„Reisen in die Amerikas“ – Highlights des 26. Forums Reisen und Gesundheit Prof. Dr. med. Tomas Jelinek

Wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf; Medizinischer Leiter BCRT – Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin; Präsident der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin e. V. (DFR)

Fast vergessen, aber immer noch sehr lebendig: Chagas

PD Dr. med. Thomas Zoller

Fächerverbund Infektiologie, Pneumologie und Intensivmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin

Neue Therapieansätze bei der Flugangst – oder: Was hilft gegen Flugangst?

Dr. med. Udo Wortelboer Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Frankfurt/Main

Prävention unter Therapie mit neuen Immunmodulantien: Wann kann ich was wem impfen?

Prof. Dr. med. Martina Prelog, M.Sc. Kinderklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg

Allgemeine Weltseuchenlage und Reiseimpfungen: Was gibt es Neues?

Prof. Dr. med. Tomas Jelinek Wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf; Medizinischer Leiter BCRT – Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin; Präsident der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin e. V. (DFR)

Moderation: Stephanie Priester, Pressestelle CRM, Stuttgart

Kontakt für Rückfragen: Stephanie Priester, Heinke Schöffmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

CRM Centrum für Reisemedizin ein Unternehmen der Thieme Gruppe

Oswald-Hesse-Straße 50 | 70469 Stuttgart Fon +49[0]711/8931-605/-442

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Pressemeldung des CRM Centrum für Reisemedizin

Netzwerk gegen vernachlässigte Erkrankung Chagas-Krankheit: früher erkennen, Übertragung verhindern

Düsseldorf/Berlin, 7. März 2025 – Ursprung und Heimat der Chagas-Krankheit ist Lateinamerika. Hierzulande ist die Infektionskrankheit, die die WHO zu den vernachlässigten Tropenerkrankungen zählt, auch bei Ärzten und Ärztinnen wenig bekannt. Warum Maßnahmen zur Aufklärung, Prävention und Diagnostik auch in Europa sinnvoll sind und wie ein universitäres Netzwerk hier Hilfestellung leistet, darüber sprechen Experten des CRM Centrum für Reisemedizin auf der heutigen Pressekonferenz anlässlich des 26. Forums Reisen und Gesundheit.

Der Erreger der Chagas-Krankheit ist der einzellige Parasit Trypanosoma cruzi, der meist durch den Biss einer blutsaugenden Raubwanze auf den Menschen übertragen wird. Die betroffenen Raubwanzen sind nachtaktiv und kommen ausschließlich in Lateinamerika und im äußersten Süden der USA vor. Sie werden mit ärmlichen Lebensverhältnissen assoziiert. „In unbefestigten Häusern oder Hütten verstecken sich die Insekten in den Ritzen von Holz- oder Lehmwänden. Nachts beißen die Wanzen dann ungeschützte Stellen am Körper der Schlafenden. Über den Kot und Urin der Wanze, die dann in die Wunde gelangen, erfolgt die Infektion“, sagt PD Dr. med. Thomas Zoller vom Fächerverbund Infektiologie, Pneumologie und Intensivmedizin der Berliner Charité.

Lebenslange Infektion

Wer sich einmal mit der Chagas-Krankheit infiziert hat, trägt den Erreger ein Leben lang im Körper, meist, ohne es zu wissen. Denn die akute Phase der Infektion verläuft häufig mit unspezifischen Symptomen, wie Kopfschmerzen, Fieber oder geschwollenen Lymphknoten. Bei bis zu einem Drittel der Betroffenen kommt es zu schweren Symptomen, oft erst Jahrzehnte nach der Infektion. Dann allerdings kann die Krankheit lebensbedrohlich verlaufen: Die Erreger schädigen das Herz oder den Magen-Darm-Trakt, eine zunehmende Herzschwäche bis hin zum Herzversagen und/oder schwerwiegende Schluck- und Verdauungsstörungen sind die Folge.

Betroffene auch in Europa

Auch in Europa leben Menschen, die chronisch mit der Chagas-Krankheit infiziert sind. Schätzungen zufolge tragen rund 60.000 bis 120.000 Personen mit lateinamerikanischem Migrationshintergrund den Erreger dauerhaft in sich.1 Zwar ist eine Weitergabe über Wanzen hier ausgeschlossen, da die entsprechenden Arten in Europa nicht heimisch sind. Dennoch kann die Krankheit auf andere Menschen übertragen werden – zum einen über Bluttransfusionen und Organspenden, zum anderen durch infizierte Mütter, die die Erreger während der Schwangerschaft oder bei der Geburt an ihre Kinder weitergeben. Infektiologen fordern daher seit Jahren, Blut- und Organspender sowie Mütter aus Endemiegebieten auf T. cruzi zu testen. „Solche Testungen sind in Deutschland jedoch leider noch immer nicht vorgesehen“, bedauert Zoller.

Netzwerk gegen die Chagas-Krankheit

Schwieriger ist es, Betroffene außerhalb dieser Settings frühzeitig zu identifizieren und zu kontaktieren. Hier hat es sich das deutsche Chagas-Netzwerk ELCiD (Erkennung und Lenkung von Chagas-Patienten in Deutschland) zum Ziel gesetzt, Migrantinnen und Migranten unabhängig von ihrem Versicherungsschutz und Aufenthaltsstatus niederschwellig anzusprechen. An ELCiD sind sechs deutsche Universitätskliniken aus Berlin, Hamburg, Köln, Würzburg, München und Düsseldorf beteiligt, die Menschen aus Chagas-Risikogebieten eine kostenlose Beratung und Testung anbieten. Wird eine Infektion nachgewiesen, wird den Betroffenen eine medikamentöse Behandlung angeboten beziehungsweise bei fortgeschrittener Erkrankung eine multidisziplinäre Therapie koordiniert.

Heilung nur im Frühstadium

Wie eine Chagas-Infektion behandelt wird, richtet sich hauptsächlich nach dem Erkrankungsstadium und dem Alter der Betroffenen. „Die beiden zur Verfügung stehenden Medikamente können zu vielfältigen, teils schweren Nebenwirkungen führen“, sagt Zoller. Kinder vertrügen die Wirkstoffe besser als Erwachsene. Zudem hätten sie meist noch keine Organschäden durch die Infektion entwickelt und es bestehe noch die Chance, die Erreger zu eliminieren. Sie sollten daher in jedem Fall behandelt werden, um spätere Schäden zu vermeiden. Jüngeren Erwachsenen und Älteren ohne manifeste Organschädigungen sollte die Medikation zumindest angeboten werden. Über 50-Jährige, deren Herz, Darm oder Speiseröhre bereits in Mitleidenschaft gezogen sind, profitierten dagegen nicht mehr von den Medikamenten.2

Geringes Risiko für Reisende

Auch Reisende mit entsprechendem Risiko können sich in den ELCiD-Zentren beraten und testen lassen. Ein nennenswertes Chagas-Risiko besteht für Reisende allerdings nur dann, wenn sie sich längere Zeit in Endemiegebieten aufhalten und/oder in sehr einfachen Unterkünften oder im Zelt übernachten.3 Das kann etwa bei Rucksackreisenden, bei Entwicklungshelfern oder im Rahmen von Praktika der Fall sein. „Insgesamt sind Infektionen bei Reisenden jedoch äußerst selten“, sagt Zoller. Um das Risiko weiter zu minimieren, rät er dazu, unter Bettnetzen zu schlafen, die die Wanzen vom Körper fernhalten.

