Wirtschaftsforschung, die Geschichte schreibt: Seit einem Jahrhundert erforschen Menschen am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) die wirtschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Grundlagen unserer Gesellschaft und liefern damit wichtige Impulse für aktuelle Debatten. Mit zahlreichen Wegbegleiter*innen und Gästen aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft feiert das Institut heute sein Jubiläum mit einem Festakt in Berlin-Mitte.
„Am DIW Berlin verbinden wir fundierte Forschung mit unabhängiger Politikberatung, fördern junge Wissenschaftler*innen und stellen hochwertige Daten für vielfältige Forschungsprojekte bereit. Unser Erfolg beruht auf den vielen engagierten Menschen im Institut“, betont Institutspräsident Marcel Fratzscher. „Aus unserer Geschichte in der NS-Zeit haben wir gelernt, wie wichtig es ist, dass Wissenschaft gerade in schwierigen Zeiten wie heute Verantwortung übernimmt und mit Unabhängigkeit und Offenheit gesellschaftspolitische Debatten kritisch begleitet.“
Neben den Forschenden des Instituts feiern mit dem DIW Berlin unter anderem dessen Kuratoriumsvorsitzende Sigrid Nikutta, der Direktor des Instituts für Virologie an der Charité, Christian Drosten, die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Verena Bentele, die CEO des Centre for Feminist Foreign Policy, Kristina Lunz, und die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer.
„Das DIW Berlin steht für exzellente Forschung, die analysiert – und die den Mut hat, zu hinterfragen“, so Sigrid Nikutta, Vorstand Güterverkehr der Deutschen Bahn und AG und Vorstandsvorsitzende der DB Cargo AG. „In Zeiten wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Umbrüche braucht es genau diese Wissenschaft: unbequem in der Fragestellung, präzise in der Antwort, offen für neue Perspektiven. Dem DIW Berlin gelingt es, komplexe Zusammenhänge verständlich zu machen und klug in die öffentliche Debatte einzubringen. Es schlägt Brücken – und genau das macht seine Bedeutung heute so groß wie nie in den letzten 100 Jahren. Herzlichen Glückwunsch an das DIW und alle, die es geprägt haben und heute gestalten!“
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, betont die wichtige Rolle des DIW Berlin für die Hauptstadt: „Das DIW hat in den vergangenen 100 Jahren die Wissenschaftsstadt Berlin bereichert und auch den Wirtschaftsstandort Berlin gestärkt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DIW Berlin liefern bis heute wichtige Beiträge zu aktuellen Debatten. Wir brauchen in Berlin auch die Expertise des DIW, um die Zukunft unserer Stadt klug und nachhaltig zu gestalten.“
Ein Blick zurück – Wirtschaftsforschung im Wandel
Die Geschichte des DIW Berlin spiegelt die wechselvollen Entwicklungen Deutschlands wider. In der Weimarer Republik als Institut für Konjunkturforschung gegründet, wurde die Forschungseinrichtung unter der Leitung des umstrittenen Ernst Wagemann während des NS-Regimes in kriegswirtschaftliche Analysen eingebunden. Nach diesem dunklen Kapitel etablierte sich das DIW Berlin in den Nachkriegsjahren als wichtiger Akteur in der wirtschaftspolitischen Beratung und trug maßgeblich zum Wissenstransfer bei. Die Forschenden widmeten sich der Analyse des Wirtschaftswachstums und des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg.
In den 60er Jahren und danach analysierte das Institut intensiv keynesianische Theorien und die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen, insbesondere im Kontext der Ölkrise und wirtschaftlicher Turbulenzen. Ein weiterer Schwerpunkt war die DDR-Forschung. 1983 wurde das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) im DIW Berlin gegründet, das mit seinem riesigen Datenschatz aus Längsschnittbefragungen privater Haushalte bis heute Einblicke in die gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands bietet. Mit der deutschen Wiedervereinigung stand das DIW Berlin vor neuen Herausforderungen und forschte zu den wirtschaftlichen Folgen der Wiedervereinigung sowie Fragen der sozialen Gerechtigkeit und Verteilung.
Heute zählt das DIW Berlin zu den renommiertesten Wirtschaftsforschungsinstituten in Europa. Es hat sich als multidisziplinäre Einrichtung etabliert, die neben der konjunkturellen Entwicklung auch Fragestellungen zu sozialer Ungleichheit, Wettbewerbs-, Klima- und Energiepolitik und sozial-ökologischer Transformation untersucht. In dem Institut forschen derzeit rund 140 Wissenschaftler*innen aus mehr als 20 Ländern. Insgesamt hat das Institut etwa 270 Beschäftigte.
Geschichtschronik und Jubiläumswebsite
Die ausführliche Chronik „Die Vermessung der Wirtschaft – 100 Jahre DIW Berlin“ wurde im März im Roten Rathaus vorgestellt und bietet einen umfassenden Überblick über die Geschichte des Instituts.
Auf der Jubiläumswebsite www.diw.de/100jahre werden 100 spannende Geschichten rund um das DIW Berlin veröffentlicht – seine Geschichte, seine Forschung und seine Menschen – multimedial erzählt in Text, Video, Foto, animierter Grafik und Audio. Dort gibt es auch den Jubiläumspodcast Wirtschaft bewegt – 100 Jahre DIW Berlin, der einen Einblick in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Instituts bietet: Wirtschaftskrisen, soziale Fragen, Klimapolitik waren und sind nur einige der Themen auf der Forschungsagenda des Instituts. Die Jubiläumswebsite wird das ganze Jahr über immer wieder mit neuen Geschichten gefüllt.