Die musikalische reise führt an einen Ort, der als Inbegriff kubanischer leichtigkeit gilt: in den „social club“ in havannas stadtteil Buena vista. spätestens seit Wim Wenders Kinoerfolg Buena Vista Social Club ist die reiche Musiktradition der tropischen Insel in aller Welt bekannt. Mit Klassikern wie „Dos Gardenias“ oder „chan chan“ wurde in der legendären Bar seinerzeit ein stück Musikgeschichte geschrieben. The bar at buena vista bringt noch einen weiteren, unverzichtbaren teil dieser epoche auf die Bühne: den tanz. schließlich war die Musik zum tanzen gemacht worden – für die nachtschwärmer, die verliebten und die einsamen, die es nicht nur in lauen sommernächten in den legendären „social club“ zog.
Selbst ein Teil musikgeschichte: die „grandfathers of cuban music“
Die eigentliche sensation des abends sind die Musiker selbst: Die sänger rene Pérez azcuy und siomara valdés waren regelmäßige Gäste im sagenumwobenen club cabaret tropicana. Ignacio „Mazacote“ carrillo stand als sänger mit legenden wie Ibrahim Ferrer auf der Bühne. In seiner einmaligen eigenschaft als Barkeeper und sänger unterhielt Jose alejandro „capullo“ Bolaños herrera sein Publikum in Bars wie la Floridita oder sloppy Joe’s. einem ganz besonderen Instrument widmet sich der Musiker enrique lazaga varona: der Güiro. als Gründer und Dirigent des Orquesta ritmo Oriental, arrangierte er über einen zeitraum von 10 Jahren die tanzmusik für das cabaret tropicana. Der tänzer luis chacón „aspirina“ Mendive stammt aus einer der bekanntesten rumba-Familien havannas und zählt zu den Größen seines Fachs. zusammengenommen haben die Musiker mehrere hundert Jahre Bühnenerfahrung im Gepäck und machen The bar at buena vista zu einem mitreißenden vergnügen und einer zeitreise der ganz besonderen art.
Berlin, Friedrichstadt-Palast 19.03. & 26.03.2018
GRANDDFaThers oF cuban musIc – DIe alT-sTars Der KubanIschen musIK
Ignacio „Mazacote“ carrillo rene Pérez azcuy Jose alejandro „capullo“ Bolaños herrera siomara airlia valdés lescay
The bar at buena vista feiert die von regisseur, autor und conferencier toby Gough wiederentdeckten Musikgrößen von damals. Wenn die scheinwerfer den tresen auf der Bühne in rauchiges licht tauchen, die eiswürfel in den schweren rumgläsern der altväter kubanischer Musik leise klirren und die tänzer um den Meister des traditionellen kubanischen son, eric turro Martinez, die Bühne erobern, entfaltet sich der unvergleichliche charme Kubas im handumdrehen. Unterhaltsame anekdoten und Geschichten um liebe, eifersucht und versöhnung verbinden sich mit den typischen Klängen von conga, trompete und tres zu einer außergewöhnlichen Mischung aus Konzert und Musical.
Der KubanIsche son
Das eInmalIge erbe Der KubanIschen musIK: Der son Man mixe zucker mit etwas zitronensaft und füge einen schuss Mineralwasser und eis hinzu. Dann fülle man das Ganze mit 4cl dreijährigem havanna club rum und einem spritzer tabasco auf – fertig ist der Original-cocktail „Buena vista“. Gleich einem der berühmten kubanischen cocktails, die hinter den theken legendärer kubanischer Bars geschüttelt und gerührt wurden, verdankt der son, jener weltweit berühmte musikalische „Ursound“ der geschichtsträchtigen Karibikinsel, seine entstehung der richtigen Mischung feiner zutaten. Und ob man nun den Genuss eines „Daiquiri“, „Mojito“ oder „hemingway special“ bevorzugen mag – den hauptbestandteil eines jeden dieser cocktails bildet das hochprozentige nationalgetränk, der kubanische rum, für den bei besonderen Gelegenheiten gerne zu älteren, gereifteren Jahrgängen gegriffen wird. Und so wie der rum des landes ist auch der son eine ganz im Innern der kubanischen seele gereifte Musik, die im laufe ihrer Geschichte viele Interpretationen erfahren hat und noch immer erfährt. Ihr unverwechselbarer charakter jedoch, ihr temperament, ihre Geschichten und leidenschaften haben sich bis heute erhalten. Ohne die rhythmen und Melodien des son wären viele modernere Musikströmungen wie salsa, Mambo und viele andere lateinamerikanischen stile undenkbar.
