Bilanz 2022:
Umsatz genossenschaftlicher Unternehmen klettert preisbedingt auf 87,6 Milliarden Euro
Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie, Afrikanische Schweinepest: Die 1.693 Genossenschaften und genossenschaftlich orientierten Unternehmen der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft haben sich 2022 in weiterhin schwierigem Umfeld gut behauptet. Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) teilt mit, dass sie 87,6 Milliarden Euro Umsatz erzielten. Zum Vergleich: 2021 waren es 68,0 Milliarden Euro.
„Ausschlaggebend für das deutliche Plus waren überwiegend die erheblichen Preisanstiege in nahezu allen Bereichen infolge der Energiekrise. Der Umsatzzuwachs darf auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Perspektiven für unsere Unternehmen durch politische Entwicklungen immer unsicherer werden“, verdeutlicht DRVHauptgeschäftsführer Dr. Henning Ehlers während der Pressekonferenz in Berlin.
Warenwirtschaft
Die Unternehmen der genossenschaftlichen Warenwirtschaft verzeichneten ein Umsatzwachstum von 37 Prozent auf 56,0 Milliarden Euro. Bei Düngemitteln verdoppelte sich der Jahresdurchschnittspreis, bei Energie betrug der Anstieg über 50 Prozent. Futtermittel, landwirtschaftliche Erzeugnisse und Baustoffe wurden um etwa 30 Prozent teurer. Teurer und aufwändiger wurden zudem Logistik und Warenbeschaffung, da Frachtraum auf Binnenschiffen und auf der Schiene durch Kohletransporte zu den Kraftwerken besetzt war. Die deutsche Getreideernte fiel mit rund 43 Millionen Tonnen deutlich besser aus als aufgrund der Trockenheit erwartet. Infolge des Exportstopps aus der Ukraine schossen die Notierungen für Weizen zwischenzeitlich binnen weniger Tage von rund 270 Euro auf über 400 Euro je Tonne.
Milchwirtschaft
Die Milchproduktion blieb global und national aufgrund der Nachwirkungen der Pandemiejahre sowie der angespannten Situation bei Energie und Kosten gedämpft. Die Preise für Rohmilch und Milchprodukte stiegen kostenbedingt deutlich an und erreichten Rekordwerte. Der Umsatz der genossenschaftlichen Molkereiunternehmen stieg um rund 25 Prozent auf 17,6 Milliarden Euro. Die Erzeugerpreise erreichten nie gesehene Höhen und lagen im Bundes- und Jahresdurchschnitt bei 53,18 Cent/kg.
Vieh- und Fleischwirtschaft
Die Tierhalter befinden sich in einer Multikrise. Corona, Afrikanische Schweinepest und Ukraine-Krieg führten zu explodierenden Kosten und steigenden Preisen. Die Unternehmen setzten 2022 7,1 Milliarden Euro um, was ein Plus von 16 Prozent zum Vorjahr ist. Der Zuwachs erklärt sich trotz gesunkener Schlachtzahlen durch gestiegene Fleisch-, Schlacht-, und Nutztierpreise. Die Erzeugerpreise legten zwar zu, aber Grundlage bildete die ruinöse Preisbasis aus 2021.
Die Zahl der in Deutschland gehaltenen Schweine sank gegenüber dem Vorjahr um 10 Prozent auf 21 Millionen, und die Schweineschlachtungen gingen um 9 Prozent auf 47 Millionen zurück. Die Anzahl geschlachteter Rinder reduzierte sich um 8 Prozent auf 3 Millionen, und das produzierte Rindfleisch verringerte sich um 8 Prozent auf 1 Million Tonnen.
Obst-, Gemüse- und Gartenbauwirtschaft
Der Umsatz der genossenschaftlichen Obst-, Gemüse- und Gartenbauwirtschaft sank um 5 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Nachdem die Anbaufläche von Gemüse in Deutschland 2021 auf ein Rekordniveau gestiegen war, setzte 2022 eine gegenläufige Entwicklung ein. Die Fläche im Freilandanbau ging um 6 Prozent zurück, und die Ernte sank um 14 Prozent auf 3,5 Millionen Tonnen.
Deutschland produzierte 2022 rund 1,34 Millionen Tonnen Frischobst, ein durchschnittliches Ergebnis im Mittel der vergangenen drei Jahre. Allerdings verteuert sich seit Jahren die Produktion erheblich, und die
Kaufzurückhaltung infolge der Inflation bleibt belastend. Insbesondere für die Apfelproduzenten waren die Umstände 2022 sehr schwierig.
Weinwirtschaft
Gute Entwicklungen verbuchten die Winzer- und Weingärtnergenossenschaften mit einem stabilen Umsatz von 0,9 Milliarden Euro. Nach dem sonnigsten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen wurden 8,9 Millionen Hektoliter geerntet. Damit lag die Erntemenge 2022 leicht über der Vorjahresernte und rund 2 Prozent über dem langjährigen Schnitt.
Agrargenossenschaften
Auch wenn die Agrargenossenschaften den Umsatz des Vorjahres um 20 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro steigerten, bleibt ihre Lage angespannt. Sie werden vor allem durch hohe Betriebsmittelpreise und hohe Lohnkosten belastet.
Über den DRV
Der DRV ist der politische Spitzenverband aller Genossenschaften und genossenschaftlich orientierten Unternehmen der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft. Als wichtiges Glied der Wertschöpfungskette Lebensmittel erzielen die 1.693 Mitgliedsunternehmen in der Erzeugung, im Handel und in der Verarbeitung pflanzlicher und tierischer Produkte mit 114.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 6.000 Menschen in Ausbildung einen Umsatz von 87,6 Milliarden Euro. Landwirte, Gärtner und Winzer sind die Mitglieder und damit Eigentümer der Genossenschaften.
Im Bild: Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes, Franz-Josef Holzenkamp, und Hauptgeschäftsführer Dr. Henning Ehlers.
DRV-Präsident zum Agrarstandort Deutschland: „Die Ampelkoalition muss endlich handeln!“
Berlin, 23. März 2023. „Im Bereich Versorgungssicherung in der Lebensmittelerzeugung hat die Bundesregierung auf die von ihr selbst ausgerufene Zeitenwende nicht reagiert. Das ist verheerend. Der politische Stillstand beschleunigt das Sterben bäuerlicher Familienbetriebe und führt zu einer immer stärkeren Abhängigkeit vom Ausland.“ Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), diagnostiziert bei der Ampelkoalition eine an