Ein zweiter Übertragungsweg verläuft über frisch gepresste Fruchtsäfte und Zuckerrohrsaft. Hier ist nicht auszuschließen, dass infizierte Wanzen versehentlich mitgepresst werden und den Saft verunreinigen. „Um das zu vermeiden, sollten pasteurisierte Produkte bevorzugt werden“, so Zoller.4

Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.

Quellen:

Pressemeldung des CRM Centrum für Reisemedizin

Virtuelle Realität in der Psychotherapie Mit der VR-Brille gegen die Flugangst

Düsseldorf/Berlin, 7. März 2025 – Flugangst ist ein häufiges Phänomen. In unterschiedlichen Ausprägungen betrifft sie bis zu einem Viertel der Bevölkerung1 . Klinisch bedeutsam ist die Phobie nur bei rund jedem zehnten Betroffenen2 – dann können die Symptome allerdings so stark ausgeprägt sein, dass sie berufliche Pläne gefährden. Welche Therapiemöglichkeiten es gibt und wie die virtuelle Realität (VR) hier helfen kann, ist ein Thema auf der heutigen Pressekonferenz des CRM Centrum für Reisemedizin. Sie findet anlässlich des 26. Forums Reisen und Gesundheit in Berlin statt.

Ein mulmiges Gefühl beim Start oder bei Turbulenzen – wer je geflogen ist, kennt diese Phasen leichter Angespanntheit, die meist schnell wieder vorübergehen. „Mit echter Flugangst hat das jedoch nichts zu tun“, sagt Dr. med. Udo Wortelboer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Frankfurt am Main. Von Flugphobie im engeren Sinne spreche man erst dann, wenn die Angst auch losgelöst von der Situation fortbestehe, es etwa bereits bei der Planung einer Flugreise zu Panikattacken komme. Auch bei ungewolltem und ausgeprägtem Vermeidungsverhalten – wenn etwa das Besteigen eines Flugzeugs trotz des objektiv sehr geringen Gefahrenpotenzials unmöglich erscheint – kann professionelle Hilfe notwendig sein.

Es gibt wirksame Therapien

Wie andere Angststörungen wird auch die Flugangst in der Regel nach den Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie behandelt. In meist ein- oder zweitägigen Seminaren werden Informationen dazu vermittelt, wie Ängste entstehen und welche biologische Funktion sie erfüllen. Außerdem werden Einblicke in die Routineabläufe im Flugzeug gegeben und die hohen Sicherheitsstandards erklärt. „Im Zentrum steht jedoch die Konfrontation mit der angstauslösenden Situation“, sagt Wortelboer. Flugangst-Seminare werden daher oft in Kooperation mit Fluglinien angeboten und schließen mit einem Flug ab.

Auch ein VR-Flug wirkt

Hier kommt die VR ins Spiel. Sie ermöglicht es, in eine dreidimensionale digitale Umgebung einzutauchen und dort Erfahrungen zu sammeln, die denen in der realen Welt sehr nahekommen. Mithilfe einer VR-Brille und der entsprechenden Software können sich die Anwender auch ihren Ängsten stellen – eine Spinne von nahem betrachten, aus der Höhe in einen Abgrund blicken oder eben in ein Flugzeug steigen. Bei modernen Geräten wird der realistische Eindruck oft noch durch vibrotaktile Elemente verstärkt, die etwa über Handschuhe, eine Weste oder speziell ausgerüstete Stühle vermittelt werden. Damit lassen sich auch die Bewegungen während eines Fluges realitätsnah simulieren.

Transfer in die Praxis steht noch aus

In Studien haben sich solche immersiven VR-Flugerfahrungen bereits als therapeutisch wirksam erwiesen3,4 . „Außerhalb von Forschungsvorhaben sind sie allerdings noch kaum verfügbar“, sagt Wortelboer – rechnet aber damit, dass sich das in den kommenden Jahren ändert. Denn die Technik ist auch ökonomisch interessant: Ein simulierter Flug ist aufgrund der entfallenden An- und Abreise wesentlich weniger zeitaufwendig als ein echter. Zudem kann die VR individuell angepasst und angstauslösende Flugsituationen herausgegriffen werden. Diese könnten dann häufiger und intensiver beübt werden.

Welche Therapie eignet sich für wen?

Wie eine Flugangst behandelt werden sollte, hängt von der Schwere der Symptomatik ab und davon, ob noch weitere psychische Störungen bestehen. „Vom Besuch eines Flugangst-Seminars profitieren am ehesten Menschen mit einer mittelstarken Flugangst“, sagt Wortelboer. Ihnen empfiehlt er, das Seminar dann zu buchen, wenn in absehbarer Zeit eine Flugreise geplant ist. Dann lasse sich der therapeutische Effekt optimal nutzen. Betroffene mit sehr starker Flugphobie oder weiteren Ängsten oder depressiven Symptomen sollten in jedem Fall eine eingehende Diagnostik und zielgerichtete Therapie erhalten. Bei nur leicht ausgeprägter Symptomatik dagegen könnten bereits spezielle Hörbücher oder Apps helfen, die auch während des Fluges genutzt werden könnten.

Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.

Quellen:
  • 1)
    YouGov. Haben Sie Flugangst? 2022 cited 12.02.2025; available from: https://yougov.de/topics/society/survey-results/daily/2022/03/23/90e57/2
  • 2)
    Schindler, B., Abt-Mörstedt, B., und Stieglitz, R.D. Flugangst und Flugphobie: Stand der Forschung. Verhaltenstherapie, 2017. 27(1): p. 35-43.
  • 3)
    Gottlieb, A. et al. The efficacy of a Virtual Reality Exposure Therapy Treatment for Fear of Flying: A Retrospective Study. Front. Psychol. , 15 June 2021,Sec. Environmental Psychology, Volume 12 – 2021 | https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.641393
  • 4)
    Tsamitros, N. et al. Die Anwendung der Virtuellen Realität in der Behandlung psychischer Störungen. Nervenarzt. 2022 Sep 2;94(1):27–33. doi: 10.1007/s00115-022-01378-z

Pressemeldung des CRM Centrum für Reisemedizin

Einfluss von Grunderkrankung und Medikation Reiseimpfungen bei Autoimmunerkrankungen – was und wann?

Düsseldorf/Berlin, 7. März 2025 – Menschen, die an einer Autoimmun-erkrankung leiden, haben ein erhöhtes Infektionsrisiko. Daher wird ihnen ein möglichst vollständiger Impfschutz empfohlen. Aber nicht jede Impfung ist jederzeit geeignet für Betroffene, deren Immunsystem nicht nur durch die Grunderkrankung, sondern auch durch immunmodulierende Medikamente beeinträchtigt ist. Wie sich notwendige Impfungen trotzdem sicher und effektiv verabreichen lassen, ist ein Thema auf der heutigen Hybrid-Pressekonferenz, die das CRM Centrum für Reisemedizin anlässlich des 26. Forums Reisen und Gesundheit veranstaltet.

