Bei einem Winzerlunch im Restaurant eins44 hatten wir die Möglichkeit Bordeaux von einer neuen Seite zu erleben
Jetzt haben wir den Beweis: Bordeaux weine erleben eine Verjüngung dank vieler jungen Winzern die die Nachfolge auf den Weinplantagen übernehmen. Das gibt der Region einen neuen Charme und entspannt das Verhältnis zu dieser Traditionsreichen Appellation.

Die neue Generation – ein Überblick

Es gibt in Bordeaux eine aufstrebende Generation von rund 30 jungen Winzern, die allesamt weltgewandt und aufgeschlossen gegenüber Innovationen und neuen Techniken sind. Einige
von ihnen sind seit ihrer Geburt in den Weinbergen zu Hause, andere haben sich erst später dort angesiedelt. All diesen Hoffnungsträgern ist jedoch gemeinsam, dass sie Weine erzeugen, die das tradierte Bild von Bordeaux verändern.
Die jungen Winzer sind in Bordeaux finanziell stark engagiert und glauben fest an die Region und ihre Zukunft. Sie respektieren die Tradition, denken zugleich nach vorn. Von trockenen Weißweinen bis hin zu leicht zu genießenden und erschwinglichen Rotweinen machen sie „echte Weine für echte Menschen“.
Die nachrückenden Bordelaiser sind nicht nur lebendig und dynamisch, sondern treffen sich auch regelmäßig in Nachwuchsverbänden wie Bordeaux Oxygène und Arômes de Jeunesse, um sich über neue Entwicklungen und Ideen sowie über gemeinsame internationale Vermarktungspotenziale für ihre Weine auszutauschen.

 
Die neue Generation steht für Innovation
GESCHMACK IM GLAS:

Die neuen Weine überzeugen durch ihre Reinheit, Bestimmtheit und Ortsverbundenheit. Sie sind weniger „extrahiert“, sondern bewahren sich ihre Intensität, Tiefe und Vielschichtigkeit. Die neue Winzergeneration stellt Eleganz wieder über Kraft und vermeidet übertriebene Eichenreifung, getreu dem Motto: „Weniger ist mehr.“ Die Weine sind sofort trinkbar, haben trotzdem Entwicklungspotenzial.
NEUER ANSATZ: Dass es für den Durchschnittskonsumenten heute immer normaler wird, Wein zu trinken, hat auch Konsequenzen für die Weinherstellung in Bordeaux. Die neuen Winzer tragen den veränderten Verbrauchergewohnheiten dadurch Rechnung, dass sie Weine erzeugen, die ohne längere Wartezeit und zu jedem Anlass geöffnet werden können. Diese Weine harmonieren ausgezeichnet mit einer Vielzahl trendiger Speisen und Küchen, und räumen ein für alle Mal mit dem Missverständnis auf, Bordeaux-Weine würden nur zu besonderen Anlässen und gehobener Küche passen.
INTERNATIONALER HORIZONT: Die neue Generation ist in hohem Maße interessiert an allem, was sich in anderen Teilen der Welt abspielt. Sie ist welterfahren, hat global Weingüter besucht, dort gearbeitet und Erfahrungen und Techniken aus anderen Ländern nach Bordeaux gebracht. So verschmelzen internationale Einflüsse mit dem gewachsenen und bewährten Know-How, um so die starke kulturelle Identität von Bordeaux zu bewahren.
ANPASSUNG VON REBSORTEN UND -FARBEN: Die neue Generation denkt verstärkt in internationalen Dimensionen. Die Folge ist, dass die heimischen Anbauprodukte ständig den eigenen Geschmacksvorlieben angepasst werden. Die Vielfalt von Rebsorten und Farbvarianten wird ausgeweitet. Während sich die Elterngeneration überwiegend auf Rotweine konzentrierte, setzen die jungen Winzer auf Vielfalt – zum Beispiel mit trockenen Weiß- und Rosé-Weinen oder mit der Wiederbelebung von Sorten wie Petit Verdot und Malbec.
WERTSCHÄTZUNG DES ANBAUS: Die neuen Winzer wissen, dass große Weine auf dem Weinberg und nicht im Keller geboren werden. Deshalb verwenden sie ihre Energie vor allem darauf, Trauben von höchster Qualität hervorzubringen. Sie setzen gekonnt Techniken ein, um Rebsorten, Rebstöcke und Rebschnitte optimal auf die einzelnen Parzellen abzustimmen, die Schädlingsbekämpfung zu verbessern und die Trauben im perfekten Reifezustand zu pflücken. Hinzu kommt, dass sie sich bei der Bewirtschaftung ihrer Weingüter und der Herstellung des Weins stets auf die jeweilige Parzelle konzentrieren und dadurch die Unterschiede zwischen den verschiedenen Mikroklimazonen betonen. Man ist hier stolz darauf, wenn die erzeugten Weine das spezielle Terroir widerspiegeln.
UMWELT: Umweltaspekte und die Auswirkungen chemischer Mittel spielen für die junge Generation eine größere Rolle als für die Elterngeneration. Es gibt in den Weinbergen einen starken Trend zu Nachhaltigkeit, organischer Landwirtschaft, Mischkultur und Biodiversität.
OFFENE KOMMUNIKATION: Die neue Generation ist fit im Umgang mit den sozialen Medien, tauscht sich frei und offen mit ihren internationalen Kunden aus und kommuniziert direkt mit dem Verbraucher.
WIR-GEFÜHL: Die jungen Weinmacher unterstützen sich untereinander aktiv und bilden Gruppen wie Bordeaux Oxygène oder Association Arômes de Jeunesse, in denen sie neue Entwicklungen, Ideen, Techniken und Innovationen miteinander teilen.

