„Wettbewerb. Wohlstand. Freiheit.“ – Highlights beim Handelsverband Deutschland (HDE) Tag der Wettbewerbsfreiheit
Berlin – Im prestigeträchtigen Rahmen des Commerzbank-Hauses am Pariser Platz 1 in Berlin veranstaltete der Handelsverband Deutschland (HDE) am Mittwoch, 5. November 2025, seinen jährlichen Tag der Wettbewerbsfreiheit unter dem programmatischen Leitmotiv „Wettbewerb. Wohlstand. Freiheit.“. Die Tagung versammelte Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Kartell- und Wettbewerbspolitik, Politik sowie Handel und lieferte fundierte Impulse für die neue Legislaturperiode und die lebensmittelbezogene Liefer- und Wettbewerbskette im Einzelhandel.
Die Begrüßung übernahm HDE-Präsident Dr. Alexander von Preen, der in seiner Einleitung die zentrale Rolle eines freien Wettbewerbs im Handel für Verbraucherwohlfahrt, Vielfalt und unternehmerische Freiheit betonte. Anschließend führte Dr. Hendrik Wieduwilt durch das Tagesprogramm.
Tagesprogramm im Überblick
- Begrüßung durch Dr. Alexander von Preen
- Keynote von Dr. Benjamin Weigert (Abteilungsleiter Wirtschaft, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie)
- „Wettbewerb in der Lebensmittellieferkette: Rückblick mit Ausblick auf neue Ergebnisse“ mit Prof. Dr. Tomaso Duso (Vorsitzender der Monopolkommission)
- „Wettbewerb und Fusions- sowie Missbrauchskontrolle in der Lebensmittellieferkette“ mit Dr. Felix Engelsing (Leiter der 4. Beschlussabteilung, Bundeskartellamt)
- „Risiken und Fragestellungen einer forcierten Rechtsdurchsetzung in grenzüberschreitenden Lieferbeziehungen“ mit Prof. Dr. Alexander Bruns (Universität Freiburg) & Prof. Dr. Martin Kment (Universität Augsburg)
- „Werbung mit Preisherabsetzungen: Fördert die Rechtsprechung des Europäische Gerichtshof (EuGH) die Verbraucherwohlfahrt?“ mit Dr. Kai Hudetz (Geschäftsführer des Institut für Handelsforschung Köln)
- „Mangelnde Rechtsdurchsetzung bei der Einfuhr aus Drittstaaten – Auswirkungen auf den Wettbewerb, Handlungsmöglichkeiten und praktische Erfahrungen“ mit Klaus Udo Marwinski (Leiter der Abteilung 4, Bundesnetzagentur)
- Paneldiskussion: „Welche Bedeutung hat Vertragsfreiheit und Wettbewerb für die Politik in der neuen Legislaturperiode?“ — mit Teilnehmenden:
- Michael von Beyme (EDEKA Verband kaufmännischer Genossenschaften e.V.)
- RA Johann Brück (Hermanns Wagner Brück Rechtsanwälte)
- Dr. Sandra Detzer, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)
- Dr. Klaus Wiener, MdB (CDU/CSU)
- Schlusswort und Zusammenfassung durch Stefan Genth (Hauptgeschäftsführer HDE)
Thematische Schwerpunkte und Ergebnisse
Im Zentrum der Veranstaltung stand die Bedeutung einer freien Wettbewerbsordnung insbesondere im Lebensmittel- und Einzelhandelsbereich. In der Keynote wies Wirtschaftsstaatssekretär Dr. Benjamin Weigert auf die volkswirtschaftliche Bedeutung konkurrierender Märkte hin und betonte, dass Wettbewerb nicht Selbstzweck sei, sondern ein Mittel zur Förderung von Verbraucherwohlfahrt und effizienter Wertschöpfung.
Prof. Duso lieferte eine fundierte Analyse der Lebensmittellieferkette: Trotz hoher Sichtbarkeit des Lebensmitteleinzelhandels verfüge dieser nicht über uneingeschränkte Marktmacht gegenüber Erzeugern und Vorstufen. So wurden empirisch belegt u. a., dass der Einzelhandel nur etwa 12 % der in Deutschland erzeugten Frischmilch in die Regale bringt. Er plädierte dafür, Wettbewerb nicht durch überzogene Eingriffe zu schwächen, sondern durch geeignete Rahmenbedingungen zu stärken.
