angesichts der abermals aufgeschobenen Ausrüstung der europäi-schen Schienenverkehrskorridore in Deutschland mit der europäischen Leit- und Sicherungstechnik ETCS.
Betrachten wir zunächst die Wirtschaftskennzahlen der Bahnindustrie in Deutsch-land für das Gesamtjahr 2014. Wie Sie wissen, besteht das Geschäft der Bahntech-nikhersteller aus dem Umsatz und dem Auftragseingang:
Umsatz
Wir beginnen mit der Entwicklung des Umsatzes:

Die Bahnindustrie in Deutschland verzeichnet im Gesamtjahr 2014 mit 12,5 Milliar-den Euro einen neuen Umsatzrekord. Das ist ein deutliches Plus von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum 2013. Damit übertrifft der Umsatz der Bahnin-dustrie des vergangenen Jahres sogar den bisherigen Spitzenwert aus dem Jahr 2010, in dem die Bahntechnikhersteller einen Umsatz in Höhe von 10,9 Milliarden Euro erzielten. Das starke Umsatzwachstum führen wir insbesondere auf zwei As-pekte zurück: Der in den zurückliegenden Jahren aufgelaufene Stau bei der Abrech-nung von Schienenfahrzeugen, entstanden durch die Verwerfungen bei der Zulas-sung von Bahntechnik, hat sich weitgehend aufgelöst. Für viele Projekte konnten die Bahntechnikhersteller im vergangenen Jahr Rechnungen stellen, die dazu beitrugen, den Umsatz der Branche zu beflügeln. Hinzu kommt, dass hinter der Bahnindustrie in Deutschland Jahre mit Spitzenwerten bei den Bestellungen liegen, im Jahr 2011 in Höhe von 14,5 Milliarden Euro und im Jahr 2013 mit sogar 14,9 Milliarden Euro. Zu-mindest das große Nachfrageplus des Jahres 2011 wird seinen Anteil am neuen Umsatzrekord des Jahres 2014 haben. Betrachten wir nun die Verteilung des Um-satzes auf die einzelnen Marktsegmente.

Umsatzstark zeigt sich 2014 das Inlandsgeschäft: Es wächst insgesamt um über 26 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro. Das Auslandsgeschäft legt mit 5,8 Milliarden Euro ebenfalls zu, und zwar um über 23 Prozent.
Der Umsatz im Inland mit Schienenfahrzeugen und deren Komponenten steigt um über 44 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro. Wie bereits erwähnt, sorgen hier die neuen Zulassungsprozesse für Bahntechnik für eine allmähliche Klärung der bisher noch in Frage stehenden Projekte. Diese Entwicklung ist ein Musterfall, der zeigt, in welch hohem Maße der gesetzgeberische und regulatorische Rahmen in Deutschland das Geschäft der Bahntechnikhersteller in Deutschland beeinflusst. Auch der Umsatz des Auslandsgeschäfts mit Schienenfahrzeugen hat um fast 28 Prozent angezogen und erreicht 2014 eine Höhe von 4,6 Milliarden Euro.
Notorisch schwach zeigt sich hingegen unverändert das Geschäft mit Infrastruktur-ausrüstungen, also insbesondere mit Gleisen, Weichen, Stellwerken, Streckenelek-trifizierungen sowie mit Leit- und Sicherungstechnik. Der Umsatz stagniert in diesem Segment 2014 bei insgesamt drei Milliarden Euro. Als das große Sorgenkind erweist sich dabei einmal mehr das Inlandsgeschäft. Es geht um über fünf Prozent zurück auf 1,8 Milliarden Euro, während das Auslandsgeschäft um über neun Prozent zule-gen kann auf 1,2 Milliarden Euro. Es handelt sich hier um ein rückläufiges Geschäft auf einem niedrigen Niveau. Das ist sehr enttäuschend.
Wie Sie wissen, hat das Bundesverkehrsministerium die Finanzmittel für Ersatzin-vestitionen in das Schienenbestandsnetz seit Anfang des Jahres deutlich erhöht. Damit stehen nun von 2015 bis 2019 für die bundeseigenen Schienenwege in Deutschland jährlich im Durchschnitt vier Milliarden Euro für Modernisierungen zur Verfügung. Das sind rund eine Milliarde Euro jährlich mehr als bisher. Diese deutli-che Erhöhung der Finanzmittel ist dringend nötig, um dem eklatanten Investitions-stau bei der Modernisierung von Deutschlands Schieneninfrastruktur wirksam zu begegnen. Wie dringend die Ersatzinvestitionen für Deutschlands Schienenwege sind, zeigt insbesondere ein Blick auf die Verfassung der Stellwerke: Ein Drittel der rund 3.400 Stellwerke in Deutschland hat ein Durchschnittsalter von 80 Jahren. Die ältesten noch eingesetzten mechanischen Stellwerke stammen sogar noch aus Kai-sers Zeiten mit Baujahren ab etwa 1900. Weitere 13 Prozent der Stellwerke haben inzwischen mit durchschnittlich etwa 65 Jahren ebenfalls das Pensionsalter erreicht. Wir erwarten, dass sich die zusätzlichen Finanzmittel nun auch spürbar im Geschäft der Infrastrukturausrüster niederschlagen.