weine :

SAUVIGNON BLANC
Der in der Region beheimatete, markant aromatische Sauvignon Blanc ist häufig die dominierende Traube in den Bordelaiser Weißweinen. Der Säuregehalt des Weins ist hoch, wobei Noten von Grapefruit, Zitrone, tropischen Früchten, Kräutern und Gras ihm seine besondere Frische verleihen.

SÉMILLON
Wegen ihrer Anfälligkeit für Edelfäule wird diese Rebsorte insbesondere zur Herstellung halbsüßer und süßer Weißweine verwendet. Zum Einsatz kommt sie aber auch bei der Herstellung trockener Weißweine, denen sie Gewicht, Textur, Rundheit und Reifungspotenzial mit Aprikose- und Honignoten verleiht.

MUSCADELLE
Muscadelle spielt eine unterstützende Rolle bei der Herstellung trockener wie süßer Weißwein-Cuvées. Obwohl sein Anteil selten über 10 Prozent liegt, verleihen seine beerigen Noten und sein intensiver floraler Charakter dem Wein eine junge Fruchtigkeit und aromatische Komplexität. Trotz seines Namens ist er nicht verwandt mit dem Muskateller.

MERLOT
Der früh reifende Merlot ist die am weitesten verbreitete Rotweinsorte in Bordeaux. Sie gedeiht gut auf kühlen Kieselböden und liefert saftige, runde und fruchtige Weine von dunkler Farbe. In den Mischvarianten bildet sie oft das Pendant zum dominierenden Cabernet Sauvignon. Der typische Merlot zeichnet sich durch fruchtige Akzente von Pflaume oder Schwarzkirsche aus, aber auch durch Nelken- und Schokoladennoten.

CABERNET SAUVIGNON
Der in Bordeaux auf den hitzeabweisenden Kieselböden des linken Ufers angebaute Cabernet Sauvignon reift langsam und spät im Jahr. Cuvées, die mit dem Pendant Merlot angereichert wurden,
erhalten dadurch eine besondere Struktur und Tannine. Typische Noten des Cabernet Sauvignons sind Schwarze Johannisbeere, Lakritz und Minze, wobei die Weine mit zunehmender Reife elegante Erd- und Ledernoten entwickeln können.

CABERNET FRANC
Cabernet Franc (ein Vorfahr des Cabernet Sauvignon, zusammen mit Sauvignon Blanc) reift später als Merlot, aber früher als Cabernet Sauvignon. Er findet häufig Verwendung in Cuvées vom rechten Ufer und verleiht dem Wein Frische, Raffinesse und aromatische Komplexität mit spürbaren Himbeer- und Veilchennoten.