Dr. Engelsing stellte die kartellrechtliche Perspektive dar: In Zeiten globalisierter Lieferketten und grenzüberschreitender Fusions- und Missbrauchsvorgänge wachsen Herausforderungen für die Wettbewerbskontrolle. Die Diskussion drehte sich u. a. um die Frage, wie effektiv Fusions- und Missbrauchskontrollen in der Lebensmittellieferkette sind und welche Rolle der Handel dabei spielt.
Im Vortrag von Prof. Bruns und Prof. Kment ging es um die Risiken einer forcieren Rechtsdurchsetzung in grenzüberschreitenden Lieferbeziehungen – u. a. hinsichtlich Rechtsunsicherheit, regulatorischer Belastung und Wettbewerbsdruck. Eine Kernaussage: Auch in globalen Wertschöpfungsketten sind die Wirkmechanismen von Wettbewerb und Vertragsfreiheit zentral für Innovation und Effizienz.
Dr. Hudetz beleuchtete die Rolle von Werbung mit Preisherabsetzungen und die Auswirkungen der Rechtsprechung des EuGH auf Verbraucherwohlfahrt – mit dem Ergebnis, dass restriktive Vorgaben zwar Ziele verfolgen, aber potenziell Wettbewerbs- und Innovationsprozesse beeinträchtigen könnten.
Klaus Udo Marwinski brachte praktische Erfahrungen aus der Einfuhrkontrolle mit – mangelnde Rechtsdurchsetzung bei Produkten aus Drittstaaten könne Wettbewerb verzerren und deutsche Unternehmen benachteiligen.
Die Paneldiskussion am Abend reflektierte die politischen Implikationen für die kommende Legislaturperiode: Vertrags- und Wettbewerbsfreiheit wurden von allen Seiten als Schlüssel für wirtschaftliche Dynamik genannt – zugleich warnten die Teilnehmer vor Überregulierung und forderten klare, verlässliche Rahmenbedingungen statt kurzfristiger Eingriffe.
Im Schlusswort fasste Stefan Genth die Veranstaltung so zusammen: Wettbewerb ist kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung für Wohlstand und Freiheit. Eingriffe in die freie Vertrags- und Wettbewerbsordnung müssen sorgfältig abgewogen werden – insbesondere vor dem Hintergrund hoher Inflation, globalen Lieferketten und der zunehmenden Bedeutung des Online-Handels.
Bedeutung für Handel und Verbraucher
Der Tag machte eindrücklich deutlich: Eine funktionierende Wettbewerbsordnung im Handel dient nicht nur den Unternehmen, sondern unmittelbar den Verbraucherinnen und Verbrauchern – durch bessere Auswahl, niedrigere Preise und höhere Qualität. Gleichzeitig steht die Vertragsfreiheit als Kernbestandteil dieses Systems infrage, wenn politisch oder regulatorisch Eingriffe verstärkt werden. Der HDE warnte bereits in früheren Veranstaltungen vor überzogenen Eingriffen – z. B. bei der geplanten 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).
Besonders im Lebensmitteleinzelhandel wurde herausgearbeitet: Obwohl er als sichtbare Schnittstelle zum Konsumenten gilt, ist seine Verhandlungsmacht gegenüber landwirtschaftlichen Produzenten und internationalen Lieferketten begrenzt. Daraus folgt: Wettbewerbspolitik darf nicht einseitig zwischen Handel und Erzeugung zentriert werden, sondern muss die ganze Wertschöpfungskette im Blick haben.
Ausblick
Mit Blick auf die neue Legislaturperiode riefen die Akteure dazu auf, demokratisch legitimierte und transparente Wettbewerbspolitik zu betreiben, die Regulierung und Freiheit in ausgewogener Weise verbindet. Der HDE kündigte an, den Dialog mit Politik, Behörden und Wirtschaft weiter zu intensivieren – insbesondere im Hinblick auf digitale Plattformen, grenzüberschreitende Lieferketten und die Einfuhr aus Drittstaaten.
Für den Handel gilt: Wettbewerb und Vertragsfreiheit bleiben zentrale Erfolgsfaktoren – und jede regulatorische Veränderung sollte genau danach bewertet werden, ob sie Verbraucherwohlfahrt, Innovationskraft und Vielfalt fördert oder behindert.