Auftragseingang
Betrachten wir nun den Auftragseingang der heimischen Bahnindustrie:

Im Gegensatz zum Umsatz ist der Auftragseingang der Indikator für die aktuelle ge-schäftliche Entwicklung. Die Bestellungen werden in der Regel nach zwei Jahren umsatzwirksam. Der Auftragseingang der Bahnindustrie ist im Jahr 2014, anders als der Umsatz, erheblich zurückgegangen, und zwar um über 36 Prozent auf 9,5 Milli-arden Euro. Ein Grund für diesen starken Rückgang ist der Auftragsrekord des Jah-res 2013 in Höhe von 14,9 Milliarden Euro, der die Bestellungen des Jahres 2014 im statistischen Vergleich deutlich ins Minus drückt. Nach der Vergabe von zahlreichen Aufträgen in den vergangenen Jahren, darunter auch einige Großaufträge, liegt das Nachfrageverhalten nach Bahntechnik aus Deutschland im Jahr 2014 wieder auf einem moderaten Niveau. Diese Wellenbewegung ist für das Projektgeschäft der Bahntechnikhersteller durchaus typisch. Dennoch sei eingeräumt, dass sich die Bahnindustrie in Deutschland vom Jahr 2014 mehr Aufträge versprochen hat.
Die Inlandsnachfrage ist mit 4,7 Milliarden Euro um mehr als 36 Prozent zurückge-gangen. Ebenso lässt die Nachfrage im Ausland nach. Sie sinkt um über 37 Prozent auf ein Volumen von 4,8 Milliarden Euro. Betrachten wir uns die Auftragsentwicklung in den beiden Segmenten für Schienenfahrzeuge und Infrastrukturausrüstungen:

Die Nachfrage nach Zügen, Lokomotiven, Metros, Stadt- und Straßenbahnen sowie deren Komponenten und Subsysteme geht 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeit-raum insgesamt deutlich zurück, und zwar um gut 45 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro. Im Inland sinken die Bestellungen um knapp die Hälfte auf 2,9 Milliarden Euro, im Ausland um 43 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro.
Auch die Bestellungen von Infrastrukturausrüstungen haben 2014 abgenommen. Sie sinken um gut sechs Prozent auf drei Milliarden Euro. Die Inlandsnachfrage legt leicht um knapp sechs Prozent auf 1,7 Milliarden Euro zu, während die Auftragsein-gänge aus dem Ausland um gut 13 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro zurückgehen.

Kommen wir nun zur Entwicklung der Beschäftigung:
Beschäftigung
Die Beschäftigungslage in den Unternehmen der Bahnindustrie in Deutschland ist erfreulich.

Die Zahl der Mitarbeiter in der Branche ist 2014 um mehr als vier Prozent auf insge-samt 52.300 Mitarbeiter gestiegen. Dabei ist die Zahl der Leiharbeitskräfte um fast zehn Prozent gesunken. Dagegen stieg die Zahl der festangestellten Mitarbeiter spürbar um fast sechs Prozent auf 48.600 Beschäftige. Somit konnten die Unter-nehmen der Bahnindustrie in Deutschland mehr Menschen in feste Arbeitsverhält-nisse übernehmen und gleichzeitig die Zahl der Leiharbeitskräfte deutlich senken. Grund für diese insgesamt positive Beschäftigungslage sind mehrheitlich gut gefüllte Auftragsbücher.
Bewertung und wirtschaftlicher Ausblick
Wie ist anhand der Zahlen, die ich Ihnen vorstellen durfte, nun die aktuelle wirt-schaftliche Lage der Bahnindustrie in Deutschland zu beurteilen?

