Die Berliner Tafel ist die erste Tafel Deutschlands und hat mit ihrer Gründung 1993 den Impuls zu einer der größten Sozialbewegungen gesetzt. Mittlerweile gibt es mehr als 960 Tafeln in der Bundesrepublik. Am 03.09.23 hat der Verein mit vielen Unterstützer*innen seinen Geburtstag gefeiert, auch  Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner würdigten bei dieser Feier das Engagement der Berliner Tafel.

Im Februar 1993 entschließt sich die Initiativgruppe Berliner Frauen, obdachlosen Menschen im kalten Winter warme Mahlzeiten aus Berliner Hotel- und Restaurantküchen zu bringen. Zweimal in der Woche kommen sie in eine Moabiter Notunterkunft und liefern sechzig warme Mahlzeiten. Es sollte denjenigen eine Tafel gedeckt werden, die es sich sonst nicht leisten können.

Eigentlich war dies als befristetes Projekt gedacht, aber es bitten so viele soziale Einrichtungen um Unterstützung, dass Sabine Werth, damals Mitglied der Initiativgruppe, weitermacht. Sie treibt die Hilfsaktion voran und gründet die Berliner Tafel e.V. als erste Tafel Deutschlands.

Heute verteilt der Verein jeden Monat Lebensmittel an rund 170.000 armutsbetroffene Menschen in Berlin; 92.000 Menschen werden über die Belieferung sozialer Einrichtungen unterstützt und 75.000 bis 78.000 Menschen in den LAIB und SEELE-Ausgabestellen.

Sowohl Paus als auch Wegner würdigten das Engagement der vielen Ehrenamtlichen, allen voran den Einsatz der Tafelgründerin Sabine Werth. Wegner hob die „pragmatische Zuversicht“ der Berliner Tafel hervor, die nicht lange diskutiere, sondern einfach handele. Für Lisa Paus hat die Berliner Tafel „Sozialgeschichte“ geschrieben.

Die Berliner Tafel wird 30

Am 21. Februar 2023 wird die Berliner Tafel 30 Jahre alt. Ein guter Anlass für Erinnerungen und Überlegungen zu einer Bewegung, die in Berlin begann und mittlerweile weit über die Grenzen des Landes hinausgeht:

Ein kurzer Rückblick

Die Berliner Tafel wurde als erste Tafel Deutschlands 1993 von Sabine Werth gegründet. Anlass waren ein Vortrag der damaligen Sozialsenatorin Ingrid Stahmer über Armut in Berlin und ein Zeitungsbericht über die Organisation City Harvest in New York, die überschüssige Lebensmittel an Menschen in Not verteilt hat.

Die Initiativgruppe Berliner Frauen, deren Mitglied Sabine Werth war, hat diese Idee aufgegriffen und zunächst Obdachlose mit gesammelten Lebensmitteln aus Supermärkten und Essen aus Hotelküchen beliefert. Die Resonanz und der Bedarf in Berlin waren so groß, dass aus einer eigentlich vorübergehenden Hilfsaktion die Berliner Tafel wurde.

Der Verein hat in den ersten Jahren ausschließlich soziale Einrichtungen mit Lebensmitteln unterstützt, 2005 kam LAIB und SEELE hinzu; eine Aktion der Berliner Tafel, der Kirchen und des rbb. Seitdem können auch in mittlerweile 47 Berliner Ausgabestellen Lebensmittel an Privathaushalte bedürftiger Menschen abgegeben werden.

Sehr lange blieben die Zahlen relativ stabil: 50.000 Menschen kamen monatlich in die Ausgabestellen, 75.000 weitere Menschen hat die Berliner Tafel jeden Monat über die Belieferung sozialer Einrichtungen mit Lebensmitteln unterstützt. Dann kamen Corona, Inflation und der Krieg gegen die Ukraine.