Autoimmunerkrankungen haben in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Laut Kassendaten ist mindestens jede*r Zwölfte von Erkrankungen wie einer Hashimoto-Thyreoiditis, Zöliakie, Autoimmunhepatitis oder einer rheumatischen Erkrankung betroffen. Gemeinsam ist diesen und anderen Autoimmunerkrankungen, dass sie mit einer Dysbalance des Immunsystems einhergehen, mit übersteigerten Entzündungsreaktionen und Angriffen gegen körpereigenes Gewebe. „Bereits diese immunologische Schieflage sorgt dafür, dass die Betroffenen ein erhöhtes Infektionsrisiko haben“, sagt Professorin Dr. med. Martina Prelog von der Kinderklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg. Auch die häufig notwendige immunmodulatorische Medikation setzt die Immunfunktion herab, sodass das Infektionsrisiko im Vergleich zu Gesunden um rund 2- bis 4-mal erhöht ist und unter bestimmten Therapien für gewisse Infektionserreger auf das 20-Fache ansteigen kann.

Infektprävention durch Impfungen

Ein umfassender Impfschutz ist daher bei Autoimmunpatientinnen und -patienten besonders wichtig. Doch ist nicht jede Impfung zu jedem Zeitpunkt möglich und sinnvoll. „Bei der Impfentscheidung gilt es, sowohl die Art und Aktivität der Grunderkrankung als auch mögliche Begleiterkrankungen und die aktuelle Medikation zu berücksichtigen“, erläutert Prelog. Idealerweise werde der Impfschutz noch vor Beginn der immunmodulatorischen Therapie komplettiert. Wichtig seien dabei neben den Standardimpfungen auch die besonders für Risikogruppen empfohlenen Indikationsimpfungen, etwa gegen Pneumokokken, Influenza, RSV, COVID-19 und Herpes zoster.

Reisen frühzeitig planen

Eine besondere Herausforderung stellen Reiseimpfungen dar, da oft nur eine begrenzte Zeit bis zur Abreise zur Verfügung steht. „Dank der hochwirksamen Biologika-Therapien sind viele Autoimmunerkrankte heute weitgehend beschwerdefrei und haben Lust zu reisen“, sagt Prelog. Das sei eine erfreuliche Entwicklung – dennoch sollte das erhöhte Infektionsrisiko dabei nicht aus den Augen verloren werden. Reisen sollten daher frühzeitig geplant und mit dem betreuenden Arzt besprochen werden.

(Fast) kein Problem: Totimpfstoffe

Ob Reise- oder Standardimpfung: Meist handelt es sich dabei um Totimpfstoffe, die keine replikationsfähigen Krankheitserreger enthalten und deshalb auch für Menschen mit beeinträchtigter Immunfunktion sicher sind. „Eine Impfung mit einem Totimpfstoff ist immer möglich“, versichert Prelog. Allerdings baue sich der Impfschutz unter Immunmodulation oftmals langsamer auf, bleibe gegebenenfalls geringer und halte kürzer an. Je nach Medikation und Impfstoff werden daher zusätzliche Impfdosen und/oder eine Überprüfung des Antikörpertiters empfohlen.

Lebendimpfstoffe: Auf das Timing kommt es an

Replikationsfähige Impferreger sollten unter immunmodulierender oder immunsuppressiver Medikation prinzipiell nicht verabreicht werden, da eine übermäßige Vermehrung und Ausbreitung im Körper nicht ausgeschlossen werden können. „Wenn möglich sollten Lebendimpfungen daher immer vor Beginn der medikamentösen Therapie abgeschlossen sein“, rät Prelog. Wenn die Therapie aber schon begonnen hat, sollten Phasen mit niedrig dosierter Immunsuppression oder Einnahmepausen in stabilen Krankheitsphasen für die Impfungen genutzt werden.

Länder mit Gelbfieberrisiko vermeiden

Für die meisten Reiseimpfungen gibt es einen Totimpfstoff als Alternative zum Lebend­impfstoff. Unter den in Deutschland empfohlenen Impfungen sind nur die Masern­Mumps-Röteln- und die Windpocken-Impfung ausschließlich als Lebendimpfstoff verfügbar. Bei den Reiseimpfungen gilt die Gelbfieber-Impfung als größte Hürde – denn auch sie gibt es nur als Lebendimpfstoff, der zudem eine sehr hohe Replikationsfähigkeit aufweist und unter Immunsuppression kontraindiziert ist. Ausnahmen sind nur bei niedrig dosierter Medikation und strenger Nutzen-Risiko-Abwägung möglich. Menschen mit eingeschränkter Immunfunktion rät Prelog daher, gut zu überlegen, ob ihre Traumreise sie wirklich in ein Land mit hohem Gelbfieberrisiko führen muss, selbst wenn man durch Verhaltensmaßnahmen das Stechrisiko durch die Gelbfieber übertragenden Mücken vermindern kann.

Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.

Quellen:

Akmatov MK, Holstiege J, Dammertz L, Kohring C, Müller D. Entwicklung der Prävalenz diagnostizierter Autoimmunerkrankungen im Zeitraum 2012–2022. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi). Versorgungsatlas-Bericht Nr. 24/05. Berlin 2024 > https://doi.org/10.20364/VA-24.05)

Pressekonferenz des CRM Centrum für Reisemedizin anlässlich des 26. Forums Reisen und Gesundheit Freitag, 7. März 2025, 10 bis 11 Uhr, hybrid


STATEMENT

Fast vergessen, aber immer noch sehr lebendig: Chagas

PD Dr. med. Thomas Zoller Fächerverbund Infektiologie, Pneumologie und Intensivmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin

Die Chagas-Krankheit gehört zu den sogenannten „vernachlässigten Infektionskrankheiten“ und kommt in den Ländern Lateinamerikas bis in die südlichen Teile der USA vor. Die Erkrankung wird durch den parasitären Erreger Trypanosoma cruzi hervorgerufen. Die Infektion findet in der Regel im Kindes- und Jugendalter durch den Biss von Raubwanzen statt und führt zu einer lebenslangen chronischen Infektion. Weit überwiegend sind Menschen betroffen, die längere Zeit unter sehr einfachen Umständen und in unbefestigten Häusern beziehungsweise Hütten gelebt haben, in deren Umfeld die Raubwanzen leben. Weltweit sind circa 7 Millionen Menschen chronisch infiziert (1), in Europa leben circa 4,6 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Lateinamerika (davon 2,2 Millionen in Spanien); es wird angenommen, dass in dieser Bevölkerungsgruppe circa 1,8 bis 2,8 Prozent der Menschen chronisch infiziert sind (2). Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 60 000 und 120 000 Menschen, die chronisch mit dem Erreger der Chagas­Krankheit infiziert sind, in Europa leben (3).

