Zum Teil mächtig durcheinander geschüttelt wurden in den vier Vorläufen zum in zwei Wochen anstehenden Stuten-Derby die dreijährigen Ladys. Nichts da mit einem blanken Durchmarsch der Gemeinten, von denen drei der gar für einen Platz weit vorn im Arthur-Knauer-Rennen Gehandelten mit dem Trostlauf vorliebnehmen müssen – wenn sie sich denn überhaupt trösten lassen wollen. Für die Ungewissheit des Turfs warben andererseits Siegerinnen wie Velten Isabel (207:10) und Klingande (120) – Sportlerherz, was willst du mehr?
Kräftig auf die Nase fielen bereits im 1. Vorlauf die gemeinten Gespanne. Die ob ihrer furiosen Generalprobe in Örebro auf den Favoritenschild gehobene Gwendoline Go explodierte wie dort mit dem Startschuss, die vom Veranstalter gesetzte Marylin Monroe Bo folgte ihr 50 Meter später an den Sünderturm, und als auch Ganes B in der Todesspur im letzten Bogen schwer schnaufend am Ende ihrer Kräfte war, war einer gewaltigen Überraschung Tür und Tor geöffnet. Es war jedoch nicht die vom ersten Meter führende Gaja, die die Lorbeeren einfuhr. Eine weltmeisterliche Fuhre legte der amtierende World-Champion Rick Ebbinge hin, der die debütierende (!) Velten Isabel als innere Dritte versteckt hatte und auf die ebenfalls meisterlichen Trainingskünste seines kongenialen Partners Jeroen Engwerda vertraute. Als die Ampel für die Muscle-Massive-Tochter auf Grün sprang, nahm sie flugs die Beine in die Hand und raufte sich in 1:14,4 an Gaja vorbei. Als Dritte schaffte die weit außen gebrachte Brightlands den Sprung ins Finale.
„Einmal kurz schütteln und weiter geht’s“, war Michael Nimczyks Devise, der in Elimination 2 mit der gesetzten La Grace gar nichts anbrennen ließ. War Jet Flevo am schnellsten flott, so kam die Muscle-Hill-Tochter bereits im ersten Bogen angestiefelt, durfte gnädig die Führung übernehmen und legte ein Tempo vor, dass allen anderen die Schuhe qualmten. Turmhoch überlegen schaffte die von Jean-Pierre Dubois gezüchtete Braune den dritten Karriere-Sieg in 1:14,3. Prächtig zu gefallen wusste auch Jane Attack, mit der Michel Rothengatter die permanente Todesspur nicht scheute und dabei Jessie Bros und Jessy Schermer hinter sich herzog. Mit viel Herz biss sich die Timoko-Tochter zum Ehrenplatz vor Jessy Schermer, mit der das Duo Ebbinge/Engwerda auch die zweite Kandidatin ins Finale brachte.
Nichts für Nervenschwache war dann wieder Vorlauf 3, den Ultrafavoritin Jacky Bros mit einer Galoppade begann, die sie 100 Meter kostete. Wie die 12:10-Favoritin bei nicht übermäßig explosivem Tempo nach einer Runde wieder dran war, im Schlussbogen gar in vierter Spur zu retten suchte, was nicht mehr zu retten war und nach diesem Gewalttransport dennoch Fünfte wurde, nötigte riesigen Respekt ab. Mit der Entscheidung hatte die tapfere Braune jedoch nichts zu tun. Die lag allein zwischen Klingande, die Heinz Wewering nach dem vergeblichen Versuch, Janske Beemd die Führung abzujagen, hinter dieser einparkte, der sich mit Mann und Maus wehrenden Leaderin und der brandgefährlich in dritter Schlussbogenspur aufziehenden Jetway Fortuna, die „HW“ gerade so in Schach zu halten vermochte. „Ich hatte heute so ein Gefühl, dass wir eine Chance hätten“, freute sich der große Münsterländer, der sich in die Siegerliste des Stuten-Derbys so oft eingetragen hat wie kein Zweiter: neunmal.
