Im gut gefüllten Haus des Rundfunks wurden am Freitagabend 13 Stier-Trophäen für die besten europäischen Fernseh-, Radio- und Onlineproduktionen überreicht: Strahlende Gewinner aus 9 europäischen Ländern, Spannung und viele Überraschungen!

Größter Gewinner ist eindeutig Schweden, das Land heimste insgesamt 3 Preise ein, plus eine lobende Erwähnung. Der thematisch spektakuläre Dokumentarfilmgewinner „No Burqas Behind Bars“ über ein Frauengefängnis in Afghanistan, ist eine Koproduktion der Schweden mit Norwegen, Dänemark, Holland und Japan. Und liegt damit im Trend der internationalen Produktionen, die durch große Budgets hohe Qualität erreichen wollen. Mit den Gewinnern in den Kategorien bestes Fernsehdrama und beste Fernsehserie ist aber genauso der Gegentrend präsent: Die tschechische Komödie „Eights“ ist ein Signal, dass der Osten er in der gesamteuropäischen Filmbranche angekommen ist. Und die Niederlande, in denen wie in vielen europäischen Ländern, die Fernsehbudgets in den letzten Jahren drastisch gekürzt wurden, beweisen mit dem Musical-Mehrteiler „Ramses“ ihre ungebrochene Meisterschaft, sich mit viel Kreativität und Talent durchzusetzen.

 
Auch in der Online Kategorie waren die Holländer mit ihrem Projekt „Last Hijack Interactive“ erfolgreich: Hier macht der User die transmediale Erfahrung einer Schiffsentführung vor der somalischen Küste – sowohl als Pirat, als auch als Geisel. Der Preis für die beste Fernsehinvestigation geht nach Finnland. „Syria – Faces of War“ zeigt uns die Realität des Krieges durch die Augen des finnischen Fotojournalisten Niklas Meltio. Ein Film der Fragen aufwirft, was man gegen die dort herrschende Grausamkeit tun kann, aber auch, wo die Grenzen der bildlichen Berichterstattung über Kriegsterror liegen. Auch „Gekidnappt im Sinai – Eritreer auf der Flucht“, die Schweizer Einreichung, die den Titel als bestes interkulturelles Programm davontrug, thematisiert Gewalt von Menschen an Menschen. Täglich verlassen 3000 Eritreer ihr Land um der herrschenden Militärdiktatur zu entfliehen. Viele von ihnen versuchen über Sinai nach Israel zu gelangen und werden dabei von Beduinen gekidnappt, die sie foltern um Lösegeld zu erpressen. Deutschland darf sich über den Sieg von „Zeit der Kannibalen“ freuen. Der Film aus der Feder von Stefan Weigl, der bei der Berlinale außerhalb des Wettbewerbs lief, sahnte in der Kategorie Prix Genève Europe ab. Die Kategorie zeichnet Newcomer im Bereich Drehbuch aus.

Die Trophäen für das beste Radiofeature und die beste Radioinvestigation gehen beide nach Schweden. Dieser Triumph steht für das Wagnis auch in Zeiten finanzieller Engpässe auf die teuerste Form der Produktion in diesem Bereich – die langfristige und akustisch anspruchsvolle Radiodokumentation – zu setzen. Allgemein lässt sich an den diesjährigen Radiogewinnern ablesen, dass die europäischen Kulturradios alle versuchen ein breites Publikum anzusprechen, Themen zu wählen, die dem Zeitgeist entsprechen und möglichst viele Gesellschaftsgruppen betreffen. In der britischen Produktion „Everything, Nothing, Harvey Keitel“ sitzt ein Mann in der Stadt, die niemals schläft, und versucht zu meditieren. Während er versucht an nichts zu denken, denkt er doch nur an eins: Der Schauspieler Harvey Keitel sitzt neben ihm und versucht den sanften Anweisungen der Kursleiterin zu folgen. Gedanken und Meditationsweisheiten vermischen sich mit aggressiven Filmausschnitten aus „Taxi Driver“, „Pulp Fiction“ und Co. Auch die Komik kommt nicht zu kurz: Der französische Gewinner in der Kategorie Hörspielserie, „57, rue de Varenne“, besticht durch gnadenlose Selbstironie und gekonnte akustische Inszenierung. Der Hörer fährt mit dem Premierminister in der Limousine von einem Meeting zum nächsten, hört wie er über die Kollegen im Élysée-Palast lästern und wie sich die Radiodirektorin beim Interviewtermin anbiedert. Und last but not least gewinnen die Briten noch einen zweiten Preis für das beste Radiomusikprogramm: In „Strange Fruit“ wird, ausgehend vom gleichnamigen Song Billy Holidays, die Apartheidsgeschichte der amerikanischen Südstaaten von Nachkommen der Opfer erzählt.

Wie schon im Vorfeld der Preisverleihung angekündigt, wurde außerdem der PRIX EUROPA Lifetime Achievement Award 2014 an Ingolf Gabold, den Macher von „Borgen“, „Kommissarin Lund“ und anderen skandinavischen Erfolgsserien, verliehen. Damit folgt der 72-jährige Däne dem britischen Tierfilmer Sir David Attenborough und der deutschen Filmproduzentin Regina Ziegler, die in den beiden Vorjahren für ihr Lebenswerk geehrt worden waren.

Dotiert sind die Preise je mit 6000 Euro, der Lifetime Achievement Award ist ein Ehrenpreis. Mit den 13 Preisen in den Bereichen Fernsehen, Radio und Internet ist der PRIX EUROPA Europas wichtigstes trimediales Medienfestival. Dieses Jahr bewarben sich 35 Länder mit 650 Produktionen, davon schafften es 210 in den Wettbewerb. Der Prix Europa gibt seit 1987 europäischen Qualitäts-Produktionen ein Forum und bildet grenzüberschreitende Programmtrends ab.

Der rbb, seit 1998 fester Gastgeber des Festivals, hat die Preisverleihung live auf der rbb Homepage übertragen. Die Aufnahme der festlichen Gala wird zwei Wochen lang, bis zum achten November, unter www.rbb-online.de/prixeuropa sowie in der ARD Mediathek, abrufbar sein. Trailer aller ausgezeichneten Programme sowie die Begründungen der Jury sind auf www.prixeuropa.eu verfügbar.

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Von admin

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