Infizierte Menschen können den Erreger lebenslang durch einen Biss einer Raubwanze erneut an andere Menschen übertragen. Nur ein Drittel der Infizierten entwickelt eine Erkrankung; Betroffene leiden entweder an einer chronischen Herzerkrankung, welche typischerweise zu Herzrhythmusstörungen und chronischem Herzversagen führt. Bei anderen Erkrankten ist der Magen-Darm-Trakt betroffen; durch Störungen des Nervensystems am Darm kann es zur Aufweitung der Speiseröhre und des Darms kommen. Die Patienten leiden an chronischen Verdauungsstörungen. Nur in der frühen Phase der Infektion können die Parasiten medikamentös mit Aussicht auf Heilung behandelt werden; später steht primär die Behandlung der Komplikationen der Erkrankung im Vordergrund.

Die Chagas-Krankheit ist in medizinischen Fachkreisen in Deutschland nur wenig bekannt; insbesondere im chronischen Stadium ist die Behandlung jedoch komplex und interdisziplinär und erfordert eingehende Kenntnisse und Erfahrungen. Häufig

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wissen auch Betroffene über die Erkrankung sehr wenig und rechnen nicht damit, dass sie infiziert sein könnten. Hieraus ergibt sich ein Risiko potenzieller Infektionen auch in Deutschland über den Weg der Blutspende, der Organtransplantation oder auch von der Mutter auf das Kind. Eine entsprechende Testung von Blut- oder Organspendern sowie Müttern aus Gebieten, wo die Chagas-Krankheit vorkommt, ist in Deutschland bislang jedoch nicht vorgesehen.

Reisende können sich potenziell auf zwei Wegen mit dem Erreger der Chagas­Krankheit infizieren: Zum einen besteht ein Risiko beim Trinken von frisch gepressten Fruchtsäften oder Zuckerrohrsaft. Hier besteht das Risiko, dass infizierte Raubwanzen mit Blättern oder Früchten während der Produktion des Saftes mit gepresst werden und der hochgradig infektiöse Kot der Wanze in den Saft gelangt. Die Erreger werden beim Trinken über die Schleimhaut des Mundes und der Speiseröhre aufgenommen. Die akute Infektion kann aufgrund der hohen Erregermenge schwerer verlaufen; zur Prävention sind vor allem Methoden der Nahrungsmittelhygiene (zum Beispiel Herkunft aus kontrollierter Herstellung, Pasteurisierung) zu empfehlen (4).

Zum anderen besteht die Möglichkeit einer Infektion durch den Biss einer Wanze bei Aufenthalten in Lateinamerika unter sehr einfachen Bedingungen, das heißt ohne feste Behausung oder in einfachen Hütten (zum Beispiel Lehmhütten mit Strohdach). Ein Fall wie dieser wurde kürzlich bei einer in den USA lebenden Patientin berichtet, die vor über 50 Jahren einen Camping-Urlaub im Zelt in Mexiko verbracht hatte, dann über Schluckbeschwerden die Diagnose einer chronischen Chagas-Krankheit gestellt wurde (5). Bettnetze können Reisende vor einem Biss einer Raubwanze schützen, sofern sie korrekt angebracht sind und immer ein Abstand zwischen dem Netz und dem Körper gewährleistet ist. Daneben ist anzuraten, in endemischen Regionen Übernachtungen in einfachen Behausungen (Holz oder Lehm) zu vermeiden (6), da sich die Raubwanzen typischerweise in den Wänden der Häuser aufhalten.

Die Gesamtzahl der Infektionen bei Reisenden ist im Verhältnis zu anderen Infektionen und Risiken der Reise nach Süd- und Mittelamerika gering. Jedoch sollten insbesondere Reisende mit geplanten längeren Aufenthalten unter einfachen Wohn­und Lebensbedingungen in Lateinamerika wie zum Beispiel Entwicklungshelfer oder Schüler/Studenten in Praktika über die Infektion und Maßnahmen zur Prävention informiert werden. Auch Rucksackreisende, die in Dörfern in einfachen Behausungen oder auf Campingplätzen in Süd- und Mittelamerika sowie auch im Süden der USA übernachten, könnten betroffen sein.

Das deutsche Chagas-Netzwerk („Erkennung und Lenkung von Chagas-Patienten in Deutschland“ – ELCiD, teilnehmende Universitätskliniken: Berlin, Hamburg, Köln, Würzburg, München, Düsseldorf) bietet Migranten in Deutschland mit einem Risiko für eine Infektion eine Beratung und Testung an. Im Falle des Nachweises einer Infektion wird die Behandlung eingeleitet und gegebenenfalls eine erforderliche multidisziplinäre Therapie koordiniert. Reisende mit einem entsprechenden absehbaren Risiko können sich in den am Projekt beteiligten Zentren entsprechend beraten lassen.

(Es gilt das gesprochene Wort!) Berlin, März 2025

Literatur

  • 1.
    Chagas disease [Internet], [zitiert 13. Februar 2025]. Verfügbar unter: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/chagas-disease-(american­trypanosomiasis)
  • 2.
    Gonzalez-Sanz M, Crespillo-Andújar C, Chamorro-Tojeiro S, Monge-Maillo B, Perez-Molina JA, Norman FF. Chagas Disease in Europe. Trop Med Infect Dis. 2023 Dec;8(12):513.
  • 3.
    Basile L, Jansa JM, Carlier Y, Salamanca DD, Angheben A, Bartoloni A, et al. Chagas disease in European countries: the challenge of a surveillance system. Euro Surveill. 2011 Sep;16(37).
  • 4.
    Franco-Paredes C, Villamil-Gómez WE, Schultz J, Henao-Martínez AF, Parra-Henao G, Rassi A, et al. A deadly feast: Elucidating the burden of orally acquired acute Chagas disease in Latin America – Public health and travel medicine importance. Travel Med Infect Dis. 2020 Jul;36:101565.
  • 5.
    Beatty NL, Alcala RF, Luque NA, Radetic M, Joshi-Guske P, Alakrad E, et al. Case Report: Chagas Disease in a Traveler Who Developed Esophageal Involvement Decades after Acute Infection. Am J Trop Med Hyg. 2023 Mar;108(3):543-547.
  • 6.
    Trypanosomiasis, American / Chagas Disease | CDC Yellow Book 2024 [Internet], [zitiert 13. Februar 2025]. Verfügbar unter: https://wwwnc.cdc.gov/travel/yellowbook/2024/infections­diseases/trypanosomiasis-american-chagas-disease

STATEMENT

Neue Therapieansätze bei der Flugangst – oder: Was hilft gegen Flugangst?

Dr. med. Udo Wortelboer Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Frankfurt/Main

Häufigkeit, Subtypen und klinische Diagnose

Rund die Hälfte der Flugreisenden in Deutschland empfindet Unbehagen beim Fliegen, die Prävalenz von Flugangst liegt bei 26 Prozent [1, 2]. Bei rund einem Viertel der Betroffenen bezieht sich dies auf den gesamten Flug, überwiegend jedoch nur auf Start oder Landung sowie auf Turbulenzen.

Die enger gefasste Flugphobie als klinische Diagnose ist deutlich seltener mit einer Prävalenz zwischen 1,6 und 2,9 Prozent [3]. Allerdings sind die Auswirkungen umso intensiver, Angstsymptome bis hin zu Panikattacken treten bereits bei der Planung und Antizipation einer Flugreise auf, was in der Regel zu ausgeprägtem Vermeidungsverhalten führt.