Im 4. und letzten Qualifier, der auf dem geduldigen Papier als offenster daherkam, schlug zum Ausgleich wiederum die Stunde der Favoriten, von denen sich lediglich Versailles Diamant mit einer schweren Galoppade kurz nach dem Ab ausklinkte. Konnte Michael Nimczyk, der mit Jeanet Newport nach 800 Metern das Zepter an sich gerissen hatte, lange mit dem vollen Erfolg liebäugeln, wurde er von der bei drei Auftritten bislang sieglosen Rock my Dreams auf den letzten 200 Metern regelrecht ausgeguckt. „Mit dem geschlossenen Zaum, den wir ihr vor kurzem verpasst haben, ist sie viel konzentrierter. Zu Beginn des Einlaufs wusste ich, wir würde gewinnen. Ich hab die Peitsche nicht mal umgedreht“, freute sich Josef Franzl, der als „Mann des Tages“ all seine vier Schützlinge in den Winner Circle bugsierte und lediglich mit der „Fremdfuhre“ Mephisto PS als Dritter eintraf. Das dritte und damit letzte Endlauf-Billett schnappte sich die gesetzte Vincennes Diamant.
Halva von Haithabu in 1:12,2 – Tagesbestzeit!
Auch wenn sich Klassepferde im Gegensatz zu früheren Zeiten rar machten im seit 1972, dem Todesjahr des Namensgebers, ausgetragenen Charlie-Mills-Memorial um 20.000 Euro und die Internationalität zu wünschen übrig ließ, dürfte der einstige Weltbürger des Trabersports zumindest an den ersten Beiden Gefallen gefunden haben, die schon in einigen Ländern ihre Visitenkarten abgegeben haben: Holland, Dänemark und Frankreich stehen im Reisepass der Goldy Stardust, Holland, Frankreich, Belgien und Schweden in jenem Halva von Haithabus. Der von Bernd Brodersen gezüchtete Wikinger verbreitet seit zweijährig auf höchster deutscher Ebene Angst und Schrecken und ist (fast) keiner Konfrontation aus dem Weg gegangen. Das hat dem zunächst von Holger Neumann, seit nunmehr zwei Jahren von Gerhard Holtermann vorbereiteten Here-comes-Joey-Sohn mit dem Raketenantritt eine stählerne Härte gegeben, an der sich auch die gute Goldy dan Kampfzahn ausbiss. Von Roland Hülskath resolut in Front gescheucht, herrschte der siebenjährige Hengst auf jedem Meter souverän und drehte der sich durch die Todesspur wacker verkaufenden Goldy Stardust 2½ Längen voraus eine lange Nase. „Er scheint wie guter Wein mit zunehmendem Alter immer besser zu werden. Natürlich haben die frühen Einsätze auf hohem Niveau ihre Spuren hinterlassen, aber Gerd (Holtermann) und Uwe (Zevens) bringen ihn stets bestens in Schuss zurück“, schwärmte der an diesem Tag unterbeschäftigte fünffache deutsche Goldhelm, der einen der wenigen weißen Flecken auf seiner persönlichen Landkarte wichtiger deutscher Rennen tilgte: Erstmals prangt nun auch sein Name auf der von Ginster und Kurt Hörmann angeführten Ehrenliste. Vielleicht wäre ihm das Siegen schwerer gefallen, hätte sich Gustavson Be nach 700 Metern eine Galoppade verkniffen, die ihn rund 40 Meter kostete. Wie sich der mit einem gewaltigen Gangwerk ausgestattete Fuchs auf der Zielgeraden reinhängte und Tyrolean Dream und den Rest überlief, war aller Ehren wert.
Dreimal ist Lasbeker Recht
Der glasklaren 15:10-Favoritin Naama blieb es vorbehalten, den Renntag zu eröffnen. Nachdem Josef Franzl von Michael Nimczyk und Stand up im Scheitel der ersten Kurve fürs Kommando durchgewinkt wurde, war die solide Basis für den Sieg der debütierenden großrahmigen Lasbekerin gelegt, die ihren Schatten im entscheidenden Moment lässig um zwei Längen abtropfen ließ. Und weil’s ihm im sonnigen Winner Circle augenscheinlich ausnehmend gut gefallen hatte, legte der Gestütstrainer für die kaffeebraunen Farben mit den weißen Nähten sofort nach. Zwar kam er mit 11:10-Chance Nashua gegen den enorm drückenden Chaplin nicht in Front, konnte sich jedoch ungestraft 1600 Meter ziehen lassen, weil Ronald de Beer nicht auf der Bremse saß. Herausgehen und vorbeiziehen war eine fließende Bewegung des Brioni-Nachkommen, der eine zehnmonatige Pause kaum effektvoller hätte abschließen können.
