Er hat die Messlatte für die Politik in Berlin gelegt: der Gewerkschaftstag der NGG. Nach exakt 70 Stunden ging er am Donnerstagmittag zu Ende. Ein einheitlicher flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro, die Abschaffung der „Rente mit 67“, eine Minijob-Reform mit dem Ziel, dass künftig ab dem ersten Euro volle Steuern und Sozialabgaben gezahlt werden, die Abschaffung der grundlosen Befristung, Equal Pay für Leiharbeit und Werkverträge … – das Aufgabenpaket, das die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten in den vergangenen vier Tagen in Berlin für die Bundespolitik geschnürt hat, ist groß. Die NGG hat damit den Ball direkt zum SPD-Parteitag nach Leipzig gespielt, der heute beginnt: „Bleibt stark“, rief die neue NGG-Vorsitzende, Michaela Rosenberger, zum Abschluss des Gewerkschaftstages der SPD zu.

Insgesamt 163 Anträge, 4 Initiativanträge und 2 Resolutionen haben die rund 170 NGG-Delegierten auf ihrem Gewerkschaftstag beraten. Prominente Gäste waren DGB-Chef Michael Sommer, SPD-Parteichef Sigmar Gabriel und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Für die NGG war dieser Gewerkschaftstag ein „Aufbruch“, so Michaela Rosenberger. Mit kräftigem „NGG-Schwung aus Berlin“ werde man jetzt in die Betriebe gehen.

 

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Ein „Ja“ zum Mindestlohn: „Es gibt keine Große Koalition mit der Zustimmung der SPD ohne einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn“, sagte Sigmar Gabriel am Dienstag vor den rund 550 Delegierten und Gästen des NGG-Gewerkschaftstages in Berlin. Der SPD-Parteichef machte auch bei der Rente ein Versprechen: Der Koalitionsvertrag müsse „einen besseren Übergang in die Rente schaffen, weil viele nicht bis 67, nicht einmal bis 65 durchhalten können“, sagte Gabriel. Deshalb müssten Beschäftigte nach 45 Versicherungsjahren abschlagsfrei mit 63 Jahren in Rente gehen können.

Schlecht bezahlte Leih- und Zeitarbeit bezeichnete der SPD-Chef als „ein Vernichtungsprogramm für feste Arbeitsplätze“. Die Hälfte aller neuen Arbeitsplätze in Deutschland sei mittlerweile zeitlich befristet. Dazu Sigmar Gabriel: „Ich kann die Sonntagsreden darüber, dass wir in Deutschland zu wenig Familien und Kinder haben, nicht mehr hören. Wir können das Kindergeld verdrei- oder verfünffachen: Wir werden nicht mehr Kinder in Deutschland haben, wenn junge Leute nach einer guten Ausbildung oder einem Studium mittlerweile nicht einmal mehr einen festen Arbeitsplatz finden.“

Heftige Kritik übte der SPD-Vorsitzende an mangelnder Mitbestimmung in den Betrieben. Er erlebe, so Gabriel, dass sich offensichtlich selbst renommierte Unternehmen nicht mehr dafür schämten, die „Menschen, die Betriebsräte wählen wollen, zu bedrohen“. Gesetzliche Rechte auf Betriebsräte und Mitbestimmung seien einzuhalten. Andernfalls verstießen solche Betriebe gegen die Verfassung. Als Negativ-Beispiel nannte Gabriel hier die „Burger King GmbH“. Der SPD-Chef rief dazu auf, dass „die Kultur dieses Landes wieder eine Mitbestimmungskultur wird“. Gabriel wörtlich: „Am Betriebstor steht kein Schild ‚Hier endet der demokratische Sektor der Bundesrepublik Deutschland’.“

Kräftiges Ringen um den Weg zum Mindestlohn: Bei der Frage, wie ein künftiger flächendeckender Mindestlohn aussehen soll, haben DGB-Chef Michael Sommer und Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) am Montagnachmittag auf dem NGG-Gewerkschaftstag in Berlin gerungen. Strittig ist, welche Rolle die Politik bei der Festsetzung der Höhe des Mindestlohns künftig spielen soll.

Dass es eine Lohnuntergrenze geben wird, machte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende von der Leyen unmissverständlich deutlich: „Ja, dieses Land bekommt einen Mindestlohn. Und so, dass es keine weißen Flecken mehr gibt.“ Es komme nur darauf an, die „richtige Höhe zu finden“. Hierbei setzt von der Leyen auf eine Mindestlohn-Kommission. In der sollten Arbeitgeber und Gewerkschaften gemeinsam den Mindestlohn festlegen. „Die Politik hält sich dabei raus“, so die Bundesarbeitsministerin. Sache der Politik sei lediglich, dafür zu sorgen, dass es keine Blockade gebe und dass der Mindestlohn umgesetzt werde.

Dagegen stellte DGB-Chef Michael Sommer klar, dass „es zu einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro keine Alternative gibt“. Bei der Festlegung des Mindestlohns dürfe sich die Politik nicht ihrer Verantwortung entledigen. Eine Kommission könne zwar helfen, die Entscheidung über den Mindestlohn sieht Sommer jedoch bei der Politik. Und zur Höhe eines Mindestlohns stellte der DGB-Chef klar klar: „Von 8,50 Euro geht es nie mehr abwärts, immer nur aufwärts.“ Ursula von der Leyen hatte vermieden, die Gewerkschaftsforderung nach einer Mindestlohnhöhe von 8,50 Euro zu erwähnen. Sie hatte gefordert, dass der Mindestlohn „fair ist, eine anständige Höhe hat und für jeden gilt“.

Für den scheidenden NGG-Chef Franz-Josef Möllenberg fand Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen persönliche Worte. Sie habe Möllenberg als „standfest und verlässlich“ erlebt. Direkt an Franz-Josef Möllenberg gerichtet, sagte von der Leyen: „Gewerkschafter von Ihrem Kaliber – das braucht das Land!“

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16. Ordentliche Gewerkschaftstag der NGG

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Von admin

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