Insgesamt handelt es sich um sehr heterogene Ausprägungen und uneinheitliche Entstehungsbedingungen.

Erklärungsmodelle

Fliegen ist für die meisten Menschen kein alltägliches Ereignis, was insbesondere bei Personen mit ängstlichen Persönlichkeitszügen und anderen Angststörungen eine erhöhte Verunsicherung und stärkere ängstliche Reaktionsbereitschaft bedingen kann. Dabei spielen unter anderem die Faktoren der Höhe, räumliche Enge im Flugzeug, Sorge vor einem Crash und die fehlende Kontrolle eine Rolle.

Von Flugangst Betroffene fühlen sich häufiger als Kontrollpersonen durch mediale Berichte über Flugunfälle bestärkt, wobei dieser Effekt bei denen, die keine Flugerfahrungen haben, geringer ausgeprägt ist [4, 5]. Das klassische Lernmodell, bei dem negative eigene Flugerlebnisse zur Entstehung der Flugangst führen, stellt keine notwendige Voraussetzung dar.

Therapieprinzipien

Angst ist grundsätzlich lebensnotwendig, um Risiken zu erkennen und zu bewerten. Angst im Übermaß, das heißt, wenn diese losgelöst von der Situation fortbesteht oder nach rationaler Prüfung trotz eines geringen Gefahrenpotenzials zu Vermeidung führt, kann erhebliches Leiden verursachen, wenn dadurch persönliche oder berufliche Ziele und Wünsche nicht umgesetzt werden.

Die kognitiv-verhaltenstherapeutischen Therapieprinzipien, die erfolgreich bei anderen Ängsten eingesetzt werden, sind auch bei Flugangst und -phobie wirksam. Dazu zählen vor allem die Informationsvermittlung zu Angst, den Routineabläufen im Flug und den streng regulierten Sicherheitsstandards. Im Zentrum steht jedoch die Exposition mit der Angst auslösenden Situation. Bei isolierten Phobien sind dabei eine hohe Reizintensität und -dichte hilfreich (sogenanntes Flooding), wodurch eine schnellere Gewöhnung (Habituation) möglich ist, sodass die katastrophisierende Erwartung herunterreguliert wird.

In der Praxis werden nach vergleichbaren Prinzipien international Flugangstseminare angeboten, die meist als Kooperation von Airlines und Psychotherapeut*innen über ein bis zwei Tage stattfinden und mit einem Flug abgeschlossen werden. Wissenschaftliche Evaluationen aus den Niederlanden und Deutschland zeigen hohe Therapieeffekte, die auch über einen Zeitraum bis zu einem Jahr bezüglich der Symptomatik und Verhaltensänderung (weitere Flugerfahrung) anhielten [6, 7]. Die hohen Effektstärken, die auch in anderen Studien zur Therapie von Flugangst berichtet werden, sind unter dem Vorbehalt zu bewerten, dass die Teilnehmenden aktiv Hilfe suchen, eine hohe Motivation und positive Erwartung aufweisen und meist isolierte flugbezogene Ängste ohne weitere psychische Beeinträchtigungen bestehen.

Neuere Entwicklungen und Techniken

In Kombination mit den kognitiv-verhaltenstherapeutischen Verfahren wurden schon früh Möglichkeiten der virtuellen Realität (VR), in den letzten Jahren ergänzt um vibrotaktile Elemente, untersucht. Studien weisen ebenfalls hohe Effektstärken aus, wobei Vorteile im individuell intensivierten Training spezifischer angstbesetzter Flugsituationen bestehen. Allerdings sind entsprechende Angebote kaum außerhalb von Forschungsvorhaben verfügbar.

Nachdem internetbasierte Therapiemodule in der Vergangenheit hohe Drop-out­Raten zeigten, werden aktuell zunehmend App-gestützte Ansätze untersucht, die im Wesentlichen auf den CBT-Konzepten beruhen und inflight genutzt werden können.

Pragmatische Empfehlung – wer braucht was?

Flugangstseminare werden in unterschiedlichen Intensitäten, von 2 Stunden bis 2 Tagen, mit und ohne Flug, angeboten. Die Kosten variieren entsprechend. Der wesentliche Nutzen besteht für Betroffene, die neben der Flugangst keine wesentlichen weiteren psychischen Belastungen haben. Zu empfehlen ist ebenfalls, ein entsprechendes Seminar zu besuchen, wenn in absehbarer Zeit ein Flug geplant ist, um die Effekte aktiv nutzen zu können. Sowohl bei leichten Beeinträchtigungen wie auch zur Ergänzung sind ebenfalls Hörbücher sowie Apps verfügbar. Je ausgeprägter die Beschwerden sind und wenn weitere Ängste oder depressive Symptome vorliegen, ist in jedem Fall eine psychiatrische oder psychotherapeutische Diagnostik zu empfehlen, um eine zielgerichtete Therapie zu planen.

(Es gilt das gesprochene Wort!) Berlin, März 2025

Literatur

  • 1.
    Allensbach, I. Wieder mehr Flugreisen, in Allensbacher Berichte. 2003, Institut für Demoskopie Allensbach.
  • 2.
    YouGov. Haben Sie Flugangst? 2022 [cited 12.02.2025]; available from: https://yougov.de/topics/society/survey-results/daily/2022/03/23/90e57/2.
  • 3.
    Schindler, B., Abt-Mörstedt, B., und Stieglitz, R.D. Flugangst und Flugphobie: Stand der Forschung. Verhaltenstherapie, 2017. 27(1): p. 35-43.
  • 4.
    Nousi, A., et al. Different flying histories in flying phobics: association with psychopathology and treatment outcome. Aviat Space Environ Med, 2008. 79(10): p. 953-959.
  • 5.
    Schindler, B., et al. WAYS OF ACQUIRING FLYING PHOBIA. Depression and Anxiety, 2016. 33(2): p. 136-142.
  • 6.
    Van Gerwen, L.J., Spinhoven, P., and van Dyck, R. Behavioral and cognitive group treatment for fear of flying: A randomized controlled trial. Journal of Behavior Therapy and Experimental Psychiatry, 2006. 37(4): p. 358-371.
  • 7.
    Wannemueller, A., et al. Large-group one-session treatment: Feasibility and efficacy in 138 individuals with phobic fear of flying. Behaviour Research and Therapy, 2020. 135: p. 103735.

STATEMENT

Prävention unter Therapie mit neuen Immunmodulantien: Wann kann ich was wem impfen?

Prof. Dr. med. Martina Prelog, M.Sc. Kinderklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg

1. Autoimmunerkrankungen nehmen zu

Die Prävalenz diagnostizierter Autoimmunerkrankungen laut Versorgungsatlas des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung ist unter gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen. Die vertragsärztlichen Abrechnungsdaten zeigen zwischen 2012 und 2022 eine Zunahme von 7,06 auf 8,61 Prozent. Das entspricht einem relativen Anstieg um 22 Prozent. Insgesamt ist im Jahr 2022 bei mehr als 6,3 Millionen Patientinnen und Patienten (von insgesamt 73,24 Millionen gesetzlich Versicherten) mindestens eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert worden. Die höchste Prävalenz wies Hashimoto-Thyreoiditis mit 2,3 Prozent auf, gefolgt von Psoriasis (1,85 Prozent) und rheumatoider Arthritis (1,36 Prozent).