DIe ursprünge Des son
Die Wurzeln der kubanischen Musik liegen in der religiös motivierten santería-Musik, die aus dem zwangssynkretismus der bewahrten Kulturtraditionen der nach Kuba verschleppten schwarzafrikanischen sklaven und dem römisch-katholischen christentum hervorgegangen ist, sowie dem musikalischen erbe der spanischen Kolonialisten und anderer europäischer einwanderer. Von den Ureinwohnern der Insel, deren Musikstil als areito bezeichnet wird, ist bis auf die Weiterverwendung der indianischen „singenden Früchte“, der Maracas, nicht viel erhalten geblieben, da das volk der taíno, arawak und ciboney in nur wenigen Jahrzehnten vollständig ausgerottet wurde. Die sklaven bauten Percussion-Instrumente ihrer afrikanischen heimat nach, wobei die clave, die conga und die Batá-trommeln zu den wichtigsten unter ihnen zählen. Durch sie lebten ihre rhythmen und ihre tänze fort, verschmolzen aber im 19. Jahrhundert mit den Einflüssen europäischer Tanzstile, die auf den englischen Country Dance, den französischen contredanse oder den spanischen contradanza zurückgehen, zum eleganten Danzón, der sich bald in ganz lateinamerika verbreiten sollte. Dieser Kontertanz, der bis in die 20er Jahre in den Ballhäusern Kubas begehrt war, zählt mit zu
Die ursprünglichen Musikstile Kubas wie der Guajíra, die liedhafte Música campesina oder der rasante changuí entstanden als Bauernmusik in den ländlichen Gebieten der Ostprovinzen Kubas um santiago de cuba und Guantánamo. sie alle sind weitere „Grundzutaten“, aus denen sich der son teilweise auch parallel in seinen anfänglichen strukturen entwickelte. Da die höfe in den Bergen weit voneinander entfernt lagen und man sich nur zu besonderen Festen und Märkten zu sehen bekam, gab man hier seine Musik zum Besten und entwickelte dazu ganz eigenständige tanzformen, die weder in den europäisch dominierten Ballhäusern der städte noch in den Baracken der sklaven zu f inden waren.
Von Den PlanTagen Kubas auF DIe Konzertbühnen Der Welt
„Son“ bedeutet auch tanz, Fest und atmosphäre und es wird erzählt, es sei der tresspieler nené Manfugás gewesen, der die ersten „sones Montunos“ 1892 zum Karneval nach santiago brachte. Die ersten Gruppen setzten sich aus einem rudimentären tres, der speziell gestimmten, typischen 6-saitigen kubanischen Gitarre, einem Güiro und dem Bongoes, später auch aus einer Botjuela oder einer Marímbula zusammen. Die Marímbula ist eine art trapezförmiger Kistenbass, der um 1920 in den meisten ensembles durch einen Kontrabass ersetzt wurde. Die Bongoes der damaligen zeit waren aus ausgehöhlten Baumstämmen gefertigt und mit ziegenleder bespannt. Mit verlegung der großen Garnison der kubanischen armee von santiago nach havanna gelangte der son zu anfang des 20. Jahrhunderts in die hauptstadt. aber erst in den 20er-Jahren sorgten zahllose sonensembles für Furore, und die son-Welle erreichte mit dem cuarteto habanero ihren ersten höhepunkt der Popularität. Die Gruppe, die sich später zu dem berühmten sexteto habanero erweiterte, spielte in dieser Formation – Gesang, Gitarre, Maracas, tres, Botija und Bongo – auch erste schallplatten ein und etablierte sich als klassische son-Besetzung. Dass als siebtes Instrument später eine trompete hinzugefügt wurde, ist der verdienst des trompeters Felix chapottín, der seine Karriere an den stränden havannas begonnen hatte.
