Gestern zum Präsidenten des Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband) gewählt – heute die Antrittsrede bei der größten Veranstaltung von Gastronomie und Hotellerie in Deutschland. In den Mittelpunkt seiner ersten öffentlichen Rede – vor rund 1000 Gästen – stellte Guido Zöllick (Foto anbei) die wichtige gesellschaftliche Funktion der Branche: „Was wäre ein Dorf ohne Wirtshaus? Richtig – die Mitte würde fehlen! Unsere Branche hält regionale Wirtschaftskreisläufe am Leben. Wir stehen für Lebensqualität, Lebensfreude und Genuss. Wir sind die öffentlichen Wohnzimmer und Orte der Kommunikation.“ Als inhaltliche Schwerpunkte nannte der Präsident die Nachwuchsgewinnung, den Bürokratieabbau, die Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes sowie die steuerliche Gleichbehandlung der Gastronomie. Der gestern zum Ehrenpräsidenten gekürte Ernst Fischer (72) rief die Branche zur Geschlossenheit auf. Seine feierliche Verabschiedung findet am Abend statt. Redner ist unter anderem EU-Kommissar Günther Oettinger.

An vielfältiger Stelle, so Zöllick, übernehme die Branche große gesellschaftliche Verantwortung. Beispielhaft nannte der Präsident die Integration von Flüchtlingen. „Mehr als viele andere Branchen haben wir für tausende Geflüchtete Arbeits- und Ausbildungsplätze geschaffen.“ Beschäftigte aus über 150 Nationen arbeiten in Gastronomie und Hotellerie kollegial zusammen. Fast 30 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gastgewerbe haben keine deutsche Staatsangehörigkeit. Einen solchen Anteil gibt es in keinem anderen Wirtschaftszweig.

Ob Energiekampagne, Abfallvermeidung oder Förderung der Familienfreundlichkeit – der DEHOGA-Präsident erinnerte an viele wertvolle Aktivitäten des Verbandes. „Gastronomie und Hotellerie sind aktive Mitgestalter der Gesellschaft.“

 
DEHOGA ist Anwalt der dualen Ausbildung – Studium nicht glorifizieren

Zur gesellschaftlichen Verantwortung gehöre auch das Thema Nachwuchs. „Gastronomie und Hotellerie gehören zu den größten Arbeitgebern und Ausbildern im Land. Wir sind standorttreu. Wir verlagern keine Arbeitsplätze ins Ausland. Wir zahlen hier unsere Steuern.“ Mehr denn je müsse in die Ausbildungsqualität investiert werden. Hier hätten die Betriebe ihre Hausaufgaben zu erledigen.

Die Hauptgründe für den Nachwuchsmangel, so der DEHOGA-Präsident, lägen allerdings in der Demografie und im Trend zum Studium. „Vor lauter Bachelor- und Masterabschlüssen haben wir vergessen, worum uns die ganze Welt beneidet: um die duale Ausbildung.“ Heute gibt es doppelt so viele Studenten wie Azubis, auf der anderen Seite einen nie gekannten Fachkräftemangel in vielen Branchen.

„Wir erwarten, dass die Politik aufhört, das Studium einseitig zu glorifizieren“, forderte der DEHOGA-Präsident. „Lassen Sie uns gemeinsam für die duale Ausbildung werben. Sie ist für viele junge Menschen das bessere Rüstzeug für einen erfolgreichen Berufsweg.“

Jobmotor wächst nachhaltig – trotz Bürokratie und Reglementierung

In den vergangenen zehn Jahren haben die Betriebe des Gastgewerbes fast 290.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen. Das ist ein Plus von 39 Prozent. Nur zum Vergleich: 18 Prozent waren es in der Gesamtwirtschaft. Die Branche steuert auf das siebte Wachstumsjahr in Folge zu, zudem auf den siebten Übernachtungsrekord.

Auf der anderen Seite wachse die Branche nicht so, wie sie könnte, so Zöllick: Der Präsident zählte etliche bürokratische Reglementierungen auf, darunter die Arbeitszeitdokumentation und die Allergeninformation. „Wir wollen Rahmenbedingungen, die Unternehmer beflügeln und nicht fesseln. Unternehmer brauchen Luft zum Atmen. Sie wollen nicht in Papierbergen ersticken.“

Scharf kritisierte der Präsident neue und alte Belastungen, die für ein wachsendes Maß an Unternehmerfrust sorgten. Negativbeispiele seien Bettensteuern, Hygieneampeln und amtliche Regelkontrollen, für die Gastronomen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen seit kurzem zahlen müssen.

Im Zusammenhang mit der Digitalisierung fordere die Branche Fairplay: „ Die Politik muss schlichtweg dafür sorgen, Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen.

Im Fokus: Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes und steuerliche Gleichbehandlung der Gastronomie

Im Ausblick auf die Bundestagswahl 2017 ging der neue DEHOGA-Präsident auf die zwei größten politischen Forderungen der Branche ein: „Das lebensfremde Arbeitszeitgesetz und die längst überfällige steuerliche Gleichbehandlung der Gastronomie gehören zwingend auf die Agenda aller politischen Parteien.“

Der DEHOGA setzt sich konkret für die Umstellung von täglicher auf wöchentliche Höchstarbeitszeit ein. So könnten Arbeitszeiten individueller und flexibler auf die Woche aufgeteilt werden.

Die steuerliche Gleichbehandlung würde die Wettbewerbsfähigkeit der Gastronomie stärken: „Durch 7 Prozent Mehrwertsteuer entstünden Spielräume für Investitionen, Arbeitsplätze und noch attraktivere Angebote unserer Betriebe.“

7 Prozent wären nur fair, weil die klassische Gastronomie unglaublich arbeitsintensiv ist. Auf den gleichen Umsatz kommen in der Gastronomie sechs Mal mehr Beschäftigte als zum Beispiel im Lebensmitteleinzelhandel. Übrigens: In 15 von 28 EU-Staaten<http:> gibt es genau diese reduzierten Steuersätze. </http:>

Ernst Fischer „Glücksfall für den DEHOGA“

Zur Eröffnung des Branchentages hatte sich Ernst Fischer von Kollegen, Freunden und Wegbegleitern aus Politik, Wirtschaft und Branche verabschiedet. Sein Credo: Gemeinsam mehr erreichen! „Notwendig ist eine starke Interessenvertretung, ein gut aufgestellter Verband, der getragen wird von möglichst vielen engagierten Mitgliedern.“

Fischer stand seit 2001 an der Verbandsspitze. Zu seinen größten Erfolgen gehören die Mehrwertsteuersenkung auf 7 Prozent für die Hotellerie, die Abschaffung der Trinkgeldbesteuerung, die Einführung der Mini-Job-Regelung und die Beibehaltung der Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertag- und Nachtzuschlägen.

Nicht nur in seiner heutigen Rede – bereits gestern zur Wahl zum Ehrenpräsidenten hatte sein Amtsnachfolger Fischer für seinen Einsatz gewürdigt: „Die Kombination von unternehmerischem Knowhow, wirtschaftspolitischem Sachverstand und Erfolgswillen machen Sie zu einem Glücksfall für den DEHOGA.“

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Von admin

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