Bei 28 von 30 Autoimmunerkrankungen stieg die Prävalenz an. Die höchste Zunahme mit + 130 Prozent war bei Zöliakie zu verzeichnen, gefolgt von Autoimmunhepatitis (+ 80 Prozent), Hashimoto-Thyreoiditis (+ 72 Prozent) und primärer biliärer Zirrhose (+ 68 Prozent). Lediglich bei zwei Erkrankungen (Diabetes mellitus Typ 1 und Sjögren­Syndrom) war ein Rückgang der Prävalenz zu beobachten (– 18 beziehungsweise – 27 Prozent). Bei weiblichen Versicherten fiel die Zunahme stärker aus als bei männlichen Versicherten (+ 28 versus + 14 Prozent). Zudem war die Zunahme bei Erwachsenen im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen höher. (Weitere Informationen: Akmatov MK, Holstiege J, Dammertz L, Kohring C, Müller D. Entwicklung der Prävalenz diagnostizierter Autoimmunerkrankungen im Zeitraum 2012–2022. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi). Versorgungsatlas-Bericht Nr. 24/05. Berlin 2024 > https://doi.org/10.20364/VA-24.05)

2. Einsatz von immunmodulierenden Medikamenten nimmt zu

Eine Auswertung aus den Jahren 2012 bis 2018 des Versorgungsatlas-Berichts zeigte, dass gleichzeitig der Anteil an Autoimmunpatientinnen und -patienten mit Biologika­Therapie anstieg. Während 2012 noch 61 von 1000 betroffenen Versicherten mit Biologika behandelt wurden, waren es 2018 bereits 86 von 1000. Das entspricht einem Zuwachs von 43 Prozent. Da die Zahl von Patientinnen und Patienten mit Autoimmunerkrankung zeitgleich zunahm, verzeichnete die Anzahl der Versorgten mit Biologika-Therapie (2012: 145.897 / 2019: 250.036) sogar einen Anstieg um 73 Prozent. (Weitere Informationen: Holstiege J, Klimke K, Akmatov MK, Kohring C, Dammertz L, Bätzing J. Bundesweite Verordnungstrends biologischer Arzneimittel bei häufigen Autoimmunerkrankungen, 2012 bis 2018. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi). Versorgungsatlas-Bericht Nr. 21/03. Berlin 2021. > URL: https://doi.org/10.20364/VA-21.03)

Über 30 Biologika und Small Molecules wie zum Beispiel Januskinase-Inhibitoren sind zur Behandlung chronisch-entzündlicher, allergischer und onkologischer Erkrankungen in Deutschland zugelassen. Alle diese Medikamente modulieren das Immunsystem insofern, dass Entzündungsreaktionen im Rahmen von Autoimmunität und Autoinflammation unterdrückt werden.

3. Infektionsrisiko bei Patientinnen und Patienten mit entzündlichen Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen hoch

Die immunologische Dysbalance durch die Grunderkrankung selbst und die durch die immunmodulatorische Therapie führt zu einem erhöhten Infektionsrisiko. Somit existieren patientenspezifische Faktoren, wie Art der Grunderkrankung und Begleiterkrankungen, immunologische (Rest-)Aktivität, Alter, Geschlecht, Risikoverhalten, Epidemiologie und pharmakologische Faktoren, wie Art des Biologikums oder Small Molecules, Dosis, gleichzeitige Immunsuppression. Das Infektionsrisiko wird generell 2- bis 4-mal höher als bei der immunologisch gesunden Normalbevölkerung geschätzt.

Unterschiedliche Biologika und Small Molecules haben verschiedene Auswirkungen auf das Immunsystem:

  • TNF-α-Inhibitoren (zum Beispiel Infliximab, Adalimumab, Etanercept) erhöhen das Risiko für bakterielle, virale und opportunistische Infektionen wie Tuberkulose oder Pilzinfektionen.
  • IL-6-Blocker (zum Beispiel Tocilizumab) erhöhen das Risiko für bakterielle Infektionen, insbesondere der Atemwege.
  • B-Zell-Depletionstherapien (zum Beispiel Rituximab) können das Risiko für schwere virale Infektionen (zum Beispiel Hepatitis B, JC-Virus mit progressiver multifokaler Leukenzephalopathie) erhöhen.
  • IL-17- und IL-23-Inhibitoren haben ein geringeres Infektionsrisiko als TNF­Blocker, können aber Pilzinfektionen wie Candidosen begünstigen.
  • Januskinase-Inhibitoren begünstigen Herpes-zoster-Erkrankungen.

4. Prävention durch Impfungen wichtig. Totimpfstoffe immer möglich, Lebendimpfstoffe nach Risiko-Nutzen-Abwägung

Patienten mit Immunmodulation sollten idealerweise vor Beginn der Therapie ihren Impfstatus komplettieren. Wichtig sind die Indikationsimpfungen wie gegen Pneumokokken, Herpes zoster, Influenza, RSV, COVID-19. Totimpfstoffe gelten auch unter Immunmodulation als sicher, da sie nicht mehr replikationsfähig sind, es können jedoch Impfantworten niedriger ausfallen, weshalb bei bekannten protektiven Antikörpertitern eine serologische Bestimmung erfolgen sollte. Generell gilt: Impfantworten sind lower, slower, shorter, aber trotzdem impfen, da der Nutzen überwiegt.

Lebendimpfstoffe sind meist unter Immunmodulatoren kontraindiziert, da das theoretische Risiko der Dissemination des abgeschwächten Impferregers mit entsprechenden Komplikationen auftreten könnte. Ist eine Komplettierung des Impfstatus mit Lebendimpfstoffen im „Window of Opportunity“ vor oder bei Beginn der Immunmodulation nicht möglich, können diese unter bestimmten Umständen nach individueller Risiko-Nutzen-Bewertung trotzdem verabreicht werden. Dies gilt für niedrig dosierte Immunsuppression oder bestimmte niedrig dosierte Biologika oder wenn eine Pause von mindestens 2 bis 4 Halbwertszeiten des Biologikums eingelegt werden kann, also idealerweise in der stabilen Phase der Erkrankung oder in Remission.

5. Reiseimpfungen auch bei Immunmodulation

Erfreulicherweise zeigen viele Patientinnen und Patienten mit Autoimmunerkrankungen durch die neuen Therapien eine hohe Lebensqualität, die auch Lust auf Reisen macht beziehungsweise auch beruflich indizierte Reisen ermöglicht. Auch für Reiseimpfungen gilt, Totimpfstoffe sind immer möglich, Lebendimpfstoffe nach Risiko-Nutzen-Abwägung. Insbesondere orale Lebendimpfstoffe zum Beispiel gegen Typhus oder Cholera sollten bei chronisch­entzündlichen Darmerkrankungen nicht verabreicht, sondern auf die parenteralen Impfstoffvarianten umgestiegen werden. Der Gelbfieber-Impfstoff, ein hoch replikativer, abgeschwächter Impfstamm, ist bei Immunmodulation kontraindiziert, da es zu schweren disseminierten Erkrankungen kommen kann. Hier sollte die Risiko-Nutzen-Abwägung besonders streng gestellt werden. Bestimmte für Reisen indizierte Impfstoffe erfordern bei Immunsupprimierten zusätzliche Dosen (zum Beispiel Hepatitis A, Tollwut, FSME), um eine optimale Impfantwort zu generieren.