Eine weitere legendäre Formation aus jener „wilden“ zeit, in der sich die Menschen bis in die Morgenstunden zu den rhythmen des son in den tanzhallen und Kabaretts wiegten, war das ensemble von Ignacio Piñeiro, das als septeto nacional bekannt wurde. Die meisten Musiker dieser Gruppen konnten keine noten lesen und hatten keine musikalische ausbildung. sie alle folgten dem sprichwörtlichen „rhythmus im Blut“ und verbuchten mit ihren Kompositionen riesenerfolge. eine außergewöhnliche Interpretin dieser epoche war die sängerin und Pianistin rita Montaner, die dem son mit liedern wie „el Manisero“, „siboney“ oder „Maria la O“ zu Weltruhm verhalf. 1928 reiste sie nach europa, um bei einer revue von Josephine Baker mitzuwirken, im Gepäck die bislang hier noch unbekannten rumbas, Danzones und sones. Von jetzt an waren die türen für die Musik und die Musiker ihrer heimat auch auf dem europäischen Markt geöffnet.
In der Blüte dieser 20er- und 30er-Jahre spaltete sich der son cubano in verschiedene varianten, indem die musikalischen Grundcharakteristika mit elementen anderer Musikstile vermischt wurden. so war einer der Begründer des son Bolero das trío Matamoros aus dem Osten der Insel, dessen stücke wie „son de la loma“, „el Paralítico“ oder der hit „lágrimas negras“ aus der Feder Miguel Matamoros bis heute zu den bekanntesten liedern aus dieser epoche zählen. 1940 schließlich ergänzte der tres-spieler arsenio rodríguez sein traditionell besetztes son-septett um ein Klavier und vier trompeten. Piano und Bläser erweiterten die harmonischen Möglichkeiten des son enorm, ohne die perkussive rhythmik zu schwächen. auch das Piano wurde sehr rhythmisch gespielt und rodríguez, der zusätzlich weitere afrikanische elemente mit einbrachte, war damit stilbildend für die musikalische entwicklung des salsa sowie für die daraufhin folgende Bildung großer Orchester und Bigbands. heute lässt sich der son in etwa vier varianten aufteilen: den son-Guaguancó wie ihn Píñeiro spielte, den son Bolero im stile Matamoros, den son-Guaracha mit seinen spottversen und den son-Guajíra, wie man ihn auch aus dem bei uns berühmten lied „Guantanamera“ kennt.
IgnacIo „mazacoTe“ carrIllo Gesang
Ignacio „Mazacote“ carrillo wurde am 1. april 1924 in Guanabacoa, einem stadtbezirk von havanna, geboren. nach dem internationalen erfolg des Buena Vista Social Clubs, der eine weltweite renaissance kubanischer Musik einleitete, war „Mazacote“ einer der vielen Musiker, der aus der vergessenheit auftauchte und eine zweite Karriere startete. nach dem embargo arbeitete Mazacote vierzig Jahre lang in einer Wäscherei, wo er laken wusch und presste. In den 1950er-Jahren war er der lead-sänger der son-Band conjunto chappotin, stieß dann zur charanga von neno Gonzales, mit der er hits wie „Manantial“, „el sazón o frijoles tus“, „viejo celoso“, „lunita redondita“ und „el Molote“ hatte. später kam er zum septeto Ignacio Pereira. Mazacote ist bekannt als einer der wichtigsten Interpreten der traditionellen Musik, aber auch als Komponist klassischer Boleros, der sogenannten romantischen lieder, wie „Olla Olla“, „che-che“, „nicolás corrió“, „cuéntame you“, „vida y Besos“ und „Muere one Ilusión“. er formierte seine eigene Band sonora cubana, die ausgedehnte tourneen durch europa unternahm, und sang an der seite von Ibrahim Ferrer und der afro-cuban allstars. 1998 wurde er mit dem renommierten adolfo Guzmán award für seine lebenslangen Bemühungen um die kubanische Musik ausgezeichnet. Für viele Musiker – ob jung oder alt – ist er eine Inspiration und mit über 90 Jahren eine von Kubas letzten lebenden legenden.
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