Durch die Neuregelung der Zulassungsprozesse von Bahntechnik in Deutschland konnten im Dezember 2014 zum Fahrplanwechsel zahlreiche Züge ihre Betriebsge-nehmigung erhalten, an den Kunden übergeben und schließlich zahlungswirksam werden. Das gelang auch bei Zügen, die bislang durch schwebende Zulassungsver-fahren blockiert waren. Gemeinsam mit der Abrechnung von Aufträgen aus den zu-rückliegenden Jahren ergibt sich für das Jahr 2014 für die Bahnindustrie ein Umsatz-rekord in Höhe von 12,5 Milliarden Euro. Diese Entwicklung freut uns, war jedoch aufgrund des hohen Auftragsbestands vieler Hersteller auch absehbar.
Wie Sie auf der Grafik erkennen können, kreuzen sich die Umsatz- und die Auftrags-linie. Während der Umsatz deutlich ansteigt, gehen die Auftragseingänge stark zu-rück. Der Nachfragerückgang lässt sich zwar durch den Bestellrekord des Jahres 2014 auch statistisch erklären, aber nicht nur. Hier spielen auch andere Faktoren eine Rolle. So konnte die Bahnindustrie in der zweiten Hälfte des Jahres 2014 keine nennenswerten Großaufträge gewinnen. Das Großprojekt Rhein-Ruhr-Express (RRX) wurde erst Ende März 2015 endgültig an eines unserer Mitgliedsunternehmen vergeben und spielt für unseren heutigen Berichtszeitraum keine Rolle. Dieser Auf-trag wird erst in der Bilanz des ersten Halbjahres 2015 eingehen, über die wir im Herbst dieses Jahres berichten werden.
Für eine Bewertung des Nachfragerückgangs müssen wir auch die sich wandelnden Rahmenbedingungen einiger wichtiger Bahntechnikmärkte in Rechnung stellen. So gibt es wegen der seit einem Jahr schwelenden Ukraine-Krise keine wirtschaftlichen Impulse aus dem russischen Markt, nicht zuletzt auch wegen der Sanktionen der EU.
Der chinesische Markt für Bahntechnik, der weltweit wichtigste Markt für Bahntech-nik für viele Hersteller, hatte in den zurückliegenden Jahren eine Atempause einge-legt, beginnt jetzt aber wieder anzuziehen. In welchem Maße sich dadurch aber auch Geschäfte für deutsche Hersteller ergeben, bleibt abzuwarten, da die jüngst fusio-nierten Bahntechnikhersteller CNR und CSR über technologische Möglichkeiten ver-fügen, mit denen sie ein breites Spektrum an Schienenfahrzeugen selbst in der Lage sind zu produzieren. Wir betrachten diese Situation differenziert: Während Zugher-steller aus Deutschland und Europa sicherlich mit Blick auf China vor einer neuen Herausforderung stehen, ergeben sich für die bahntechnische Zulieferindustrie durchaus Chancen.
Zulassung von Bahntechnik

Wann immer Bahntechnikhersteller in Deutschland ihre Entwicklungen verkaufen wollen, ist dafür eine zügige und reibungslose Zulassung ihrer Technologien eine ganz zentrale Voraussetzung. Das gilt insbesondere für Deutschland als dem inter-nationalen Schaufenster für Bahntechnik. Wie Sie wissen, gab es bei den Zulas-sungsprozessen hierzulande in den zurückliegenden Jahren mitunter gravierende Verwerfungen, die dazu führten, dass bestellte Züge im Zulassungsstau stecken blieben und nicht fristgemäß ausgeliefert werden konnten.
Wie bereits mit Blick auf den Umsatz erwähnt, konnten im vergangenen Jahr zahl-reiche Züge nach dem neuen Zulassungsverfahren ihre Betriebsgenehmigung erhal-ten, darunter auch Züge, die bislang noch im alten Zulassungsverfahren feststeck-ten. Die Erfahrungen, die die Bahntechnikhersteller mit den neuen Zulassungsver-fahren sammeln, sind weiter positiv.
Seit Juni 2013 können fabrikneue Züge deutlich unkomplizierter und schneller zuge-lassen werden. Die Neuregelung hat damit die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnin-dustrie in Deutschland deutlich gestärkt. Die Reform galt zunächst ausschließlich für die Zulassungsverfahren von Neufahrzeugen. Wir freuen uns sehr, dass der Eisen-bahnsektor im Dezember 2014 in einer Absichtserklärung das Verfahren um Be-standsfahrzeuge ergänzt hat. Da Züge in der Regel mehrere Jahrzehnte genutzt werden, sind spätere Nachrüstungen etwa mit Klimaanlagen, neuen Bremssystemen oder moderner Leit- und Sicherungstechnik absehbar.
Besonders anerkannte Prüfstellen aus der Wirtschaft übernehmen die Überprüfung der vorgestellten Technik und entlasten damit das Eisenbahn-Bundesamt. Die Be-hörde konzentriert sich auf die sicherheitsrelevanten Bestandteile der Zulassung.
Voraussetzung für diese und weitere Detailregelungen bei der Zulassung von Bahn-technik ist eine rasche Bestätigung des neugefassten Allgemeinen Eisenbahngeset-zes durch das Parlament. Die gesetzliche Umsetzung läuft. Der Deutsche Bundes-tag ist inzwischen mit der Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes befasst. Wir sind zuversichtlich, dass die Neuregelung spätestens im Sommer 2015 in Kraft tritt. Darüber hinaus ist dessen Änderung auch die Basis für eine Harmonisierung mit europäischen Richtlinien (2008/57/EG). Besonders wichtig für die Industrie ist dabei ein Aspekt: Die Verfahren zur Anerkennung von Prüfstellen müssen flexibel sein. So können neue bürokratische Flaschenhälse vermieden werden.
Bahnforschung

