Die Cinema for Peace Gala Berlin hat mit ihren Themen, insbesondere Ai Weiweis Mahnmal für ertrunkene Flüchtlinge, ein weltweit positives Echo ausgelöst. Hunderte von engagierten Filmemachern, Vertretern von NGOs, Journalisten, Flüchtlingen, Flüchtlingshelfern sowie 40 wohltätige Spender sorgten am vergangenen Montagabend im Berliner Konzerthaus für ein Zeichen der Solidarität, nachdem sie anstelle eine roten Teppichs eine Kunstinstallation aus Rettungswesten durchschritten hatten. Die Installation wurde am vergangenen Mittwoch wieder abgebaut – sehr zum Bedauern vieler Menschen, die das Kunstwerk als wichtigste öffentliche Kunstinstallation seit Christos Reichstagsverhüllung ansahen.

Unter stehendem Applaus sorgten die Gäste der diesjährigen Cinema for Peace Gala für ein Zeichen der Solidarität mit den Flüchtlingen und für die Unterstützung der Cinema for Peace Projekte. Besondere Aufmerksamkeit und Anerkennung fanden in Zusammenhang mit dem Film „Beasts of no Nation“ die Ausführungen von Emmanuel Jal Ehem, einem ehemaligen Kindersoldaten aus dem Sudan, der seinen Weg aus dem früheren Leben als „Child Soldier“ aufzeigte, sowie von Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi und die Botschaft des Ehrenpatrons der Gala, Michail Gorbatschow, mit seinem Aufruf zur Vermeidung neuer Mauern in Europa.

Der Veranstalter hatte zuvor dazu aufgerufen, die beiden Ursachen für die Flüchtlingskrisen zu bekämpfen: Kriege und extreme Armut. Als Beispiel wurde Michael Ottos Initiative „Cotton from Africa" bei der Gala ehrenamtlich beworben: mit 10 Cent Aufpreis bei einer Jeans für 70 € kann jeder Deutsche Fair Trade und Transparenz gewährleisten. Davon leben mittlerweile 5 Millionen Menschen; Cinema for Peace wird dies ebenso künftig unterstützen mit Filmbotschaftern wie Friedensinitiativen.

 
„Wir sind vor Ort an die Front nach Aleppo gereist," sagte der Veranstalter, „und im Gegensatz zu den Sonntagsreden, Solidaritäts- und Entrüstungsadressen dieser Tage in Berlin setzen wir Projekte für Flüchtlinge auch um.“ Die bei der Cinema for Peace Gala anwesenden Flüchtlinge berichteten von einer völligen Desorganisation der Behörden in Berlin, teils würden sie beim „Lageso“ einen ganzen lang Tag anstehen, um dann unverrichteter Dinge weggeschickt zu werden. „Eine so große und nicht funktionierende Bürokratie haben wir nicht einmal in Syrien erlebt,“ sagte ein syrischer Künstler, der bei der Gala auftrat.

An dem Abend der Gala wurden 44 Filme präsentiert, die Menschenrechte befördern. Die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Fatou Bensouda, hob im Rahmen ihrer Laudatio für den Justice-Preisträger „Watchers in the Sky“ nochmals die wichtige Rolle von Film für die Vermittlung von Menschenrechten hervor: „Eye opening and moving films such as those we are honouring here tonight have not only empowered victims and amplified their voices, but have brought their plight to a world audience here in Berlin and beyond (…).“

Die weltweite mediale und öffentliche Aufmerksamkeit war die höchste in 15 Jahren bzw. seit Dustin Hoffmans und George Clooneys Statements gegen den Krieg im Irak bei Cinema for Peace. Das Programm der Cinema for Peace Gala beinhaltet als weiteren Programmpunkt auch eine halbstündige Charity-Auktion, die von Christies durchgeführt wurde. Es konnten durch die Cinema for Peace Gala 400.000 € für Projekte der Cinema for Peace Foundation, Charlize Theron Africa Outreach Project (CTAOP) sowie UNHCR gesammelt werden, weitere Spenden wurden in den Folgetagen aufgrund der positiven Wirkung des Abends zusätzlich zugesagt.