PETIT VERDOT
Die traditionsreiche Bordelaiser Reb-sorte wird häufig auch als „Gewürz des Winzers“ bezeichnet, da schon kleine Mengen von ihr die Aromen und Geschmacksnoten der anderen Rebsorten in einer Mischvariante „auf-schließen“ und akzentuieren können. Wegen ihrer späten Reifezeit (Petit Verdot reift noch später als Cabernet Sauvignon), kann diese Rebsorte den Winzer vor große Herausforderungen stellen.

MALBEC
Obwohl längst nicht mehr so populär wie in früheren Zeiten, ist Malbec nach wie vor bei allen bedeutenden Bordelaiser Rotwein-Appellationen zugelassen. Am meisten verbreitet ist die Sorte heute in Bourg, Blaye und der Region Entre-Deux-Mers. Malbec verleiht den roten Bordeaux-Weinen ihre besondere Würzigkeit und Geschmeidigkeit.

Die Winzer:

Jean-Jacques Dubourdieu
Domaines Denis Dubourdieu

Der 36-jährige Jean-Jacques ist das, was man einen Frühzünder nennt. Der Sohn vom 2016 verstorbenen Weinpapst und Önologie Professor Denis Dubourdieu wuchs auf Château Reynon auf und lernte von seinem Vater alles, was man braucht um ein guter Winzer zu werden. Mit nur 12 Jahren machte er seine erste Cuvée. Die Familie Dubourdieu arbeitet heute bereits in 4. Generation im Weinbau und besitzt fünf Châteaux: Reynon, Clos Floridene, Doisy Daëne, Haura, Cantegril.
Jean-Jacques studierte in Bordeaux an der Universität und an der Business School und erhielt darüber hinaus 2010 ein Diplom als Weinprüfer der Bordeaux University of Oenology. Mit 26 Jahren stieg Jean- Jacques offiziell in den Familienbetrieb ein, um die Tradition weiterzuführen und seine Erfahrungen und Visionen mit einzubringen. Zuvor arbeitete er für eine Bodega in Spanien, einen Importeur in den USA und als Weinkäufer für eine Gruppe von Restaurants in Paris. „Winzer ist ein wundervoller Beruf. Mit dem richtigen Know-how können sie Menschen auf der ganzen Welt begeistern“, sagt er. Jean-Jacques Weine sind sensibel geprängt von einer starken Persönlichkeit der verschiedenen Terroirs. Ein klarer Trend der jungen Generation, die dem Terroir wieder mehr Spielraum gewährt.
DIE JUNGE GENERATION
Jean-Jacques ist der Meinung, dass das, was die Generationen vor ihm etabliert haben, wertgeschätzt werden sollte. Jede Generation prägt den Wein mit der ihr eigenen Erfahrung und Arbeitsweise. Jean-Jacques hat 26 Jahre neben seinem Vater gearbeitet, der vollstes Vertrauen in seinen Sohn gesetzt hat – genau dieses Vertrauen wünscht sich Jean-Jacques auch für andere junge Winzer. Einen klaren Vorteil sieht er in der Kommunikation, wie sie die jungen Winzer betreiben: Miteinander reden und sich gegenseitig unterstützen, das sei das A und O.

