Das Fazit von DBV-Vizepräsident und Milchbauernpräsident Karsten Schmal zum 15. Berliner Milchforum fällt deutlich aus: „Unsere Podiumsdiskussion hat die Herausforderungen des Milchsektors noch einmal deutlich gemacht: Wir brauchen Planungssicherheit für unsere Betriebe, ein klares Bekenntnis zur Nutztierhaltung in Deutschland, Vertrauen in die Arbeit des Berufsstandes und endlich Entlastungen beim Verwaltungsaufwand.“ Ein klarer Appell geht aus Sicht des DBV-Vizepräsidenten, selbst Milchviehhalter aus Nordhessen, daraus hervor: „Die Weichen für die zukünftige Agrarpolitik werden tagesaktuell in den Beratungen der politischen Vertreter gestellt und ich erwarte, dass unsere Forderungen von den Entscheidungsträgern umgesetzt werden. Der Agrardiesel ist ein Gewinn, ja. Aber die Herausforderungen gehen weit darüber hinaus.“
Am 13. und 14. März kamen in Berlin wieder knapp 500 Gäste aus Praxis, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen, um sich zu vernetzen und zu aktuellen Themen aus und in der Milchbranche auszutauschen. Unter Moderation von Matthias Schulze-Steinmann, Chefredakteur top agrar, diskutierten auf der Bühne Prof. Dr. Thomas Herzfeld, Abteilungsleiter Agrarpolitik an der Universität Vechta und Prof. Dr. Wolfgang Schröder, Forscher am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gemeinsam mit Martin Boschet, Geschäftsführer der Molkerei Hohenlohe e.G. und Torsten Kleinheßling, Milchviehhalter aus NRW. Aufgrund der Beratungssitzungen der Parteifraktionen, die in dieser Woche die Koalitionsverhandlungen aufgenommen haben, waren die politischen Vertreter im Deutschen Bundestag gebunden. Der Spannung auf der Bühne tat dies jedoch keinen Abbruch. Im Fokus standen Themen wie Wettbewerbsfähigkeit, Bürokratie, Tierwohlanforderungen und Klimabilanzierung. Erweitert wurde die Diskussion durch eine gesellschaftspolitische Analyse. Dass die Erwartungshaltung an eine neue Regierung groß ist, zeigte auch die rege Beteiligung des Publikums, welches sich mit Fragen und Wünschen sowie mit einer kritischen Beleuchtung der agrarpolitischen Projekte der letzten Legislaturperiode nicht zurückhielt.
Die Fachveranstaltung am zweiten Veranstaltungstag verdeutlichte in einem vielfältigen Vortragsprogramm aus Bereichen von Ökonomie, Tierwohl, Klimaschutz bis hin zu Digitalisierung und Kommunikationsarbeit, wie vielfältig die Milchwirtschaft ist. Abgerundet wurde das 15. Berliner Milchforum durch eine umfangreiche Fachausstellung, die Verleihung der DLG-Ehrenpreise und einen Dinner-Empfang, welcher mit einer Rede von Norbert Lins, Mitglied des Europäischen Parlaments, eröffnet wurde.
Die Organisatoren des Berliner Milchforums, der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Milchindustrie-Verband (MIV), freuen sich auf das nächste Berliner Milchforum am 12. und 13. März 2026.
2025 wird ein Jahr des Wandels werden,“ wie Detlef Latka, Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes anlässlich des 15. Berliner Milchforums feststellt. In den USA gibt es einen neuen Präsidenten, der neue Akzente setzt, in Deutschland bildet sich aktuell die Regierung neu, die gesamte weltpolitische Lage, auch im Hinblick auf den Weltmarkt, scheint sich derzeitig zu ändern und zu verschieben. „Für uns als MIV und für die Milchwirtschaft überhaupt ist es nun ganz wichtig, die Entwicklungen in die richtigen Bahnen zu lenken“, mahnte Latka. „Die kommende Regierung müsse den Bürokratieabbau tatsächlich umsetzen und anders als alle Regierungen zuvor, ihn immer lediglich im Wahlkampf zu versprechen – dann ist nicht nur der Milchindustrie, sondern der gesamten deutschen Wirtschaft geholfen!“
Die überbordende Bürokratie ist neben den wettbewerbshindernden Energiekosten mit Sicherheit ein Hauptgrund für die geringe Investitionsbereitschaft in der Landwirtschaft und der Milchindustrie.
Der Artikel 148 ist zum Glück in Deutschland gescheitert, doch nun versucht Brüssel ihn EU-weit einzuführen. Dabei hat die Mehrheit der Milchwirtschaft inklusive den Erzeugervertretern sich dagegen ausgesprochen. Zu bürokratisch, zu kostenintensiv, ein zu großer Eingriff in die freie Marktwirtschaft – kurz: zu nutzlos ist das Instrument. Das Ganze wurde im Herbst letzten Jahres auch wissenschaftlich bekräftigt. Das ife-Institut und die Fachhochschule Kiel haben einen bürokratischen Aufwuchs und beträchtliche Kostensteigerungen für die Branche errechnet. In Frankreich und Spanien hat man den Artikel 148 schon eingeführt, dennoch werden dort geringere Milchpreise gezahlt als in Deutschland.
„Neben der Quantität an Bürokratie bemängeln wir auch die Qualität von Gesetzen und Verordnungen,“ sagte Latka auf dem Milchforum und führte dabei das Kunststofffondsgesetz und die EUDR als Beispiel an. Beim Kunststofffondsgesetz haben die von vielen Verbänden und Unternehmen geforderten FAQ nicht geholfen, weil sie ebenso unverständlich sind wie das Gesetz selbst. Das Umweltbundesamt nimmt die Eingruppierung bestimmter Produkte scheinbar willkürlich vor. Folge: hohe Kosten und bürokratischer Aufwand. Mangelnde Qualität auch bei der EUDR. Diese Verordnung kann ja gut gemeint sein, aber ist handwerklich so schlecht gemacht, dass die Umsetzung in der Realität große Probleme bereiten wird. Das hat die EU zwar selbst erkannt und die Verordnung erstmal um ein Jahr verschoben, aber verändert hat sie die Verordnung noch nicht.
Insgesamt stimmen in Deutschland die Rahmenbedingungen nicht. Zu lange brauchen Anträge bei der Bearbeitung, zu hoch ist die Bürokratiebelastung, zu niedrig das Vertrauen, dass sich Investitionen langfristig lohnen, ohne dass sie nach einigen Jahren schon wieder durch andere, neuere Gesetze verändert werden müssen. All das muss die neue Bundesregierung komplett umstellen.
„Planungssicherheit ist das, was die Wirtschaft braucht, um sich jetzt zu erholen, um Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen, um Investitionen zu tätigen und Deutschland wieder als einen starken Player innerhalb der EU, aber vor allem auch auf dem Weltmarkt zu etablieren“, fordert Detlef Latka. „Keine leichte Aufgabe, gewiss, aber das ist der Wandel, den es jetzt braucht!“