„Aufgrund der hervorragenden Arbeit der Medien und der weltweiten Aufmerksamkeit engagieren sich auch Personen, die nicht anwesend sein konnten,“ sagte der Veranstalter. Dank der Besucher der Gala werde Cinema for Peace nächste Woche 5.000 Rettungsfolien auf Lesbos bringen; diese dienen als Ersthilfe für erschöpfte Flüchtlinge mit Unterkühlungen.

In den vergangenen Jahre hat die Initiative Cinema for Peace bereits mehr als 2 Millionen € für die Flüchtlingshilfe des UNHCR sowie fast 1 Million € für Aids-Projekte mit CTAOP vermittelt und seit 2010 regelmäßig Film-Screenings zum Thema AIDS in Südafrika und anderen Ländern für Schüler initiiert. Zur nächsten Welt-AIDS-Konferenz in Durban werden weitere Screening-Reihen folgen.

Mit dem diesjährigen Spendenaufkommen ist es möglich, die Veranstaltungen und Aktivitäten der Cinema for Peace Foundation, insbesondere das Projekt „Cinema for Refugees“ zu realisieren sowie bestehende Projekte wie die „Wall Screenings“, die Schulscreenings und die Aids-Screenings von „Themba – A Boy Called Hope" fortzuführen. Chalize Theron, Vorsitzende des Africa Outreach Project (CTAOP) , dankte den Anwesenden und Spendern in ihrer Rede für die großzügige Unterstützung der Projekte.

Besondere Aufmerksamkeit erregte im Vorfeld und während der Gala die Installation des Präsidenten der Jury: Ai Weiwei hatte 1400 Rettungswesten von den Behörden auf Lesbos sowie Rettungsboote erhalten, nach Berlin gebracht und teilweise an den Säulen des Konzerthauses installiert, um auf die ertrinkenden Menschen hinzuweisen. Im Mittelmeer sind nach Angaben des UNHCR im vergangenen Jahr über 3700 Menschen bei der Flucht mit Booten ertrunken, im Januar diesen Jahres weitere 400. Auf Lesbos herrschen unhaltbare Zustände, da Flüchtlinge teils nicht einmal Licht haben und frieren. Um das zu thematisieren, wurden auf der Gala 500 Wärme-Decken an die Gäste verteilt.

Parallel zur Kunstaktion im Konzerthaus während der Gala in Berlin wurde in London Ai Weiweis Baum mit den Folien überzogen. Die Aktionen in Berlin lösten in den Social Media eine lebhafte Diskussion aus. In machen Reaktionen wurde das Tragen der Decken aus Solidarität als „obszön“ bezeichnet. Der Veranstalter sagt hierzu: „Wir haben eine emotionale Reaktion erhofft. Wir finden es in der Tat obszön und geschmacklos, dass Menschen in Europa frieren müssen und niemand dies thematisiert. Hoffentlich folgt nun auch die Diskussion um die frierenden und ertrinkenden Flüchtlinge, die Ai Weiwei vor Ort erlebt hat." Die Film-Screenings, die Cinema for Peace seit 2011 gegen den Krieg in Syrien in Berlin organisiert habe, seien von den Medien in Berlin in der Regel nicht beachtet worden.

Entgegen der Berichterstattung in einigen Medien war Ai Weiwei nicht bei der Gala anwesend, sondern bei den Flüchtlingen vor Ort auf Lesbos.

Auf der Gala trat auf Initiative von Jan Josef Liefers die syrische Flüchtlingsband "Khebez Dawle" auf, die am Anschluß von einem anwesenden renommierten Musikproduzenten ein Angebot zur Zusammenarbeit erhielt. Für den Sommer 2016 kündigten die Veranstalter ein Cinema for Peace Filmfestival in Berlin an, um einen Grossteil der nominierten Filme den Berlinern zugänglich zu machen, zusätzlich zu den monatlichen Screenings in Berlin, in dessen Rahmen auch diese Woche der Film "Walls" gezeigt worden war. Die monatlichen Screenings finden regelmäßig in Berlin, Hamburg, Wien und London statt, ein Teil der nominierten Filme war auch bereits bei einem Freundeskreis-Festival von Cinema for Peace im Januar in Baden-Württemberg mit Nastassja Kinski gezeigt worden.

