Deutscher Musical Theater Preis 2025

 

Ein Abend für das Musical – „Die Weiße Rose“ siegt mit Pathos und Präzision

 

Bei der Verleihung des Deutschen Musical Theater Preises 2025 in Berlin triumphiert ein Stück über Zivilcourage – und eine Grande Dame wird geehrt.

 

Das Tipi am Kanzleramt, sonst Ort gepflegter Unterhaltung, zeigte sich am Sonntagabend von seiner glanzvollsten Seite. Wo sonst Chanson und Kabarett erklingen, wurde diesmal das Genre Musical selbst gefeiert – mit Glitzer, Pathos und einer erstaunlichen Ernsthaftigkeit. Der Deutsche Musical Theater Preis 2025, vergeben von der Deutschen Musical Akademie, würdigte zum zehnten Mal die besten Produktionen der deutschsprachigen Bühne.

 

Großer Gewinner des Abends: „Die Weiße Rose“, ein Werk über Mut und Moral in dunklen Zeiten. Sieben Preise, darunter jene für Bestes Musical, Beste Regie und Bestes Buch, gingen an das Festspielhaus Neuschwanstein, das mit dieser Produktion einen erstaunlichen Spagat wagt – zwischen Geschichtsbewusstsein und Publikumstauglichkeit. Autorin und Regisseurin Vera Bolten hat, gemeinsam mit Alex Melcher, ein Werk geschaffen, das seine Emotionalität nicht scheut und doch eine gewisse formale Strenge wahrt. Selbst die Choreographie von Bart De Clercq und das Lichtdesign von Andreas Hönig fügen sich zu einem ästhetischen Gesamtbild, das weniger Musicalroutine als ernsthafte Theaterarbeit erkennen lässt.

 

 

Einstein, Mozart und andere Größen

 

Die Konkurrenz war nicht gering. Das Theater St. Gallen schickte sein Großprojekt „Einstein – A Matter of Time“ ins Rennen – ein musikalisches Gedankenexperiment zwischen Physik und Philosophie. Die Schweizer Produktion sicherte sich immerhin vier Preise: für die beiden Hauptdarsteller David Jakobs und Katia Bischoff, für Jan-Philipp Rekeszus als besten Nebendarsteller sowie für das opulent projizierte Bühnenbild von Christopher Barreca und Austin Switser.

 

Ein musikalischer Kontrapunkt kam aus Österreich: Charli Eglinton wurde für die Komposition ihres Werks „Saving Mozart“ ausgezeichnet – ein Stück, das den Kampf um Schönheit und Klang inmitten des Grauens thematisiert.

 

 

Die große Daniela Ziegler

 

Einen besonderen Moment des Abends aber schenkte die Verleihung des Ehrenpreises an Daniela Ziegler – eine der prägenden Gestalten des deutschsprachigen Musiktheaters. Ziegler, 1948 in Offenbach geboren, ist vieles: Schauspielerin, Sängerin, Lehrerin, Legende. Als Eva Perón in Evita, als Norma Desmond in Sunset Boulevard oder jüngst als Fräulein Schneider in Cabaret hat sie Maßstäbe gesetzt – und gezeigt, dass Haltung und Glamour keine Gegensätze sind.

 

Die Jury würdigte „eine Künstlerin, deren Strahlkraft und Hingabe beispielhaft sind“. Auf der Bühne des Tipi nahm Ziegler die Auszeichnung mit jener Mischung aus Grandezza und Humor entgegen, die man nur bei jemandem findet, der längst nichts mehr beweisen muss.

 

Glanz mit Bodenhaftung

 

Moderiert wurde der Abend von Gisa Flake, die zwischen ironischer Distanz und echter Begeisterung balancierte – ein Ton, der dem Genre guttut. Denn das deutschsprachige Musical hat in den letzten Jahren eine erstaunliche Entwicklung genommen: weg von der Kopie internationaler Erfolgsformate, hin zu eigenständigen Themen und Handschriften. Dass ein Stück wie „Die Weiße Rose“ den wichtigsten Preis des Jahres gewinnt, ist dabei fast symbolisch – ein Beleg dafür, dass Unterhaltung auch Haltung haben kann.

 

 

Zwischen Bühne und Bewusstsein

 

Der Deutsche Musical Theater Preis, seit 2015 verliehen, bleibt die einzige Auszeichnung, die von Profis an Profis vergeben wird – ein Netzwerkpreis, aber einer mit wachsender Außenwirkung. In einer Szene, die lange um Anerkennung im Feuilleton kämpfen musste, ist diese Gala inzwischen mehr als eine Branchenfeier: Sie ist ein Statement.

