Auf dem 20. Ordentlichen Bundeskongress in Berlin wurde Reiner Hoffmann mit überwältigender Mehrheit als DGB-Bundesvorsitzender gewählt. Der 58-Jährige bekleidet dieses Amt zum ersten Mal.

Hoffmann erhielt im ersten Wahlgang 365 Ja-Stimmen (93,1 Prozent).

Im Vordergrund stehen für den neu gewählten DGB-Vorsitzenden die Humanisierung der Arbeit, der Ausbau der Mitbestimmung, die Stärkung der Tarifautonomie und ein sozial gerechteres Europa. Der Mindestlohn alleine reiche nicht, erklärte Hoffmann. „Das ist höchstens ein erster Schritt. Wir brauchen eine neue Ordnung der Arbeit“, sagte er Sie müsse der demografischen Entwicklung „ebenso Rechnung tragen wie der Digitalisierung der Arbeit“. Er forderte die Koalition auf, die Probleme bei der Leiharbeit, den Werkverträgen und der sachgrundlosen Befristung anzugehen. „Da ist bisher nichts angepackt worden.“

Grundlegender Teil für eine neue Ordnung der Arbeit sei ein Ausbau der Mitbestimmung in den Betrieben in Deutschland und auf europäischer Ebene. „Immer häufiger setzen Arbeitgeber Beschäftigte unter Druck, wenn sie einen Betriebsrat gründen wollen“. Betriebsräte bräuchten „mehr Rechte, um schlechte Arbeit zu verhindern, und um für gute Arbeit initiativ zu werden.“

Die von der Großen Koalition geplanten Ausnahmen beim Mindestlohn sind für Hoffmann nicht akzeptabel. „Wir werden uns weiter gegen solche Ausnahmen einsetzen. Sie sind willkürlich, diskriminierend und widersprechen dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes.“

Seine langjährigen Erfahrungen auf europäischer Ebene will Hoffmann für eine Neuausrichtung der europäischen Politik nutzen. „Wir brauchen Zukunftsinvestitionen in ein wirtschaftlich starkes und sozial gerechtes Europa und mehr Mitbestimmung für das europäische Parlament.“

 
Europa braucht mehr Mitbestimmung
Die Mitbestimmungsoffensive der Gewerkschaften stand im Mittelpunkt der heutigen Debatte auf dem DGB-Bundeskongress. In einer Diskussionsrunde mit Europäischen Betriebsräten (EBR) von sieben internationalen Konzernen aus sechs Ländern wurde deutlich, welchen Einfluss EBR auf Unternehmenspolitik nehmen können. Die Beispiele reichten von der Nachwuchs- und Weiterbildungsplanung, über Europäische Rahmenvereinbarungen, bis zur Erarbeitung von Alternativ-Konzepten bei drohenden Schließungen.

In ihrem Grußwort nannte die Generalsekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), Bernadette Ségol, die europäische Mitbestimmung einen Beitrag zur Wirtschaftsdemokratie: „Das ist direkter und praktizierter Sozialdialog.“ Aktuell diskutiere der EGB, wie Mitbestimmung in Europa gestärkt werden könne: konkret durch Mitbestimmung in allen Europäischen Aktiengesellschaften ab 50 Beschäftigte, die Einführung einer Drittelparität ab 250 Beschäftigte und eine paritätische Besetzung der Aufsichtsräte ab 1000 Beschäftigte.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann betonte, es sei höchste Zeit für mehr Mitbestimmung: „Nach 20 Jahren Praxis europäischer Betriebsräte und zehn Jahren Mitbestimmungspraxis in den europäischen Aktiengesellschaften wollen wir gemeinsam mit dem Europäischen Gewerkschaftsbund die Mitbestimmungsstandards in der EU-Gesetzgebung ausbauen.“

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Von admin

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