(Es gilt das gesprochene Wort!) Berlin, März 2025


STATEMENT

Allgemeine Weltseuchenlage und Reiseimpfungen: Was gibt es Neues?

Prof. Dr. med. Tomas Jelinek Wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf; Medizinischer Leiter BCRT – Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin; Präsident der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin e.V. (DFR)

Die globale Gesundheitslandschaft wird kontinuierlich von Infektionskrankheiten geprägt, die durch veränderte Umweltbedingungen, Urbanisierung, Klimawandel und internationale Mobilität begünstigt werden. Besonders in tropischen und subtropischen Regionen bleiben durch Mücken übertragene Erkrankungen wie Dengue-Fieber, Chikungunya und Zika eine Herausforderung. In den letzten Jahren haben sich diese Krankheiten durch klimatische Veränderungen auch in gemäßigte Breiten ausgebreitet, was zu verstärkten Präventionsmaßnahmen in neuen Risikogebieten führt. Im letzten Jahr wurden vor allem bei Dengue Rekordzahlen gemeldet: Weltweit wurden mehr als 14 Millionen Dengue-Fälle und 10 000 Tote durch Dengue registriert. Insbesondere in Asien und Lateinamerika stiegen die Fallzahlen auch 2024 erneut deutlich an. Zusätzlich kam es zu einem länderübergreifenden Ausbruch von Chikungunya in Lateinamerika. Seit wenigen Jahren fällt auch die zunehmende Ausbreitung des Oropouche-Virus in Lateinamerika auf.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die steigende Bedrohung durch multiresistente Erreger. Antibiotikaresistenzen nehmen weltweit zu und erschweren die Behandlung bakterieller Infektionen wie Typhus oder Tuberkulose. Neue Impfstoffe und Strategien zur Prävention dieser Erkrankungen sind daher von großer Bedeutung. Auch die Affenpocken (Mpox), ursprünglich vor allem in Zentral- und Westafrika verbreitet, erregten durch jüngste Ausbrüche in nicht endemischen Regionen weltweite Aufmerksamkeit und führten zu einer verstärkten Impfempfehlung für Risikogruppen. Im Bereich der Reiseimpfungen gibt es einige bedeutende Neuerungen. In den letzten Jahren wurden neue Impfstoffe gegen Dengue-Fieber und Chikungunya zugelassen, die einen Meilenstein in der Prävention dieser schweren Tropenkrankheiten darstellen. Auch die Entwicklungen bei anderen Impfstoffen zeigen Fortschritte in der Verfügbarkeit und Wirksamkeit.

Ein wachsender Fokus liegt zudem auf der Impfung gegen FSME (Frühsommer­Meningoenzephalitis), da Zecken durch klimatische Veränderungen in neuen Regionen vorkommen. Zudem wird verstärkt über die Bedeutung der Tollwutimpfung für Reisende diskutiert, insbesondere für Individualreisende und Abenteuerurlauber, die in engem Kontakt mit Wild- oder Haustieren stehen.

Zusammenfassend zeigt sich, dass neue epidemiologische Entwicklungen und wissenschaftliche Fortschritte die Impfstrategien weltweit beeinflussen. Die fortschreitende Anpassung der Impfempfehlungen ist entscheidend, um Reisende bestmöglich zu schützen und die Ausbreitung gefährlicher Erreger einzudämmen. Vor jeder Reise wird daher dringend empfohlen, sich über aktuelle Impfempfehlungen zu informieren und individuelle Risikofaktoren zu berücksichtigen. Impfungen werden zu Recht als eine der effektivsten Maßnahmen bezeichnet, die die Medizin zur Verfügung hat. Angesichts der weltweiten Erkrankungszahlen an impf-präventablen Krankheiten ist es unverständlich und auch tragisch, dass die Impfraten in Deutschland in vielen Fällen immer noch unter dem wünschenswerten Niveau liegen. Die reisemedizinische Beratung bietet hier eine hervorragende Gelegenheit, Impflücken aufzufrischen. Bei den Reiseimpfungen kann unterschieden werden zwischen Pflichtimpfungen, die zur Einreise in einzelnen Ländern vorgeschrieben sind, Standardimpfungen, die generell allen Reisenden empfohlen werden, und Indikationsimpfungen, die in besonderen Situationen angezeigt sind.

STATEMENT

Allgemeine Weltseuchenlage und Reiseimpfungen: Was gibt es Neues?

Prof. Dr. med. Tomas Jelinek Wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf; Medizinischer Leiter BCRT – Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin; Präsident der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin e.V. (DFR)

Die globale Gesundheitslandschaft wird kontinuierlich von Infektionskrankheiten geprägt, die durch veränderte Umweltbedingungen, Urbanisierung, Klimawandel und internationale Mobilität begünstigt werden. Besonders in tropischen und subtropischen Regionen bleiben durch Mücken übertragene Erkrankungen wie Dengue-Fieber, Chikungunya und Zika eine Herausforderung. In den letzten Jahren haben sich diese Krankheiten durch klimatische Veränderungen auch in gemäßigte Breiten ausgebreitet, was zu verstärkten Präventionsmaßnahmen in neuen Risikogebieten führt. Im letzten Jahr wurden vor allem bei Dengue Rekordzahlen gemeldet: Weltweit wurden mehr als 14 Millionen Dengue-Fälle und 10 000 Tote durch Dengue registriert. Insbesondere in Asien und Lateinamerika stiegen die Fallzahlen auch 2024 erneut deutlich an. Zusätzlich kam es zu einem länderübergreifenden Ausbruch von Chikungunya in Lateinamerika. Seit wenigen Jahren fällt auch die zunehmende Ausbreitung des Oropouche-Virus in Lateinamerika auf.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die steigende Bedrohung durch multiresistente Erreger. Antibiotikaresistenzen nehmen weltweit zu und erschweren die Behandlung bakterieller Infektionen wie Typhus oder Tuberkulose. Neue Impfstoffe und Strategien zur Prävention dieser Erkrankungen sind daher von großer Bedeutung. Auch die Affenpocken (Mpox), ursprünglich vor allem in Zentral- und Westafrika verbreitet, erregten durch jüngste Ausbrüche in nicht endemischen Regionen weltweite Aufmerksamkeit und führten zu einer verstärkten Impfempfehlung für Risikogruppen. Im Bereich der Reiseimpfungen gibt es einige bedeutende Neuerungen. In den letzten Jahren wurden neue Impfstoffe gegen Dengue-Fieber und Chikungunya zugelassen, die einen Meilenstein in der Prävention dieser schweren Tropenkrankheiten darstellen. Auch die Entwicklungen bei anderen Impfstoffen zeigen Fortschritte in der Verfügbarkeit und Wirksamkeit.