Audrey Lauret
Château Pindefleurs

Audreys Weinstil darf durchaus als modern bezeichnet werden. Seit sie mit 23 Jahren offiziell im Familienbetrieb startete, hat sie den Einsatz von Eichenfässern reduziert und ist von 225-Liter-Fässer auf 300- und 400-Liter Stahlfässer umgestiegen. So werden die Weine fruchtiger, eleganter und zugänglicher und haben einen ganz besonderen Stil, den die Verbraucher zu schätzen wissen. Audrey war eine der ersten, die diesen Trend erkannt hat. Mittlerweile folgen immer mehr Bordelaiser Winzer, deren Ziel es ist, keine Weine im “klassischen“ Bordeaux Stil mehr zu produzieren, sondern auf Jugend und Frische zu setzen.
FAMILIENBESITZ
Das Château Pindefleurs, die dazu gehörigen 17 ha Weinberge und Weinkeller werden heute von Audrey, ihrem Bruder Pierre und ihrer Mutter bewirtschaftet. 2009 kam der erste Jahrgang auf den Markt. Neben dem Château Pindefleurs gibt es das Weingut Château Pipeau, das Audreys Urgroßvater 1920 kaufte.
KINDHEIT IM WEINBERG
Audrey hat schon als Kind ihren Onkel bei der Arbeit im Weinberg beobachtet.Später arbeitete sie in den Sommerferien auf dem Weingut und nach dem Ende ihrer Schulzeit studierte sie Weinbau und Biologie in Bordeaux. Als sie mit 23 richtig in den Familienbetrieb einstieg, war es für den ein oder anderen langjährigen Mitarbeiter schwierig, das kleine Mädchen von damals als Vorgesetzte anzuerkennen. Aber das hat sich schnell gegeben.
INTERNATIONALE ERFAHRUNG
Auf ihren Reisen nach Südafrika/Stellenbosch, USA/Kalifornien, Australien/Margaret River/Hunter Valley und innerhalb verschiedener französischer Weinregionen hat Audrey vieles gelernt, was sie jetzt auf dem heimischen Château anwendet. Darüber hinaus haben ihr die Reisen gezeigt, wie wichtig Önotourismus ist. Als Mitglied der neuen Generation Bordelaiser Winzer geht auch Audrey den Weg zurück zu den Ursprüngen: “Wir geben dem Terroir wieder die Möglichkeit sich auszudrücken und greifen möglichst wenig in den Reifungsprozess der Trauben und Weine ein.”

Elsa Ménard
Château Mémoires

Vom Weingut ins Bankenwesen und wieder zurück – so kann man kurz und knapp Elsas Weg beschreiben. Das Château Mémoires wurde 1985 von Elsas Vater Jean-François Ménard gegründet. Dort ist Elsa aufgewachsen und hat schon im Kindesalter viel Zeit in den Weinbergen verbracht. Nach der Schule studierte Elsa Agrarökonomie und arbeitete nach dem Abschluss als Finanzanalytikerin für die Bank Credit Agricole. Mit 23 Jahren stellte sie im Jahr 2012 dann fest, dass dieser Job sie nicht erfüllte. Auf dem Familienweingut wurde damals jemand für den Bereich Marketing & Kommunikation gesucht, wodurch Elsa wieder ihren Weg zurück nach Hause fand.
NACHHALTIG UND ZERTIFIZIERT
Seit 2012 sind alle 35 Hektar, die zum Château Mémoires gehören, bio zertifiziert. Grund für diese Umstellung war zum einen die eigene Gesundheit aber natürlich spielten auch Umweltaspekte und nicht zuletzt die Bedürfnisse der Kunden eine Rolle. Elsas Ziel ist es, in einigen Jahren komplett auf bio-dynamischen Weinbau umzustellen; die ersten Studien zum Thema haben bereits begonnen.
TRADITION UND MODERNE
Auf den Weinbergen von Château Mémoires wird komplett auf chemische Produkte und Dünger verzichtet, zum Teil wird noch so gearbeitet, wie es schon die Großeltern getan haben. Auch wenn Elsa zur jungen Generation der Bordelaiser Winzer gehört, ist es ihr wichtig, Traditionen zu bewahren und möglichst wenig in den Reifeprozess der Trauben einzugreifen. Sie stellt immer wieder fest, welchen großen Einfluss neben dem Terroir z.B. der Mond oder andere kosmische Kräfte, auf den Weinbau haben.
Elsa Ménard
Château Mémoires
FRUCHTIG, PRÄZISE, LEICHT ZU TRINKEN
Elsa produziert trockene Weißweine, Rosé, Rot- und Süßweine; alle auf organischer Basis. Wichtig ist Elsa, dass die Frucht in jedem Wein deutlich hervorkommt. Ihre Weine sind durchaus lagerfähig, können aber auch gut sofort genossen werden. Der deutsche Markt ist für Elsa sehr wichtig, weil die Deutschen Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit sind. Nirgends gibt es so viele Verbraucher, die Bio kaufen. Hier setzt Elsa auf die Distribution durch kleinere Läden, wo der Weinhändler auch noch persönlich etwas zum Wein und dem Menschen dahinter erzählen kann.

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Von admin

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