Die vergangenen drei Jahre haben dem Verein und seinen Ehrenamtlichen sehr viel abgefordert. Lockdown hieß für die Berliner Tafel: ab März 2020 rund 175.000 Lebensmitteltüten zu packen, um sie den Kund*innen der Ausgabestellen an die Haustür zu bringen. Hygieneregeln und Abstandhalten bedeuteten: immer wieder passende Lösungen zu finden, um sowohl die Ausgaben als auch die Arbeit des Vereins auf dem Großmarkt sicherstellen zu können.

Als alle dachten, nun wird es besser, begann der Krieg gegen die Ukraine, vor dem viele Menschen auf der Flucht sind. Gleichzeitig stiegen die Preise und mit ihnen die Inflationsrate. Seitdem hat sich die Zahl der Kund*innen in den Ausgabestellen nahezu verdoppelt.

Aktuelle Zahlen

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  • •Die Berliner Tafel unterstützt derzeit 400 soziale Einrichtungen (Wohnheime, Obdachlosenunterkünfte, Frauenhäuser, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Drogenberatungs­stellen, Bahnhofsmission etc.)

    mit 92.000 Menschen/Monat = 1,1 Mio. Menschen in 2022 sowie

  • •47 reguläre und acht vorübergehende LAIB und SEELE-Ausgabestellen mit rund 750.000 Menschen im Jahr 2022 sowie
  • •diverse Einrichtungen der Kältehilfe
    • mit 10.000 bis 20.000 Menschen/Monat = ca. 90.000 Menschen von Oktober 2022 bis April 2023
  • •Die Berliner Tafel verteilt rund 660 Tonnen Lebensmittel/Monat = knapp 8000 Tonnen/Jahr
  • •Für die Berliner Tafel engagieren sich rund 2700 Menschen ehrenamtlich

Eine Zwischenbilanz

Insbesondere die vergangenen drei krisenhaften Jahre haben gezeigt, wie unverzichtbar bürgerschaftliches Engagement für den Zusammenhalt und das Funktionieren einer Gesellschaft ist. Unzählige NGOs waren mitsamt ihren Ehrenamtlichen schnell zur Stelle, als es eng wurde; sei es während der Lockdowns, bei der Begleitung geflüchteter Menschen oder der Unterstützung kranker, armutsbetroffener und anderer Gruppen.

Natürlich drängt sich die Frage auf, ob das denn nicht alles staatliche Aufgaben wären. Die Antwort ist eindeutig: ja. Andererseits lebt eine Gesellschaft auch aus sich selbst heraus, aus der Mitmenschlichkeit und dem zivilgesellschaftlichen Gestaltungswillen ihrer einzelnen Mitglieder. Sie sind elementare Bestandteile einer Demokratie.

Die Berliner Tafel hat sich bereits mit ihrer Gründung gegen staatliche Fördergelder entschieden; einzige Ausnahme ist die Beantragung von Lottogeldern für den Umbau ihrer Büro- und Lagerhalle. Das Tagesgeschäft hingegen darf nicht von staatlichem Wohlwollen abhängen. Einerseits sollen keine Etats anderer sozialer Organisationen geschmälert werden. Andererseits muss die Berliner Tafel unabhängig bleiben und darf eben genau nicht in die Pflicht für originär staatliche Aufgaben genommen werden. Nur dann kann sie ihre Stimme erheben und weiterhin unbürokratisch, flexibel, pragmatisch und vor allem freiwillig handeln.

„Dreißig Jahre Berliner Tafel heißt auch 30 Jahre Unterstützung durch viele wunderbare Menschen. Sie schenken uns ihre Zeit, ihre Nächstenliebe, ihr Herzblut und ihr Geld, damit wir anderen helfen können. Das ist großartig und kann nicht genug gewürdigt werden. Das ist gelebte Mitmenschlichkeit“, sagt Sabine Werth, Gründerin und Vorsitzende der Berliner Tafel.

Von admin