Dies sind die Preisträger der Cinema for Peace Gala 2016:

Nelson Mandela Award for the Most Valuable Movie of the Year: „Beasts of No Nation"

Laudatoren: Kweku Mandela und Charlize Theron

Entgegengenommen von den Produzenten aus Ghana Tony Tagoe und Daniel Damah

Ansprache zum Thema von dem ehemaligen Kindersoldaten Emmanuel Jal Ehem.

The International Green Film Award: „Racing Extinction"

Laudatoren: Tomas Saraceno und Nadja Tolokoniva

Entgegengenommen von dem Oscar-preisgekrönten Produzenten: Fisher Stevens

Cinema for Peace Refugees Film Award: „A Syrian Love Story“

Laudatorin: Katja Riemann

Entgegengenommen von Regisseur Sean McAllister und den Protagonisten Raghda und Amer

Cinema for Peace Award for Justice: „Watchers in the Sky"

Entgegengenommen von Produzent Kerry Propper

Cinema for Peace Award for the Most Valuable Documentary of the

Year: „Cartelland“

Laudatoren: Gustavo Tavor und die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi

Entgegengenommen von David Romero and Domingo Bartolo – Cheran Indianer, welche den Freiheitskampf der indigenen Menschen in „Cartelland“ starteten.

Auswahl an Projekten der Cinema for Peace Foundation

AIDS-Aufklärungs-Screenings

Seit der Veröffentlichung des preisgekrönten Films „THEMBA – A Boy Called Hope” von Stefanie Sycholt, zeigt die Cinema for Peace Foundation den Film im Rahmen von AIDS-Aufklärungs-Screenings mit anschließenden Workshops in verschiedenen Städten Afrikas. THEMBA ist ein inspirierender und unterhaltsamer Film, aber vielmehr noch ist er eine effektives und essentielles Aufklärungsmedium in Ländern, wie Südafrika, Namibia oder Simbabwe, in denen über 10 Prozent der Bevölkerung mit HIV infiziert sind. Die Film-Screenings soll daher einen nachhaltigen Einfluss auf Kinder und Jugendliche vor Ort haben.

Wall Screenings

Die Cinema for Peace Foundation führt eine Serie von Film-Screenings, Workshops und Diskussionen durch, um auf (reale und imaginäre) Grenzen und Mauern aufmerksam zu machen, die Menschen voneinander trennen. Das Projekt findet weltweit an bedeutenden Grenzen statt, um das öffentliche Bewusstsein für die Thematik zu erhöhen. Die Screenings finden entweder auf neutralem Gebiet zwischen den zwei Staaten bzw. Stadt- teilen oder zeitgleich auf beiden Seiten der Grenze statt. Durch die Vernetzung mit lokalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, Aktivisten, Festivals und Institutionen erhofft die Foundation sich fruchtbare Diskussionen und eine wachsende mediale Aufmerksamkeit. Ziel ist es, einen Beitrag zum Austausch- und Annäherungsprozess der unterschiedlichen kulturellen, ethnischen, religiösen, ideologischen oder politischen Gruppen zu leisten. Bisher wurde das Projekt an der mexikanisch-US-amerikanischen Grenze, innerhalb der UN- Pufferzone in Nikosia/Zypern und in Mostar/ Bosnien-Herzegowina, Israel/Palästina, Südkorea realisiert und wird zukünftig an vielen weiteren Orten stattfinden.

Cinema for Refugees

„Cinema for Refugees“ soll Flüchtlingskindern u.a. in den weltgrößten Flüchtlingscamps (z.B.: in Syrien, Jordanien, dem Jemen und der Türkei) durch ein Wanderkino, Konfliktprävention gefördert werden und vor allem junge Frauen ermutigt werden, ihren Träumen zu folgen. Das Kino soll auch dazu genutzt werden Kindern einige Minuten Normalität zu schenken. Neben inspirierenden und vermittelnden Dokumentarfilmen wie „He Named Me Malala“ sollen Kinderfilme gezeigt werden, die nicht nur unterhalten, sondern auch wertvolle Inhalte transportieren und so einen möglichen Zugang zu Bildung eröffnen. 60 Millionen Menschen weltweit mussten ihr Zuhause verlassen, Millionen von Kindern sind auf der Flucht oder in Zeltstädten untergebracht. Wir möchten das Leben dieser Kinder verbessern, indem wir 10 Wanderkinos installieren.

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Von admin

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