Wie Sie wissen, ist Forschungs- und Entwicklungsarbeit für neue Innovationen der unverzichtbare Treibstoff unserer Branche, wenn es um Fortschritt geht. Hierauf würde ich als letztes Thema meiner Rede gerne noch eingehen. Die vielfältigen technischen Innovationen der Bahntechnikhersteller in Deutschland führen heute zu zahlreichen Vorteilen – für Bahnbetreiber, Fahrgäste, Anwohner von Schienenstre-cken und für die ganze Gesellschaft. Grundlegende bahntechnische Entwicklungen sorgen bereits heute für Energie- und Treibhausgasreduzierungen, für Lärmminde-rung und für eine Senkung der Lebenszykluskosten. Technologische Neuerungen sind für die Bahntechnikhersteller in Deutschland die Grundlage zur Einführung neu-er attraktiver Produkte und zum Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Branche.

Als wichtiger Impulsgeber erweist sich Europa auch auf dem Gebiet der Bahnfor-schung. Mit der Ende 2014 gestarteten Forschungsinitiative „Shift-2-Rail“ hat die eu-ropäische Politik ihre Aufmerksamkeit auf die Förderung der Bahnindustrie gelegt. Die Forschungsanstrengungen für Bahntechnik zu fördern, ist dabei auch eine weit-reichende verkehrspolitische Entscheidung.
Umso mehr bedauern wir, dass die Bundesregierung bei ihren laufenden For-schungsvorhaben Bahntechnikthemen spürbar vernachlässigt. Während die Elekt-romobilität auf der Straße umfassend gefördert wird, genießt die auf der Schiene kaum Aufmerksamkeit. Dabei ist Bahntechnik ein industrieller Kern Deutschland. Das ist ein eklatantes Manko, das dringend geändert werden muss.
Der zukunftsweisende Schienenverkehr muss in seinen Forschungsanstrengen un-terstützt werden und zwar durch ein gezieltes und konzentriertes Bahnforschungs-programm nach europäischem Vorbild. Notwendig ist ein hinreichend großes und konzentriertes Bahnforschungsprogramm, das ressortübergreifend auch hierzulande die Kräfte und Finanzmittel bündelt, um so für weitere Dynamik auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung zu sorgen. Das ist nicht nur verkehrspolitisch eine not-wendige nationale Weichenstellung, sondern auch wettbewerbspolitisch international sinnvoll, wenn die deutschen Bahntechnikhersteller auch weiter ihre Spitzenstellung auf dem Weltmarkt angesichts wachsender Konkurrenz aus Fernost behaupten wol-len. So kann die Exportkraft einer wichtigen deutschen Industriebranche auch per-spektivisch gestärkt werden. Das gilt umso mehr, wenn der politisch formulierte An-spruch nach weiterer Digitalisierung der deutschen Industrie unter dem Schlagwort „4.0“ gelingen soll. Voraussetzung dafür ist, dass der politische Stellenwert der Bahnindustrie in Deutschland neu bewertet wird.
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit bis hierher und übergebe das Wort nun gerne an Herrn Schuppe. Ich schlage vor, dass wir Ihre Fra-gen wie gewohnt am Ende unserer beiden Statements beantworten. Herr Schuppe, bitte.

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Von admin

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