Ein wachsender Fokus liegt zudem auf der Impfung gegen FSME (Frühsommer­Meningoenzephalitis), da Zecken durch klimatische Veränderungen in neuen Regionen vorkommen. Zudem wird verstärkt über die Bedeutung der Tollwutimpfung für Reisende diskutiert, insbesondere für Individualreisende und Abenteuerurlauber, die in engem Kontakt mit Wild- oder Haustieren stehen.

Zusammenfassend zeigt sich, dass neue epidemiologische Entwicklungen und wissenschaftliche Fortschritte die Impfstrategien weltweit beeinflussen. Die fortschreitende Anpassung der Impfempfehlungen ist entscheidend, um Reisende bestmöglich zu schützen und die Ausbreitung gefährlicher Erreger einzudämmen. Vor jeder Reise wird daher dringend empfohlen, sich über aktuelle Impfempfehlungen zu informieren und individuelle Risikofaktoren zu berücksichtigen. Impfungen werden zu Recht als eine der effektivsten Maßnahmen bezeichnet, die die Medizin zur Verfügung hat. Angesichts der weltweiten Erkrankungszahlen an impf-präventablen Krankheiten ist es unverständlich und auch tragisch, dass die Impfraten in Deutschland in vielen Fällen immer noch unter dem wünschenswerten Niveau liegen. Die reisemedizinische Beratung bietet hier eine hervorragende Gelegenheit, Impflücken aufzufrischen. Bei den Reiseimpfungen kann unterschieden werden zwischen Pflichtimpfungen, die zur Einreise in einzelnen Ländern vorgeschrieben sind, Standardimpfungen, die generell allen Reisenden empfohlen werden, und Indikationsimpfungen, die in besonderen Situationen angezeigt sind.

Virtuelle Realität in der Psychotherapie

Mit der VR-Brille gegen die Flugangst

 

Düsseldorf/Berlin – Flugangst ist ein häufiges Phänomen. In unterschiedlichen Ausprägungen betrifft sie bis zu einem Viertel der Bevölkerung1. Klinisch bedeutsam ist die Phobie nur bei rund jedem zehnten Betroffenen2 – dann können die Symptome allerdings so stark ausgeprägt sein, dass sie berufliche Pläne gefährden. Welche Therapiemöglichkeiten es gibt und wie die virtuelle Realität (VR) hier helfen kann, war ein Thema auf der heutigen Pressekonferenz des CRM Centrum für Reisemedizin. Sie findet anlässlich des 26. Forums Reisen und Gesundheit in Berlin statt.

 

Ein mulmiges Gefühl beim Start oder bei Turbulenzen – wer je geflogen ist, kennt diese Phasen leichter Angespanntheit, die meist schnell wieder vorübergehen. „Mit echter Flugangst hat das jedoch nichts zu tun“, sagt Dr. med. Udo Wortelboer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Frankfurt am Main. Von Flugphobie im engeren Sinne spreche man erst dann, wenn die Angst auch losgelöst von der Situation fortbestehe, es etwa bereits bei der Planung einer Flugreise zu Panikattacken komme. Auch bei ungewolltem und ausgeprägtem Vermeidungsverhalten – wenn etwa das Besteigen eines Flugzeugs trotz des objektiv sehr geringen Gefahrenpotenzials unmöglich erscheint – kann professionelle Hilfe notwendig sein.

Es gibt wirksame Therapien

Wie andere Angststörungen wird auch die Flugangst in der Regel nach den Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie behandelt. In meist ein- oder zweitägigen Seminaren werden Informationen dazu vermittelt, wie Ängste entstehen und welche biologische Funktion sie erfüllen. Außerdem werden Einblicke in die Routineabläufe im Flugzeug gegeben und die hohen Sicherheitsstandards erklärt. „Im Zentrum steht jedoch die Konfrontation mit der angstauslösenden Situation“, sagt Wortelboer. Flugangst-Seminare werden daher oft in Kooperation mit Fluglinien angeboten und schließen mit einem Flug ab.

Auch ein VR-Flug wirkt

Hier kommt die VR ins Spiel. Sie ermöglicht es, in eine dreidimensionale digitale Umgebung einzutauchen und dort Erfahrungen zu sammeln, die denen in der realen Welt sehr nahekommen. Mithilfe einer VR-Brille und der entsprechenden Software können sich die Anwender auch ihren Ängsten stellen – eine Spinne von nahem betrachten, aus der Höhe in einen Abgrund blicken oder eben in ein Flugzeug steigen. Bei modernen Geräten wird der realistische Eindruck oft noch durch vibrotaktile Elemente verstärkt, die etwa über Handschuhe, eine Weste oder speziell ausgerüstete Stühle vermittelt werden. Damit lassen sich auch die Bewegungen während eines Fluges realitätsnah simulieren.

Transfer in die Praxis steht noch aus

In Studien haben sich solche immersiven VR-Flugerfahrungen bereits als therapeutisch wirksam erwiesen3,4. „Außerhalb von Forschungsvorhaben sind sie allerdings noch kaum verfügbar“, sagt Wortelboer – rechnet aber damit, dass sich das in den kommenden Jahren ändert. Denn die Technik ist auch ökonomisch interessant: Ein simulierter Flug ist aufgrund der entfallenden An- und Abreise wesentlich weniger zeitaufwendig als ein echter. Zudem kann die VR individuell angepasst und angstauslösende Flugsituationen herausgegriffen werden. Diese könnten dann häufiger und intensiver beübt werden.

Welche Therapie eignet sich für wen?

Wie eine Flugangst behandelt werden sollte, hängt von der Schwere der Symptomatik ab und davon, ob noch weitere psychische Störungen bestehen. „Vom Besuch eines Flugangst-Seminars profitieren am ehesten Menschen mit einer mittelstarken Flugangst“, sagt Wortelboer. Ihnen empfiehlt er, das Seminar dann zu buchen, wenn in absehbarer Zeit eine Flugreise geplant ist. Dann lasse sich der therapeutische Effekt optimal nutzen. Betroffene mit sehr starker Flugphobie oder weiteren Ängsten oder depressiven Symptomen sollten in jedem Fall eine eingehende Diagnostik und zielgerichtete Therapie erhalten. Bei nur leicht ausgeprägter Symptomatik dagegen könnten bereits spezielle Hörbücher oder Apps helfen, die auch während des Fluges genutzt werden könnten.

Über das CRM Centrum für Reisemedizin

Das CRM Centrum für Reisemedizin trägt als unabhängiges, anerkanntes Fachinstitut Informationen über Infektions- und andere relevante Gesundheitsrisiken aus aller Welt zusammen und wertet sie aus. Ärzte und Apotheker können auf die daraus ent­wickelten Fachinformationsdienste für ihre reisemedizinische Gesundheitsberatung zurückgreifen – etwa auf das jährlich erscheinende Standardwerk „CRM Handbuch Reisemedizin“. Das CRM ist darüber hinaus der führende Anbieter von Seminaren zum Thema „Reise- und Tropenmedizin“, die von den Landesärzte- und Apothekerkammern als Fortbildungsmaßnahmen anerkannt und mit Punkten bewertet werden. Das CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf, wurde 1988 gegründet und ist seit 2005 ein Unternehmen der Thieme Verlagsgruppe.

Von admin