Dieses war der zweite Streich, und der dritte folgte nicht sogleich, sondern 150 Minuten später nicht minder beeindruckend. Mit dem in Schweden eingetragenen Oscar L.A. fand der „Franzl Seppi“ einen Kilometer lang in Englishtown ein perfektes Zugpferd, legte nach dessen Führungnahme den Hochgeschwindigkeitsgang ein, übernahm nach einer Runde selbst das Zepter und setzte sich überlegen ab. „Die Form steht – ich hoffe, dass bleibt mindestens fürs gesamte Meeting so“, freute sich der zwischen Bayern und Norddeutschland pendelnde Franzl.
Nach einem Start, der jeder Beschreibung spottete und eigentlich hätte zurückgepfiffen werden müssen, knöpfte Michael Nimczyk im Pokal der (vierbeinigen) Publikumslieblinge mit Fast and Furious im Scheitel der ersten Kurve Rebound die Regie ab, durfte ein Viertel im 1:20er Tempo abbummeln, schmetterte das letzte in 1:11 runter – da konnte auch der groß aufrückende Gobelin nur staunend hinterdrein schauen. „Der Dunkelfuchs fühlt sich im zweiten Frühling und hat richtig Spaß am Laufen. Ich hatte nie Zweifel am Sieg“, kommentierte der achtmalige deutsche Champion den rundum überzeugenden Treffer seines furiosen Partners.
Unbefriedigender Kombi-Pokal
Kein guter Stern stand über dem kuriosen Kombi-Pokal. Wie selbstverständlich holte sich Ronja Walter Lauf 1 (die Monté-Abteilung) mit Favoritin Holly Star. Die Schwarzbraune hatte einiges zu tun, den nach einem Kilometer in Front gepreschten Commander H kleinzukriegen. Als dies eingangs der Zielgeraden vollbracht war, gab’s für die Classic-Grand-Cru-Tochter kein Halten mehr. Dame Quick war so quick, sich mit Marloes Knopp vor dem auf dem ersten Kilometer das Tempo vorlegenden Eté d’Ourville und dem am Ende recht müden Commander H Platz zwei zu sichern – und hatte das Glück der Tüchtigen, dass Holly Star nach Überprüfung wegen unsauberer Schritte auf der Zielgeraden disqualifiziert wurde. Im als Sulky-Prüfung mit Profis wiederholten Lauf 2 spielte die Rennleitung ebenfalls Schicksal und disqualifizierte nach endlos währender Überprüfung, die die Verspätung auf unzumutbare 50 Minuten wachsen ließ, den sich nach Hause raufenden Phil Taylor im Nachhinein wegen unreinen Trabs, womit sich sein hartnäckiger Widersacher Eté d’Ourville mit Dennis Spangenberg hätte als Sieger feiern lassen können – wenn er nicht längst schon im Stall zum Duschen gewesen wäre. Dass beide nachträglichen Disqualifikationen nicht im öffentlich zugänglichen Rennbericht als solche vermerkt sind, sei nur als Randnotiz erwähnt.
„Die Spitze nehmen und niemanden passieren lassen“ lautete das probate Erfolgsrezept im Derby-Pokal der Flieger für Donna Granata und Rudi Haller. Die englische Meile nahm nur die Berlinerin Louisa ein wenig zügiger in Angriff, ließ jedoch die Granate bald vorbei, die von der gefährlich gut auf Touren kommenden Honesty Newport nicht mehr zu kaschen war.
Das einzige Amateurtreffen des 14-Gänge-Menüs wurde eine leichte Beute von Fantomas, den Sönke Gedaschko aus der zweiten Startreihe wie ein Phantom durchs Feld lavierte und aus der Deckung die ihren Fluchtversuch nicht durchstehende One Penny Black sowie die endkampfstarke Danielle Simoni auf die Plätze verwies.
Der Absacker war wie tags zuvor den Trotteurs français vorbehalten, die sich aus drei Bändern über zwei Kilometer austoben durften. Beim fast schon üblichen Springfestival war der vom Start fliegende Birdy de Neuilly nach verdecktem Verlauf zum guten Schluss der eindeutig Stärkste und bescherte Michael Nimczyk den dritten Tagestreffer.
Der Umsatz blieb unter jenem des Vorjahrs: Bei 14 Rennen wurden 282.226,74 Euro umgesetzt. Das entspricht einem Schnitt von 20.159 Euro zu rund 23.000 Euro des vergleichbaren 2018er Samstags.
Umsatz bei 14 Rennen: 282.226,74 Euro (incl. 168.829,34 Euro Außenumsatz).