 

Das Tipi verwandelte sich für einen Abend in ein Forum des Musiktheaters – festlich, emotional, mitunter sentimental. Und doch lag über allem ein Moment von Aufbruch: Das Musical im deutschsprachigen Raum, so scheint es, hat seine Stimme gefunden – klar, vielfältig und mit unverkennbarer eigener Tonlage.

 

Die Preisträgerinnen und Preisträger im Überblick (Gewinner fett markiert):

 

Bestes Musical

– Die Weiße Rose (Festspielhaus Neuschwanstein)

– Einstein – A Matter of Time (Konzert und Theater St. Gallen)

– FLUSH – Ein Club-Musical (SchwuZ)

 

Bestes Revival

– Kein Pardon – Das Musical (First Stage Theater)

– Die Bremer Stadtmusikanten (Brüder Grimm Festspiele Hanau)

– Ein wenig Farbe (Musikalische Komödie Leipzig)

 

Beste Darstellerin in einer Hauptrolle

– Katia Bischoff – Einstein – A Matter of Time

– Friederike Zeidler – Die Weiße Rose

– Tamara Pascual – Saving Mozart

 

Bester Darsteller in einer Hauptrolle

– David Jakobs – Einstein – A Matter of Time

– Denis Riffel – Saving Mozart

– Robin Cadet – FLUSH – Ein Club-Musical

 

Beste Komposition

– Charli Eglinton – Saving Mozart

– Jan Radermacher, Timo Riegelsberger – Hänsel & Gretel

– Thomas Zaufke – Die wunderbare Reise des Nils Holgersson

 

Beste Liedtexte

– Vera Bolten, Alex Melcher – Die Weiße Rose

– Charli Eglinton (dt. Elisabeth Sikora) – Saving Mozart

– Tom van Hasselt – Trash Island

 

Bestes Buch

– Vera Bolten – Die Weiße Rose

– Charli Eglinton (dt. Elisabeth Sikora) – Saving Mozart

– Jan Radermacher, Timo Riegelsberger – Hänsel & Gretel

– Tom van Hasselt – Trash Island

 

Bestes Musikalisches Gesamtbild

– Alex Melcher, Marc Tritschler (Arrangements, Musikalische Supervision), Sven Raff (Sounddesign) – Die Weiße Rose

– Frank Wildhorn, Koen Schoots (Musikalische Leitung, Orchestrierung, Arrangements) – Einstein – A Matter of Time

– Jürgen Goriup, Charli Eglinton – Saving Mozart

 

Beste Regie

– Vera Bolten – Die Weiße Rose

– Henry Mason – Die wunderbare Reise des Nils Holgersson

– Marco Krämer-Eis – FLUSH

– Marco Krämer-Eis – Trash Island

 

Beste Choreographie

– Bart De Clercq – Die Weiße Rose

– Taylor Walker – Saving Mozart

– Eleonora Talamini – Die wunderbare Reise des Nils Holgersson

 

Beste Darstellerin in einer Nebenrolle

– Anja Backus – Seele für Seele

– Judith Jakob – Hänsel & Gretel

– Valerija Laubach – Hänsel & Gretel

 

Bester Darsteller in einer Nebenrolle

– Jan-Philipp Rekeszus – Einstein – A Matter of Time

– Marius Schneider – Hänsel & Gretel

– Martin Berger – Die Schöne und das Biest

 

Bestes Bühnenbild

– Christopher Barreca (Bühne), Austin Switser (Video) – Einstein – A Matter of Time

– Alex Melcher, Marcus Bendel, Jens Hahn – Die Weiße Rose

– Jan Meier – Die wunderbare Reise des Nils Holgersson

 

Bestes Kostüm- und Maskenbild

– Jan Meier (Kostüme), Rebekah Wild/Wild Theatre (Puppendesign/-bau) – Nils Holgersson

– Anke Küper, Kerstin Laackmann (Kostüm), Wiebke Quenzel (Maske) – Hänsel & Gretel

– Daniel Unger – FLUSH

– Verena Polkowski (Kostüm), Sophia Mey (Maske) – Trash Island

 

Bestes Lichtdesign

– Andreas Hönig – Die Weiße Rose

– Michael Grundner – Einstein – A Matter of Time

– Michael Grundner – Die Schöne und das Biest

 

Bestes Tondesign

– Angus Meister, Mikael „Leakim“ Johansson – FLUSH

– Marko Siegmeier, Nicolai Gütter-Graf – Einstein – A Matter of Time

– Georgios Maragkoudakis – Mozart! (Bayerische Theaterakademie August Everding)

Von admin